Krise betrifft alle

EU und USA planen mehrere Welt-Finanzgipfel

Ausland
19.10.2008 16:45
Die USA und Europa wollen wegen der Finanzkrise eine ganze Serie von Welt-Finanzgipfeln einberufen. US-Präsident George W. Bush, sein französischer Amtskollege Nicolas Sarkozy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso kündigten am Samstag nach einem mehrstündigen Treffen in Camp David ein erstes Gipfeltreffen in den USA bereits kurz nach der US-Präsidentschaftswahl am 4. November an. "Es ist notwendig, dass wir zusammenarbeiten, weil uns die Krise alle betrifft", erklärte Bush. Der Gipfel solle das Fundament des demokratischen Kapitalismus erhalten und ein Bekenntnis zu freien Märkten und Freihandel liefern.

Die nötigen Reformen zur Regulierung der Finanzmärkte dürften aber das Festhalten an der freien Marktwirtschaft und die Ablehnung von Protektionismus nicht infrage stellen, so Bush am Samstagabend (Ortszeit) dem Treffen.

Sarkozy sagte, dies sei eine weltweite Krise, und deshalb sei auch eine weltweite Lösung erforderlich. "Wir dürfen dem Fatalismus keinen Platz einräumen." Das Gipfeltreffen könne schon im November in New York stattfinden, deutete er an. Bush nannte keinen Termin. Unklar war auch, ob neben Bush auch sein zu dem Zeitpunkt wohl bereits gewählter Nachfolger teilnehmen würde.

EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny
Notenbank-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny zeigte in einer ersten Reaktion skeptisch: Er erwarte sich davon kein neues, einheitliches Weltwährungssystem a la Betton Woods II. "Ganz ehrlich, ich bin ein bisschen skeptisch, ich erwarte mir eher, es wird ein System mit mehreren Schwerpunkten sein", sagte Nowotny heute, Sonntag, in der ORF-Pressestunde.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bot am Samstag an, den geplanten Finanzgipfel am Sitz der Vereinten Nationen in New York zu veranstalten. Dies würde der globalen Initiative Legitimation verleihen und die Entschlossenheit der Staatengemeinschaft zu gemeinsamem Handeln zeigen, sagte Ban.

Bush betonte die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit, um die Finanzsysteme der Länder zu stärken und zu modernisieren. Auch Barroso forderte eine neue globale Finanzordnung. Barroso und Sarkozy waren auf dem Rückweg von einem Gipfeltreffen in Kanada zu Bush auf den Präsidentenlandsitz Camp David gekommen.

G-8-Sondergipfel
Bereits vor wenigen Tagen hatten die sieben führenden Industriestaaten und Russland (G-8) einen Sondergipfel zur Finanzmarktkrise für die nahe Zukunft angekündigt. Daran sollen auch die wichtigsten Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika teilnehmen.

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich angesichts der Finanzkrise für eine Erweiterung der G-8 aus. "Wir müssen neue Mächte und neue Ansprüche friedlich in eine veränderte Welt gemeinsam integrieren, das ist die große Aufgabe unserer Zeit", sagte er am Samstag auf dem SPD-Parteitag in Berlin. "Wir brauchen eine Erweiterung der G-8, wir brauchen eine Weltfinanzgruppe, in der die neue Architektur einer Weltfinanzordnung entsteht."

Auch Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück plädierte in seiner Parteitagsrede dafür, zunehmend andere Länder in den Kreis der führenden Industrienationen einzubeziehen. Zu der vor 33 Jahren von zunächst sechs Ländern gegründeten Gruppe gehören heute die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Kanada und Russland.

Bush wirbt um Vertrauen
Vor dem Treffen in Camp David warb Bush in seiner wöchentlichen Radioansprache um Vertrauen in die US-Wirtschaft. Seine Regierung habe mit gezielten und zupackenden Maßnahmen auf die Krise reagiert, um die finanzielle Sicherheit der Bürger zu schützen, sagte Bush. Es werde einige Zeit dauern, bis das Paket seine Wirkung entfalte. Aber die Maßnahmen seien umfassend und wirkungsvoll. "Unsere Wirtschaft wird wieder auf die Beine kommen."

Bush verteidigte erneut den 700 Milliarden Dollar schweren Rettungsplan für die Finanzbranche. "Als Anhänger freier Märkte würde ich solche Maßnahmen normalerweise ablehnen. Aber das sind keine gewöhnlichen Rahmenbedingungen", sagte Bush. Ohne das Einschreiten der Regierung wären die Folgen für die Finanzmärkte noch schlimmer gewesen. Die Pensionskassen und Sparpläne der Amerikaner haben seit dem Höchststand des Dow-Jones-Index am 9. Oktober vergangenen Jahres bei 14.000 Punkten rund 8,3 Billionen Dollar (6,2 Billionen Euro) an Wert verloren.

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