Flüchtlingskrise

Politische Elite warnt immer lauter vor EU-Zerfall

Ausland
25.10.2015 20:32
Im Zuge der Griechenland-Krise wurde er von allen Seiten heraufbeschworen - der Zerfall der Europäischen Union. Nach den maroden griechischen Staatsfinanzen ist es aber nun die anhaltende Flüchtlingskrise in Europa, die Warnungen der politischen Elite vor einem drohenden Ende der Staatengemeinschaft immer lauter werden lässt. Alleine an diesem Wochenende warnten gleich zwei EU-Staatschefs, einer davon Österreichs Kanzler Werner Faymann, vor dem Aus der EU. Wer aller - außerhalb des rechtsnationalistischen Polit-Spektrums - in den letzten Wochen den EU-Untergang prophezeite, lesen Sie im krone.at-Überblick.

Der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, warnte wegen der Flüchtlingskrise bereits Mitte September vor einem Zusammenbruch der Europäischen Union. "Wenn wir jetzt nicht zusammenstehen, werden unsere Union und die Werte, die wir teilen, anfangen auseinanderzubrechen", sagte Verhofstadt in Brüssel.

Ebenfalls im September, kurz vor dem Sondergipfel zur Flüchtlingskrise am 23. September, warnte dann EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vor einem Zerfall Europas. "Europa ist in einem schlechten Zustand", sagte der SPD-Politiker angesichts des - immer noch andauernden - Streits über die Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen EU-Staaten.

Am Tag des besagten EU-Sondergipfels erklärte auch der sozialdemokratische Premier Tschechiens, Bohuslav Sobotka. Europa dürfe wegen der Migrationskrise nicht zerfallen.

Knapp zwei Wochen später die nächste Warnung vor dem EU-Ende, diesmal von Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande. Es gebe keine andere Lösung als ein starkes Europa, um die eigene Souveränität zu garantieren, betonte er bei einer gemeinsamen Rede mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Straßburg.

Einen "Zerfall der Europäischen Union" prophezeite Anfang Oktober auch der Vorsitzende der deutschen SPD, Sigmar Gabriel, angesichts der Flüchtlingskrise. "Wir brauchen mehr und nicht weniger europäische Zusammenarbeit", sagte Gabriel in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung. "Sonst wird Europa in nationale Egoismen zerfallen und an den Rand der Weltpolitik gedrängt." Sein Appell: "Was wir jetzt brauchen sind mutige Europäer wie früher Helmut Schmidt, Giscard D'Estaing oder auch Helmut Kohl."

Nach Deutschland folgte der nächste Warnruf aus Österreich, wenn auch über einen Umweg über Peking. Der frühere ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek erklärte gegenüber der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua: "Europa muss kooperieren", sonst drohe die EU auseinanderzufallen." Busek sieht demnach in der aktuellen Flüchtlingskrise einen "Lackmustest für die Integrität" der Europäischen Union. Sowohl Österreich als auch die EU seien derzeit einem "Reality Check" ausgesetzt.

Weitere warnende Polit-Stimmen aus Österreich folgten nun am Wochenende: "Wenn Europa nicht sofort erkennt, wie dramatisch die Lage ist und sich alle Mitgliedsstaaten aus der Verantwortung ziehen, wird das Friedensprojekt Europa scheitern," sagte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am Samstag.

Ebenfalls am Samstag warnte schließlich auch Bundeskanzler Werner Faymann vor den Gefahren für Europa angesichts der Flüchtlingskrise: "Jetzt geht es um ein gemeinsames Europa oder um den leisen Zerfall der EU. Der eine Weg ist mühsam, schwierig und vermutlich langsam, doch der andere führt nur ins Chaos", sagte er im Gespräch mit der "Krone".

Am Sonntag warnte der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar ebenfalls vor einem Zerfall der EU wegen der Flüchtlingskrise. "Die Situation ist sehr ernst", so Cerar kurz vor Beginn des jüngsten EU-Sondertreffens zur Flüchtlingskrise in Brüssel. Ohne konkrete Aktionen der EU in den kommenden Wochen und Monaten würden die Länder beginnen, auf Einzelmaßnahmen zu setzen. Das läute den "Anfang vom Ende" Europas ein.

"Es steht viel auf dem Spiel", betonte im Vorfeld des Krisentreffens auch Kanzler Faymann, der den Schutz der EU-Außengrenze als "entscheidenden Punkt" des Treffens bezeichnete.

Den vorläufigen Abschluss bei den Warnrufen bildete indes am Sonntagabend Tirols Landeshauptmann Günther Platter, der die Bewältigung der Flüchtlingskrise "für die Europäische Union zur Existenzfrage" machte. Es könne nicht Ziel der EU sein, dass jeder einzelne Mitgliedsstaat seine Grenzen schließe oder Zäune hochziehe. Das widerspreche dem Grundgedanken der Europäischen Union und gefährde ihre Existenzberechtigung, warnte Platter bei einem Festakt anlässlich des Nationalfeiertages in Innsbruck.

Österreichs bekanntester Journalist und "Geschichtelehrer" Hugo Portisch - zwar kein Politiker, aber ein ausgesprochener Politik-Kenner - sprach übrigens erst vor wenigen Tagen angesichts der Flüchtlingskrise von einer "Zerreißprobe für die EU"...

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