Nach Saddam-Sturz

Blair: Irakinvasion trug zum Entstehen des IS bei

Ausland
25.10.2015 15:33
Späte Einsicht beim früheren britischen Premierminister Tony Blair. Er hat jetzt in einem Interview mit dem Nachrichtensender CNN nicht nur Fehler bei der Militärinvasion im Irak 2003 eingestanden sondern auch eingeräumt, dass der Sturz von Saddam Hussein zum Entstehen der Extremistenmiliz Islamischer Staat beigetragen hat. Auf die Frage, ob die damalige Invasion ein Hauptgrund für den Aufstieg des IS gewesen sei, antwortete der Ex-Premier: "Da sei etwas Wahres dran".

Großbritannien war im März 2003 Teil der "Koalition der Willigen", die unter der Führung der USA im Irak einmarschierten - mit dem Ziel Saddam Hussein zu stürzen. Blair äußerte in dem Interview sein Bedauern darüber, dass es Fehler bei der Planung für die Zeit nach dem Sturz des Saddam-Regimes und bei Geheimdienstinformationen zur Rechtfertigung des Feldzuges, etwa über das vermutete irakische Chemiewaffenarsenal, gegeben habe.

"Ich entschuldige mich dafür, dass Informationen, die wir erhalten haben, falsch waren", so der britische Ex-Premier in Auszügen des CNN-Interviews, das am Sonntag ausgestrahlt wird. Er entschuldigte sich auch dafür, "dass wir Fehler in der Planung gemacht haben - und sicherlich auch in der Annahme dessen, was nach dem Sturz des Regimes passieren würde."

Was der britische Ex-Premier mit seinen aktuellen Aussagen bestätigt: Die vor allem von der Regierung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush beschworenen gewaltigen Massenvernichtungsarsenale des Irak - den offiziellen Grund für den Krieg - gab es schlichtweg nicht. Die Entscheidung für die Militäraktion zum Sturz Saddams sei aber richtig gewesen, betont Blair zugleich.

Blair zieht erstmals Linie vom Irakkrieg zu IS-Terror
Als besonders brisant dürften allerdings die Aussagen des britischen Ex-Premiers zur aktuellen Lage gesehen werden: Blair räumte in dem Interview nämlich - anders als noch in der jüngeren Vergangenheit - ein, dass der Vorwurf, wonach der Irakkrieg den Aufstieg des IS ermöglicht habe, einige wahre Elemente beinhalte. "Natürlich kann man nicht sagen, dass diejenigen, die Saddam 2003 gestürzt haben, keine Verantwortung für die Situation im Jahr 2015 tragen."

Den USA und ihren Verbündeten wird oft vorgeworfen, dass mit der Auflösung der irakischen Armee nach dem Sturz Saddams ein Sicherheitsvakuum entstanden sei, in das Al-Kaida und später der IS hineingestoßen seien. In den Reihen des IS kämpfen zudem zahlreiche frühere Mitglieder von Saddams Baath-Partei und Anhänger des früheren irakischen Langzeitherrschers. "Spiegel"-Korrespondent Christoph Reuter hatte in seinem letzten Buch erklärt, der heutige IS sei vielmehr ein Produkt der irakischen Baath-Partei.

Moderner IS ein Produkt von Saddams Baath-Partei
Ihre Chance nutzten "die ehemaligen Baath-Parteikader" aus Saddams Apparat demnach 2010, als die Gruppe, die sich damals noch ISI nannte - Islamischer Staat im Irak -, völlig am Boden war, ihre Führung aufgerieben. Fast alle danach entscheidenden Männer seien zuvor Armeeoffiziere, Geheimdienstler oder Parteifunktionäre gewesen, schreibt Reuter in "Die Schwarze Macht. Der Islamische Staat und die Strategie des Terrors": "ISI war nicht nur nahezu so wie die Baath-Partei - Die Terrororganisation war die Baath-Partei."

Eine Sprecherin von Ex-Premier Blair stellte indes noch am Sonntag laut einem Bericht des britischen "Guardian" klar, dass Blair in dem CNN-Interview nicht gesagt habe, dass die Entscheidung, Saddam 2003 zu stürzen, ursächlich für die Entstehung des IS sei. "Er hat darauf hingewiesen, dass der IS Ende 2008, als Al-Kaida im Wesentlichen geschlagen war, noch kaum bekannt war."

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