Die Kommission hielt in dem Bericht fest, dass es unzulässig gewesen sei, die Niederschriften der Einvernahme von Natascha Kampusch nach ihrer Flucht vor ihrem Entführer Wolfgang Proklopil bei Gericht zu verschließen, nicht aber den Ermittlern des Bundeskriminalamts zur Verfügung zu stellen.
Haidinger hatte dem Leiter der Sonderkommission, Nikolaus Koch, nach eigenen Angaben mehrfach vergeblich die Weisung erteilt, ihm die Niederschriften zur Verfügung zu stellen, bis auch das Kabinett ihn habe wissen lassen, dass dies nicht möglich sei. „Da war's für mich mit der Fachaufsicht vorbei. Die Ressortleitung hat mich an deren Ausübung gehindert. Ich hätte wissen müssen, was Frau Kampusch sagt, damit ich entsprechend disponieren kann.“
„Wir wollen vor der Nationalratswahl keinen Polizeiskandal“
Haidinger trat nach eigenen Angaben schon früher vehement für eine umgehende Evaluierung der enorm umfangreichen Ermittlungen ein, zumal in einem Erlass geregelt sei, dass eine solche möglichst rasch nach Beendigung eines Kriminalfalls durchzuführen sei. „Wir hätten das damals ohne öffentlichen Druck prüfen können und wären in aller Ruhe zu einem Ergebnis gekommen. Jetzt hat das die Adamovich-Kommission gemacht. Damals gab es keinen Grund, keine Evaluierung durchzuführen, außer, man wollte es nicht. Immer, wenn ich gesagt habe, ‚Wir evaluieren‘, hat es ‚Nein‘ geheißen", sagte Haidinger. Er bleibe bei seiner Aussage, dass es im Kabinett geheißen habe: „Wir wollen vor der Nationalratswahl keinen Polizeiskandal.“
Haidinger ging es dabei vor allem um den falsch eingeschätzten Hinweis eines Hundeführers auf Priklopil bzw. dessen Haus in der ersten Ermittlungsphase nach dem Verschwinden der damals Zehnjährigen im Jahr 1998, dem nicht ausreichend nachgegangen wurde. „Uns allen war klar, dass da ein Fehler passiert ist“, sagte Haidinger. „Ich habe der Ministerin (Liese Prokop, Anm.) vorgeschlagen, das nicht zu verheimlichen, damit uns nicht jahrelang die Gefahr droht, dass dann doch jemand draufkommt.“
Kommission attestierte „fehlerhafte Vorgangsweise“
Im Bericht der Adamovich-Kommission ist von einer „fehlerhaften Vorgangsweise“ die Rede, die Gegenstand zivilrechtlicher Forderungen des Opfers an den Bund sein könnte. Es heißt aber auch: Der zweite Zwischenbericht komme zu dem Ergebnis, „dass es sich aber um einen ‚Hinweis vom Hörensagen‘ gehandelt hat und (man) außerdem eine im Verlies versteckte Person auch im Fall einer Hausdurchsuchung mit Einsatz eines Diensthundes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gefunden hätte.“ Und weiter: „Der Fehler ist zu einem Zeitpunkt gemacht worden, zu dem ein anderer Bundesminister für Inneres im Amt war als unmittelbar vor der Nationalratswahl 2006. Eine ‚Vertuschung‘ von Seiten der Ressortleitung, wenn sie überhaupt vorlag, konnte daher keinen parteipolitischen Charakter haben.“ Dazu Haidinger: Das zu beurteilen, sei Sache des Untersuchungsausschusses.
Zur Frage nach einem möglichen Zweittäter wollte Haidinger sich nicht konkret äußern. „Ich habe den Ermittlern gesagt, sie sollen in diese Richtung mehr verifizieren oder falsifizieren“, sagte er lediglich.
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