BAWAG-Prozess

9 1/2 Jahre Haft für Helmut Elsner

Österreich
05.07.2008 12:21
Im BAWAG-Prozess sind am Freitag alle Angeklagten schuldig gesprochen worden. Der Hauptangeklagte, Ex-Bank-Generaldirektor Helmut Elsner, wurde wegen Untreue und Betrugs sowie Bilanzfälschung zu 9 1/2 Jahren Haft verurteilt. Er habe den Aufsichtsrat der Bank getäuscht und Kredite an Wolfgang Flöttl vergeben, bei denen die Bank sich an ihrem eigenen Risiko besichert habe. Bis auf Wolfgang Flöttl haben alle Angeklagten Rechtsmittel gegen die Urteile eingelegt, der Prozess geht damit in die zweite Instanz. Staatsanwalt Georg Krakow ist mit dem Elsner-Urteil zufrieden.

Helmut Elsners Nachfolger an der Bankspitze, Johann Zwettler, wurde wegen Untreue zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der frühere Aufsichtsratspräsident der BAWAG und ehemalige ÖGB-Finanzchef Günter Weninger und der Spekulant Wolfgang Flöttl sowie der Wirtschaftsprüfer Robert Reiter werden wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt.

Der mitangeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl wurde vom Schöffengericht zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Davon wurden 20 Monate bedingt ausgesprochen, das heißt, Flöttl muss für zehn Monate ins Gefängnis. Günter Weninger wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, davon wurden zwei Jahre bedingt ausgesprochen. Weninger muss daher sechs Monate ins Gefängnis. Die ehemaligen BAWAG-Vorstände Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker erhielten je dreieinhalb Jahre unbedingt. Der ehemalige BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz erhielt vier Jahre Haft.

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Der frühere BAWAG-Vorstand Christian Büttner muss als einziger der neun Angeklagten nicht ins Gefängnis. Büttner erhielt 18 Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe von 36.000 Euro. Der frühere Wirtschaftsprüfer der Bank, Robert Reiter, erhielt 3 Jahre Freiheitsstrafe, davon muss er ein Jahr ins Gefängnis.

Schriftliches Urteil erst in Monaten
Die Vorsitzende des Schöffensenats im BAWAG-Prozess, Richterin Claudia Bandion-Ortner, hat nach der Urteilsverkündung erklärt, das schriftliche Urteil werde erst in einigen Monaten kommen. Für die schriftliche Ausfertigung werde sie etwa vier, fünf Monate brauchen, kündigte die Richterin in einem Interview mit der "ZiB2" des ORF an.

Fast alle Angeklagten legen Rechtsmittel ein
Nach Verhängung der neun Urteile haben alle Angeklagten außer dem Spekulanten Wolfgang Flöttl Rechtsmittel gegen die Strafen eingelegt. Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Der Anwalt von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, legte unter anderem Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen die Höhe der Strafe ein. Auch die anderen Anwälte meldeten Rechtsmittel an. Staatsanwalt Georg Krakow gab vorerst keine Erklärung ab. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig.

Keine Rechtsmittel gegen Elsner-Urteil von Krakow
Staatsanwalt Georg Krakow verzichtet auf Rechtsmittel gegen die Haftstrafe für Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner. Auch bei Johann Zwettler, Peter Nakowitz, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker werde die Anklage kein Rechtsmittel einlegen, sagte Krakow Freitagnachmittag gegenüber der APA.

Bei Günter Weninger, Christian Büttner und Robert Reiter legt die Staatsanwaltschaft Berufung gegen die Strafhöhe ein, beantragt also höhere Strafen. Bei Wolfgang Flöttl meldet der Staatsanwalt Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an. Flöttl sollte auch wegen der schiefgegangenen Millionenspekulationen mit den Unibonds bestraft werden, fordert Krakow.

Bei Elsner wird Vorhaft angerechnet
Bei Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner werden die Vorhaft und Untersuchungshaft angerechnet, verkündete Richterin Claudia Bandion-Ortner. Alle neun Angeklagten mit Ausnahme von Christian Büttner wurden zudem zu ungeteilter Hand zu einer Schadenswiedergutmachung an die BAWAG in Höhe von rund 67,6 Millionen Euro, Helmut Elsner, Johann Zwettler, Wolfgang Flöttl und Peter Nakowitz von zusätzlich rund 8,6 Millionen Euro verurteilt. Elsner muss zudem seine Pensionsabfindung in Höhe von 6,8 Millionen Euro an die BAWAG zurückzahlen. Für alle Verurteilten gab es zu einigen Anklagepunkten auch Freisprüche.

Keine Emotionen nach Urteilsverkündung
Elsners Ehefrau Ruth und Flöttls Ehefrau Anne Eisenhower verfolgten die Urteilsverkündung im Zuschauerraum. Bei den Angeklagten kam es nach der Verkündung der Urteile zu keinen Gefühlsausbrüchen oder Unmutsäußerungen.

Verfahren dauerte fast ein Jahr
Das größte Wirtschaftsverfahren der österreichischen Nachkriegsgeschichte hatte am 16. Juli 2007 begonnen und fast ein Jahr gedauert. Alle neun Angeklagten sind nun wegen Untreue bzw. Beihilfe dazu schuldig gesprochen worden, alle Beschuldigten außer Flöttl auch wegen Bilanzfälschung. Elsner ist auch wegen schweren Betrugs im Zusammenhang mit seiner Pensionsabfindung von 6,8 Millionen Euro verurteilt worden, wegen Betrugs durch Erhalt eines außerordentlichen Bilanzgelds von 0,6 Millionen Euro wurde er freigesprochen.

Die Privatbeteiligten Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB) und BAWAG PSK wurden vom Schöffengericht auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die Elsner zuzurechnende Gambit-Privatstiftung wurde zur Bezahlung von rund 5,087 Millionen Euro verurteilt, von weiteren Abschöpfungen sieht das Gericht ab.

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