"Krone"-Porträt

Das kann der neue Kanzler Christian Kern

Österreich
13.05.2016 18:34

Der künftige Bundeskanzler Christian Kern (50) ist im Zeichen des Steinbocks geboren. Man sagt den Vertretern dieses Sternzeichens nach, dass sie besonders fleißig, geduldig und realistisch sind. Das trifft auf den Sohn eines Simmeringer Elektroinstallateurs zu 100 Prozent zu.

Seine berufliche Laufbahn begann Kern nach einem Publizistikstudium mit 25 als Pressesprecher und Assistent von Peter Kostelka, der zunächst Staatssekretär und danach Klubobmann der SPÖ war. 1997 wechselte er zum Stromriesen Verbund, wo er sich mit Zielstrebigkeit bis in den Vorstand hochdiente. Obwohl er als "Roter" galt, war er immer nach allen Seiten offen und ein Netzwerker, wurde Mitglied im Rotary-Club. Sein größter Förderer beim Verbund war übrigens der damalige "schwarze" Vorstandschef Hans Haider.

Beim Stromriesen Verbund und der Wiener Austria
Kern war unter anderem für das Auslandsgeschäft und die Stromnetze zuständig. Und er lernte dort seine jetzige Frau Evelyn Steinberger-Kern kennen, die Chefin einer Verbund-Tochterfirma war. Als er Vorstand wurde, musste sie das Unternehmen verlassen. Die Hobby-Läuferin machte weiter bei Siemens Karriere, heute gehört ihr eine eigene Beratungsfirma. Gemeinsam haben die beiden eine Tochter, Christian Kern brachte aus der ersten Ehe drei Söhne mit.

In seine Verbund-Zeit fällt auch das Engagement im Fußball. Nach dem Ausscheiden von Frank Stronach stand die Wiener Austria vor einem riesigen finanziellen Scherbenhaufen. Ein Großsponsor sollte die ärgsten Probleme lösen. Hier halfen prominente Austria-Fans zusammen: Über den Wiener Bürgermeister Michael Häupl wurde der Kontakt zum Verbund geknüpft, Kern unterstützte als glühender Fußballfan das Vorhaben. Der Verbund wurde Austria-Sponsor, Kern übernahm für einige Zeit sogar die Funktion des Vizepräsidenten. Heute ist der SP-Gewerkschafter Wolfgang Katzian Austria-Präsident, Kern nur noch Fan und zuletzt "leider viel zu selten", wie er zugibt, im Stadion.

Beim Verbund waren seiner Karriere jedoch Grenzen gesetzt, gilt doch der Job des Vorstandsvorsitzenden als "schwarze" Erbpacht. Daher bewarb sich Kern, für manche überraschend, 2009 für die Funktion des ÖBB-Chefs. Die Bahn hatte zu diesem Zeitpunkt ein furchtbares Image: Die mächtige Eisenbahner-Gewerkschaft hatte das Unternehmen fest im Griff, die ÖBB-Chefs wechselten alle paar Jahre und verzweifelten an einem scheinbar völlig unbeweglichen staatlichen Moloch.

Doch Christian Kern zeigte, dass er nicht nur ein brillanter Redner ist, sondern es schafft, für Konsens und ein friedliches Miteinander zu sorgen - Eigenschaften, die er als Kanzler brauchen wird. Obwohl in den ÖBB kein Stein auf dem anderen blieb, verstummten die Zurufe der Gewerkschaft, gab es nie Konflikte oder Streikdrohungen. Trotz verkrusteter Strukturen begann Kern, alles aufzubrechen. Dabei half, dass die Politik die Versäumnisse im öffentlichen Verkehr einsah und Milliarden in die Hand nahm, um den Personenverkehr wettbewerbsfähiger zu machen.

Führungsebene bei ÖBB halbiert
Die größten Veränderungen gab es im Management: Nach seinem Antritt mussten sich alle Führungskräfte neu bewerben. Kern tauschte unzählige Manager aus, holte junge Leute, verkleinerte die Ebenen. Statt 1200 gab es 2013 auf einmal nur noch halb so viele Personen in den Führungsebenen. Auch das Image der Bahn hat sich, nicht zuletzt dank Railjet, schnellerer Verbindungen und neuer Bahnhöfe, deutlich verbessert. Das ändert nichts daran, dass das Unternehmen jährlich Milliarden aus dem Steuertopf braucht. Anders ist öffentlicher Verkehr nicht zu finanzieren. Als mit der Westbahn ein neuer privater Konkurrent startete, begrüßte Kern das, weil Wettbewerb dafür sorgt, dass sich alle mehr anstrengen müssen.

Daneben knüpfte Kern als kluger Netzwerker unzählige Kontakte in alle Bereiche der Wirtschaft, unabhängig von politischer Couleur. Er hat mit allen eine gute Gesprächsbasis, egal ob es Konkurrenten wie der Westbahn-Eigentümer Hans Peter Haselsteiner oder ÖVP-Regierungspolitiker sind. Kaum verwunderlich daher, dass es für ihn von vielen Seiten Vorschusslorbeeren gibt.

In der Freizeit liebt Kern Musik und Sport, hat einen Zweitwohnsitz in Kärnten. Dort wird man ihn in nächster Zeit wohl selten finden, denn der Umbau der SPÖ und die Kanzlerschaft werden noch mehr Energie erfordern als die Führung des Eisenbahnunternehmens.

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