U-Ausschuss

Peter Pilz legt brisante E-Mail vor

Österreich
26.05.2008 22:39
Die Befragung des oberösterreichischen Polizeikommandanten Andreas Pilsl im U-Ausschuss zur Innenministeriumsaffäre brachte am Montag neuerlich interessante Details über die parteipolitische Arbeit in Ministerkabinetten zutage. Demnach wurden den Mitarbeitern im Büro von Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) nicht nur sachliche Zuständigkeiten im Ministerium zugeteilt, vielmehr gab es auch speziell für die einzelnen Teilorganisationen der ÖVP verantwortliche Mitarbeiter. Das geht aus einem E-Mail hervor, das vom Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz vorgelegt wurde.

Pilsl war demnach neben seinen Ministeriums-Internen Zuständigkeiten (u.a. Grenzgendarmerie, Sport, Cobra und Interne Angelegenheiten) auch für Anfragen des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB, der Beamtengewerkschaft GÖD und der Kameradschaft der Exekutive (KdEÖ) verantwortlich. Für die ÖVP-Bundespartei war Kabinettschef Christoph Ulmer persönlich zuständig.

Parteipolitische Aufgaben im Ministerbüro
Pilsl selbst gab an, sich an die genaue Aufgabenverteilung innerhalb des Kabinetts im Zusammenhang mit der ÖVP nicht mehr zu erinnern. Grundsätzlich bestätigte er allerdings, dass für jede ÖVP-Organisation ein konkreter Mitarbeiter zuständig war. Die Frage, ob ähnliche Zuständigkeiten auch für andere Parteien, etwa die SPÖ, verteilt wurden, verneinte Pilsl, obwohl Zwischenrufer aus den ÖVP-Reihen anderes soufflierten ("ja sicher").

ÖVP-Fraktionschef Helmut Kukacka protestierte gegen die Frage, weil es sich bei dem von Pilz vorgelegten Schriftstück offenbar um ein "gestohlenes Email" handle, wie er meinte. Das Mail mit dem Betreff "Arbeitsaufteilung KBM" (Kabinett des Bundesministers, Anm.) stammt von Kabinettschef Christoph Ulmer und wurde am 15. Jänner 2003 an die Kabinettsmitarbeiter verschickt. Es enthält den Hinweis, dass die Liste mit den Zuständigkeiten "nicht außerhalb des Kabinetts weiterzugeben" sei - auch nicht "besonders vertrauenswürdigen Personen".

Ex-Prokop-Mitarbeiter Pilsl widerspricht Haidinger
Den Vorwurf des früheren Kripo-Chefs Herwig Haidinger, im Wahlkampf 2006 Ermittlungen in der BAWAG-Affäre zu Lasten der SPÖ forciert zu haben, wies Pilsl zurück. Allerdings bestätigte der frühere Mitarbeiter im Büro von Innenministerin Liese Prokop (ÖVP), dass die mittlerweile verstorbene Ressortchefin über die Ermittlungsergebnisse informiert werden wollte.

Haidinger hatte unter anderem ausgesagt, dass er von Pilsl aufgefordert wurde, dem Ministerbüro die Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit allfälligen Geldflüssen von der BAWAG an die SPÖ zu übermitteln. Pilsl wies das zurück und betonte, dass es seitens der Ministerin "keine Weisung, keine Anregung und keinen Wunsch" gegeben habe, "irgendetwas zu ermitteln oder nicht zu ermitteln".

Bestätigt wurde von Pilsl allerdings, dass Prokop über derartige Geldflüsse informiert werden wollte, "wenn sich etwas ergibt". Er fand diesen Wunsch aber "relativ unspektakulär". Schließlich sei die Ministerin auch in vielen anderen Fällen über Ermittlungsergebnisse informiert worden, so der nunmehrige oberösterreichische Polizeichef.

Haidinger von Pils angezeigt
Nicht erinnern konnte sich Pilsl an die angeblichen Jagd-Einladungen des Rüstungslobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly an Mitarbeiter von Prokops Vorgänger Ernst Strasser (ÖVP). Davon habe er erst aus den Medien erfahren, sagte Pilsl: "Ich hab's de facto nicht mitbekommen, weil ich nicht der Jäger-Clique angehöre."

Den früheren Kripo-Chef Haidinger hat Pilsl wegen seiner im U-Ausschuss wiederholten Vorwürfe mittlerweile wegen des Verdachts der falschen Zeugenaussage angezeigt. Das Verhältnis mit dem früheren Spitzenbeamten bezeichnete er als gespannt. "Es war nicht immer ein angenehmer Umgang. Es hat kaum eine Vertrauensbasis gegeben."

Kriminalist Folger im Zeugenstand
Am Dienstag tritt als Erster der oberösterreichische Kriminalist Walter Folger in den Zeugenstand. Dieser soll laut früherer Zeugenaussagen in der SOKO-BAWAG speziell für die Untersuchungen eventueller Geldflüsse von BAWAG an die SPÖ eingesetzt worden sein. Damit ist er von speziellem Interesse für die SPÖ-Abgeordneten.

Der nächste auf der Liste, Staatsanwalt Georg Krakov, wird zu Parallelermittlungen des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) in Sachen BAWAG befragt werden. Die Staatsanwaltschaft hat diese zusätzlich zur den Untersuchungen durch die Soko-BAWAG in Auftrag gegeben.

Die Grünen wollen den Staatsanwalt außerdem zu einem möglicherweise verfälschten Dokument auf dem Außenministerium befragen. Laut Haidinger befand sich unter den Akten, die an den Banken-Untersuchungsausschuss geleitet wurden, auch eine Kopie eines Schreibens der früheren Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP). Beim Kopieren sei jedoch die Faxkennung abgedeckt worden und somit für den U-Ausschuss nicht mehr ersichtlich gewesen. In dem Dokument soll es um mögliche Interventionen Ferrero-Waldners in Visa-Fragen gehen. Dazu wird auch der vorletzte Zeuge auf der Liste, Erich Zwettler aus dem Bundeskriminalamt, befragt werden. Den Abschluss bildet am Dienstag nochmals Haidinger selbst.

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