Rollenspiel-Perle

“Ni No Kuni”: Kleiner Bub in großartigem Abenteuer

Spiele
31.01.2013 16:39
Wenn ein Publisher sein neuestes Spiel als "eines der herausragendsten japanischen Rollenspiele der letzten Jahre" bezeichnet, sollten Spieletester skeptisch werden. Doch im Fall von "Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin" enttäuscht Namco Bandai nicht: Das ab Freitag exklusiv für Sonys PS3 erhältliche Japano-RGP entpuppt sich als wahres Rollenspiel-Kleinod und fesselt von der ersten Minute an vor den Bildschirm.

"Ni No Kuni – Der Fluch der Weißen Königin" erzählt die Geschichte des kleinen Buben Oliver, der durch einen unverhofften Schicksalsschlag in ein für ihn viel zu großes Abenteuer stolpert. Glücklicherweise ist er dabei jedoch nicht auf sich allein gestellt: Eine Fee namens Tröpfchen mit schottischem Akzent und Laternen-Nasenpiercing steht ihm beratend zur Seite. Und dann wären da noch die Vertrauten: mal mehr, mal weniger große Helferlein, die direkt Olivers reinem und unschuldigen Herzen entspringen, um ihn neben weiteren Freunden im Kampf gegen Kleine Kläffer, Määhdrescher und andere - für japanische Rollenspiele typisch verniedlichte - Monster zu unterstützen.

Werden die Vertrauten gerade nicht benötigt, warten sie in einem Käfig im Inventar auf ihren nächsten Einsatz. Dort können sie mit Leckereien und Süßigkeiten verhätschelt werden, was nicht nur ihr Verhältnis zu Oliver stärkt, sondern zugleich bestimmte Attribute, sodass mit den passenden Köstlichkeiten recht schnell individuelle Talente der Kleinen gefördert werden können. Ganz so einfach geht das Aufleveln bei Oliver leider nicht: Er muss bis zum Erreichen der nächsten Erfahrungsstufe warten, um von einer automatischen Verbesserungen seiner Attribute zu profitieren.

Ein Stempel für jede gute Tat
Dessen ungeachtet besteht jedoch auch für ihn die Möglichkeit der Individualisierung: In zahlreichen Nebenquests wie Monsterjagden und den üblichen Besorgungsmissionen kann er in einer Art Spiel im Spiel Stempel für Dienste an der Bevölkerung sammeln. Ist eine Stempelkarte voll, wobei die Anzahl der zu erhaltenden Stempel vom Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Aufgabe abhängt, lassen sich Modifikationen der unterschiedlichsten Art freischalten. Darunter etwa, dass Oliver flinker laufen oder Gegnern mehr Gold und Erfahrung abknöpfen kann.

Kämpfe ohne Ende
Doch selbst ohne diese optionalen Nebenaufgaben gibt es in "Ni No Kuni" noch immer reichlich zu tun. Das liegt vor allem an den vielen Zufallskämpfen, die Oliver und seine Freunde sowohl beim Durchstreifen der offenen "Übersichtskarten" als auch der vergleichsweise linearen (Innen-)Levels erwarten. Das Kampfsystem entpuppt sich dabei als eine Mischung aus rundenbasierter und in Echtzeit ablaufender Action: Nach Auswahl eines tapferen Recken (Vertrauter, Party-Mitglied oder Oliver selbst), der zuerst in den Kampf ziehen soll, gilt es, einen Angriff oder Zauber zu bestimmen sowie, natürlich, das bevorzugte Opfer, den dieser treffen soll.

Währenddessen läuft das Geschehen jedoch unvermindert weiter, weshalb man sich bei der Entscheidungsfindung besser nicht zu viel Zeit lassen sollte. Ebenfalls in Echtzeit können die Figuren zwischen dem Ausführen einer Aktion in der Arena bewegt werden, um durch das Einsammeln bestimmter Punkte ihre Gesundheits- und Mana-Vorräte wieder aufzufüllen. Obwohl das Kampfsystem in seinen Grundzügen sehr einfach gehalten ist, gibt es – vor allem für jene Spieler, die den höheren Schwierigkeitsgrad gewählt haben – dennoch genügend taktische Feinheiten, deren Beherrschung insbesondere bei den deutlich schwierigeren Bosskämpfen von Nutzen ist. Dankenswerterweise werden diese Kniffe erst nach und nach offenbart, sodass auch Einsteiger nicht überfordert werden.

Herzerwärmende Geschichte
Abseits der Kämpfe darf sich der Spieler an der sehr ausführlichen und herzerwärmenden Geschichte erfreuen, die in unzähligen Zwischensequenzen und charmanten Dialogen dargeboten wird. Verantwortlich für die Erzählung zeichnet das japanische Animationsstudio Ghibli, das hierzulande vor allem durch die Animes "Chihiros Reise ins Zauberland" oder "Das wandelnde Schloss" Berühmtheit erlangte. Das Engagement hat sich bezahlt gemacht: Wohl kein anderes Rollenspiel der jüngeren Vergangenheit vermag den Spieler mit seiner Geschichte so sehr zu berühren und zu fesseln wie "Ni No Kuni".

Audiovisuelles Highlight
Auch in audiovisueller Hinsicht begeistert das Japano-RPG: Mit nahezu jedem neuen Bildschirmabschnitt gelingt es den Entwicklern von Level-5 ("Professor Layton"-Reihe, "White Knight Chronicles"), das Auge des Spielers mit wunderschön animierten Szenerien aufs Neue zu begeistern. Hier steckt viel Liebe drin – und das sieht man auch. Gleiches gilt für die musikalische Untermalung aus der Feder von Joe Hisaishi, der zuvor schon für die emotionalen Klänge von Studio-Ghibli-Produktionen wie "Mein Nachbar Totoro", "Nausicaä aus dem Tal der Winde" und "Prinzessin Mononoke" verantwortlich zeichnete. Seine Arrangements für "Ni No Kuni" ließ Hisaishi vom Tokyo Philharmonic Orchestra einspielen. Das Ergebnis ist ein pompöser und absolut filmreifer Soundtrack.

Kleinere Schwächen
Wo viel Licht ist, gibt es allerdings auch ein wenig Schatten. Schade ist insbesondere, dass japanische Rollenspiel-Entwickler offenbar auch im Jahr 2013 noch nicht auf ihre geliebten Textboxen verzichten können oder wollen. So kommt es, dass nach einer Zwischensequenz mit gesprochenen Dialogen und viel Getöse plötzlich nur mehr das Rattern des sich buchstabenweise aufbauenden Dialogtextes zu vernehmen ist. In Zeiten der Sprachausgabe ist derlei ungemein schmerzlich. Auch die nach jedem Kampf – möge er auch noch so kurz sein – eingeblendete Zusammenfassung zerrt auf Dauer am Nervenkostüm und lässt sich leider ebenso wie die vorangegangene obligatorische Siegerpose samt coolem Spruch nicht deaktivieren. Da hilft nur auf die Tasten zu drücken, damit das ansonsten großartige Abenteuer schnell weitergeht.

Fazit: So manche japanische Rollenspiel-Eigenheit ist für europäische Gamer auch nach Jahren nur schwer zu verstehen, etwa, dass Monster immer süß aussehen müssen oder dass man dem guten alten Textdialog gegenüber einer Sprachausgabe den Vorzug gibt. In puncto Storytelling haben viele Japano-RPGs jedoch die Nase vorn. "Ni No Kuni: Der Fluch der Weißen Königin" ist eines der besten Beispiele dafür. Charmant und herzerwärmend erzählt, fesselt die Geschichte um den kleinen und gutmütigen Oliver von der ersten Minute an. Hier haben es Gamer nicht mit einem klassischen Helden, sondern einem gewöhnlichen Kind zu tun - und genau deshalb "menschelt" "Ni No Kuni" so sehr. In Zusammenspiel mit der großartigen audiovisuellen Präsentation und dem enormen Spielumfang lässt sich dann auch problemlos über so manche Eigenheit hinwegsehen.

Plattform: PS3
Publisher: Namco Bandai
krone.at-Wertung: 9/10

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: KMM)
(Bild: krone.at)
(Bild: krone.at)
Kreuzworträtsel (Bild: krone.at)
(Bild: krone.at)



Kostenlose Spiele