Pölstal, Hohentauern

Zwei Gemeinden sind bereits Katastrophengebiet

Steiermark
07.01.2019 09:45

Die Lage in der Obersteiermark bleibt angespannt: Weiterhin sind gut 2000 Personen von der Umwelt abgeschnitten. Die Gemeinden Pölstal und Hohentauern wurden am Montag zum Katastrophengebiet erklärt. Es schneit und stürmt weiter - auch für die kommenden Tage ist keine Besserung in Sicht. Am Montagnachmittag konnte das Bundesheer immerhin zwei Flüge durchführen (mehr dazu hier).

Die obersteirische Gemeinde Pölstal hat Montagmittag nach tagelangen Schneefällen zusammen mit der Nachbargemeinde Hohentauern den Katastrophenzustand ausgerufen. Im Ortsteil St. Johann am Tauern sind laut Bürgermeister Alois Mayer rund 20 Menschen wegen gesperrter Straßen nicht erreichbar. Manche Häuser konnten noch evakuiert werden. Die Bevölkerung sei dennoch „sehr ruhig“, da sie Vorräte hat.

„Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie lange die Situation noch so bestehen wird“, schildert Ortschef Mayer (ÖVP) im Gespräch mit der APA die Situation. Nebel und schlechte Witterung verhindern Hubschrauberflüge, um die Lawinengefahr auf den Hängen zu beurteilen. Am Sonntag habe ein „Schönwetter-Fenster“ von zwei Minuten eine kurze Sicht auf die Berge ermöglicht: „Eine Schneewechte hängt bedrohlich herein“, sagt der Bürgermeister. Mehr sei allerdings nicht zu sehen gewesen.

Kollegen kommen auf Schneeschuhen
Ein Problem stellt derzeit noch die ungelöste Frage der Notarzt-Versorgung dar: Zwar haben es bei den eingeschlossenen Bewohnern bisher keine Notfälle gegeben, aber man müsse sich einen Plan für diesen Fall zurechtlegen. Am Dienstag soll es zusammen mit der Gemeinde Hohentauern, dem Land und der Bezirkshauptmannschaft Murtal eine Einsatzbesprechung geben, in der das geklärt werden soll, kündigt Mayer an. Schon allein die Art der „Anreise“ für die Beteiligten der Besprechung macht die Lage deutlich: „Die Kollegen aus Hohentauern kommen auf Schneeschuhen herunter.“

Die Bewohner von St. Johann sind jedenfalls - wie die anderen Bewohner der Gebirgsregionen in der Obersteiermark - an solche Situationen gewöhnt und weit entfernt von Panik: Die Stromversorgung ist aufrecht und man kommuniziert per Telefon. Noch gab es keine Bitten wegen fehlender Medikamente oder Nahrungsmittel: „Wegen Schneemassen bricht nicht alles zusammen. Die Leute haben Vorräte und sind darauf eingestellt“, erklärte Mayer. Außerdem wohnen ein Gemeinderat sowie der Vizebürgermeister im Sperrgebiet. Sie sind mit den Betroffenen in engem Kontakt.

„Menschen fühlen sich in Sicherheit“
„Wir haben 350 Gäste im Ort, vor allem aus Ungarn. So wie unsere Bürger haben wir sie bei einer Versammlung über die Lage aufgeklärt. Die Menschen fühlen sich in Sicherheit - und alle greifen zur Schaufel, wenn Bedarf besteht“, so Hohentauern-Bürgermeister Heinz Wilding zur „Krone“.

Rund 550 Menschen sind in Hohentauern eingeschlossen, Wilding hat nun die Landwirte gebeten, Brot für die Menschen im Ort zu backen. „An weiteren Lebensmitteln mangelt es uns nicht, allerdings wird der Diesel für die Schneepflüge langsam knapp. Da werden wir uns bald etwas einfallen lassen müssen.“

Es wird noch mehr Schnee kommen
Der Ausblick auf die Wetterprognose verheißt nichts Gutes. Wilding: „Es hat schon am Montag stark geschneit, am Dienstag soll es, was man sich kaum vorstellen kann, noch einmal mehr werden. Man spürt, dass die Leute auch ein wenig Angst haben. Es ist beklemmend, wenn man nicht aus dem Ort herauskommt.“

Fast 2000 Personen eingeschlossen
Laut Landeswarnzentrale sind in der Steiermark weiterhin gut 2000 Personen eingeschlossen, darunter in Radmer 530 Personen, in Hohentauern und St. Johann am Tauern sind es etwa 550, im Sölktal 480 Personen. Ebenfalls von der Umwelt abgeschnitten sind Menschen in Hinterwildalpen, in Johnsbach und Gstatterboden, im Bereich Wildalpen/Weichselboden und in Hinterwald bei Donnersbachwald. Auf der Mörsbachalm in Donnersbachwald ist eine Familie eingeschlossen, auf der Ardningalm sind es vier Personen. Und auf der Hochmölbinghütte ist der Hüttenwirt von der Außenwelt abgeschlossen. Ein Lichtblick: Auf der Planneralm konnten am Montag die Eingeschlossenen evakuiert werden.

Mehrere Staublawinen im Sölktal
Die Lawinengefahr ist weiterhin hoch, im Großteil der Obersteiermark unverändert auf der zweithöchsten Warnstufe („groß“) der fünfteiligen Skala, am Dienstag könnte erstmals seit zehn Jahren die höchte Stufe ausgerufen werden. Es bestand dem Lawinenwarndienst zufolge weiterhin die Möglichkeit, dass sich sehr große Lawinen spontan lösen. Von Skitouren und von allen Bewegungen abseits von Straßen und gesicherten Skipisten wurde von den Behörden eindringlich abgeraten.

Im Sölktal sind bereits mehrere Staublawinen abgegangen, eine davon ganz in der Nähe von besiedeltem Gebiet. Verletzt wurde zum Glück niemand. Eine Lawine hat die ohnehin gesperrte Sölkpassstraße verschüttet.

Auch Niederalpl gesperrt
Mittlerweile sind in der Steiermark bereits 30 Straßen gesperrt. Seit Montagfrüh ist etwa auch die L113 am Niederalpl (von der Paßhöhe bis Aschbach) wegen Lawinengefahr und starkem Schneefall betroffen. Weiterhin gesperrt sind unter anderem die Gesäusestraße zwischen Hieflau und Admont, die B115 über den Präbichl und die Ennstal Straße (B320) zwischen Trautenfels und Espang.

Nur eine Schule ist geschlossen
Im Bezirk Liezen sind von rund 3000 Schülern am Montag rund 60 nicht zum Unterricht erschienen. Im BORG Eisenerz (Bezirk Leoben) wurde „intern“ unterrichtet, sprich es waren jene Schüler und Lehrer anwesend, die im Ort oder in der Nähe wohnen. 

Bis auf die Volksschule St. Nikolai im abgeschnittenen Sölktal - mit rund 40 Schülern und vier Lehrern - und einige kleinere Schulen war der Unterricht überall aufrecht, hieß es aus der Bildungsdirektion. Nur eine einzige Lehrerin konnte im Bezirk Liezen nicht zum Unterricht erscheinen. Die geringen Fehlzahlen dürften auch darin begründet liegen, dass viele Schüler und Lehrer an extreme Wetterbedingungen im Winter gewöhnt sind. Ab Dienstag ist allerdings der Schulcluster Erzherzog Johann in Bad Aussee gesperrt. 

Am Dienstag kommt nächster Schneefall
Die teils ergiebigen Schneefälle in den Nordalpen sollen Montagabend vorübergehend abklingen, ab Mitternacht kann es sogar kurz auflockern. Am Dienstag ist aber bereits ein neues Tief im Anmarsch und soll die prekäre Wettersituation noch verschärfen. Bereits in der Früh sind wieder Schneeregen und Schneeschauer zu erwarten. Nach einer vorübergehenden Beruhigung zu Mittag wird der Schneefall am Abend wieder stärker.

Das man trotz der Schneemassen den Humor nicht verlieren muss, beweist die Freiwillige Feuerwehr Gams bei Hieflau in einem Video: 

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