Razzia in Mailand

Italiens Justiz nimmt Ratingriesen S&P ins Visier

Ausland
19.01.2012 14:00
Die italienische Justiz nimmt den US-Ratingriesen Standard & Poor's ins Visier. Die Steuerpolizei hat am Donnerstag den Mailänder Sitz von S&P durchsucht, berichteten italienische Medien. Der neue Chef der Agentur stellte sich indessen hinter die umstrittene Ratingkriterien des Unternehmens. S&P hatte vergangene Woche mit der Herabstufung von insgesamt neun Euro-Staaten, darunter auch Österreich und Italien, scharfe Kritik aus Europa auf sich gezogen.

Die Durchsuchung am Donnerstag wurde von der Staatsanwaltschaft der süditalienischen Stadt Trani angeordnet, die schon seit einigen Monaten gegen S&P sowie gegen die Ratingagentur Moody's wegen ungewöhnlichen Kursbewegungen an der Mailänder Börse ermittelt. Die Staatsanwaltschaft schaltete sich aufgrund von Anzeigen italienischer Konsumentenschutzverbände ein.

Kriminelle Machenschaften?
Untersucht wird laut Staatsanwaltschaft auch, ob hinter Kursstürzen im vergangenen Juli kriminelle Machenschaften stecken. Nachdem die Agentur im Mai 2011 mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens gedroht hatte, waren viele Anleger aus Angst vor einem Übergreifen der Schuldenkrise aus den Aktien geflüchtet.

Zudem wird auch die letzte Herabstufung von Italiens Kreditwürdigkeit, die die Ratingagentur am vergangenen Freitag bekannt gegeben hatte, unter die Lupe genommen. S&P und Moody's hatten betont, sich stets korrekt verhalten zu haben, und erklärten sich zur Zusammenarbeit mit den Staatsanwälten bereit.

Firmenchef verteidigt Kurs von S&P
Der neue Präsident von S&P, Doug Peterson, verteidigte indessen den Kurs seines Unternehmens. Das für die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Staaten zuständige Team sei ein "Team von hohem Niveau", sagte er am Mittwoch der Onlineausgabe der Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal".

Die Ende Juni 2011 eingeführten schärferen Regeln zur Bewertung der Kreditwürdigkeit von Staaten seien "die Basis unserer Analyse", sagte Peterson der Zeitung in seinem ersten Interview seit der Übernahme der Führung von S&P am 12. September. Fünf Wochen nach der Reform hatte das US-Unternehmen den USA die Bestnote bei der Kreditwürdigkeit entzogen. Vergangene Woche folgten Frankreich und Österreich (siehe Infobox).

Ratingagenturen im Kreuzfeuer der Kritik
S&P wird ebenso wie seinen Konkurrenten Fitch und Moody's vorgeworfen, bei der Bewertung der EU-Staaten deren Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung nicht ausreichend zu berücksichtigen. Der Zeitpunkt der Herabstufung kurz vor wichtigen EU-Treffen setzte sie zudem der Kritik aus, die Schuldenkrise zu verschärfen und die Probleme erst zu verursachen, vor denen sie warnt.

Eine schlechtere Einstufung bei der Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen bedeutet in der Regel, dass Staaten an den Finanzmärkten höhere Zinsen für die Aufnahme von Krediten zahlen müssen.

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