Alte Dame über Graf

Gertrud Meschar: “Ich bin jetzt eine arme Pensionistin”

Österreich
02.06.2012 17:50
Eine 90-Jährige bringt die FPÖ in Bedrängnis: Im Interview mit Conny Bischofberger spricht Gertrud Meschar über "den Herrn Graf", ihre ominöse Stiftung und warum die Viecherln alles hätten erben sollen.

Besuch bei der alten Dame: Frau Meschar hat Trzesniewski-Brötchen kommen lassen und Erdbeeren aus dem Burgenland gekauft. Das große Haus an der Alten Donau bewohnt sie mit drei Katzen namens "Mausi", "Macho" und "Susi". "Sie sind mir zugelaufen. Als ich noch besser gehen konnte, hatte ich auch Hunde. Die Edith Klinger hat sie mir vermittelt."

Den Tieren wollte Gertrud Meschar auch ihr Vermögen vererben. Doch seit sie mit dem Vorstandsvorsitzenden ihrer Privatstiftung – dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf - im Clinch liegt, sei das alles nicht mehr so sicher.

Zum blauen Twinset trägt sie Perlohrringe und eine Kette mit Amethysten, jeder einzelne ist in Gold gefasst. "Ist nicht echt, die Kette. Ich hab' sie im Donauzentrum erstanden." Die mit bunten Blüten bestickte Tischdecke liegt plattgedrückt unter einer Glasplatte. In den Bücherregalen des barocken Salons stehen Simmel, Konsalik und Crichton.

Die Zahlen und Fakten über die ungustiöse Stiftungs-Affäre hat die 90-Jährige alle im Kopf. Wenn sie überlegt, rollt sie ihre blau-grünen Augen. "Da oben ist noch alles in Ordnung", lacht sie, "nur mit den Gelenken ist es ein Jammer." Sie muss am Stock gehen. Trotzdem pflegt sie ihren Garten noch selbst. Sogar Gemüse baut sie an. "Die Gesundheit ist jetzt noch wichtiger", meint sie im Hinblick auf den bevorstehenden Prozess.

"Krone": Frau Meschar, warum wollten Sie Ihr Geld eigentlich in eineStiftung einbringen?
Gertrud Meschar: Ich bin kinderlos und habe auch sonst keine Verwandten. Nur zwei Cousins, die nicht viel jünger sind als ich. Ebenfalls kinderlos. Von einer Bekannten, die nicht wollte, dass ihr Adoptivsohn alles erbt - das war auch nicht wenig -, habe ich gehört, dass man eine Stiftung machen könnte...

"Krone": Wen wollten Sie begünstigen?
Meschar: Unter anderem meinen Tierarzt. Er war immer gut zu meinen Viecherln. Und Vereine, die mit Blinden- und Rettungshunden arbeiten. Die Stiftung sollte mich auch zu Lebzeiten gut versorgen.

"Krone": Experten halten ein Vermögen von ca. einer Million Euro für viel zu klein, um eine Stiftung zu errichten, weil das mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Hat Ihnen das niemand gesagt?
Meschar: Nein, leider... Auch nicht der Herr Graf. Wissen Sie, früher habe ich Herr Doktor Graf zu ihm gesagt. Jetzt verdient er das nicht mehr.

"Krone": Warum haben Sie ausgerechnet diesem Politiker vertraut?
Meschar: Weil er mir grad über den Weg gelaufen ist! – Lacht. – Herr Graf wohnt ja gleich da drüben. Ich muss ehrlich sagen, dass ich damals mit den Blauen sympathisiert habe. Und weil er ein Blauer war und zudem auch noch Rechtsanwalt, dachte ich: Ich frage ihn.

"Krone": Haben Sie auch FPÖ gewählt?
Meschar: Ich habe jahrzehntelang die ÖVP gewählt, aber dann bin ich auf den Haider umgestiegen. Er war einfach ehrlicher, was die Ausländer betrifft. Ich habe viele ausländische Freunde. Aber ich mag es nicht, wenn sich Ausländer hier einnisten und auf unsere Kosten leben. Gegen die Anständigen hab' ich gar nichts.

"Krone": Herrn Graf hielten Sie für anständig?
Meschar: Na, und ob. Er war mir am Anfang auch sympathisch. Ich habe wirklich sehr vertraut auf ihn. Drum haben wir dann die Stiftung gemacht. Mein Zweck war klar. Aber Herr Graf wollte da noch alles Mögliche reinnehmen. "Auch dieses Haus an der Alten Donau nehmen wir rein", hat er gesagt, "und die Augenheilkunde nehmen wir auch hinein."

"Krone": Warum haben Sie nicht protestiert?
Meschar: Ich konnte gar nichts mehr sagen, ich war ja so perplex. Haben Sie das Interview mit dem Herrn Graf in der ZiB 2 gesehen? Also wenn ein Armin Wolf bei dem kaum mehr zu Wort kommt, wie soll dann jemand wie ich ihm widersprechen? Er hat mich einfach überrumpelt mit allem.

"Krone": Glauben Sie, dass er Sie betrügen wollte? Er behauptet, das Stiftungsvermögen vermehrt zu haben.
Meschar: Entschuldigung, aber das soll er mir erstens einmal zeigen, und zweitens ist es für mich völlig irrelevant. Früher konnte ich auf die Bank gehen und von den Zinsen meiner Anlagen Geld abheben. Heute habe ich keinen Zugriff mehr auf mein Vermögen.

"Krone": Wie lange ging es gut?
Meschar: Die erste Zeit. Zwei, drei Mal pro Jahr ist er ins Haus gekommen auf einen Kaffee. Wir haben dann aber nie mehr über die Stiftung gesprochen, eigentlich immer nur politisiert.

"Krone": Woran ist die Beziehung dann zerbrochen?
Meschar: Zerbrochen ist alles, wie ereinenHausanteil in Döbling kaufen wollte. Ich habe ihm gesagt: Döbling ist ein teures Pflaster, und außerdem haben wir das Geld ja nicht. Weihnachten 2008 habe ich dann erfahren, dass er trotzdem etwas gekauft und sogar einen Kredit dafür aufgenommen hat. Da war ich fuchsteufelswild. Er hat einen Hausanteil gekauft, in dem seine Familie einen Gastronomiebetrieb betreibt. Das hat er nur für seinen Bruder gekauft, dem es ja finanziell nicht sehr rosig geht. Der sitzt jetzt gut, hat sein Restaurant in dem Haus, der war mir neun Monate Zins schuldig. Ich habe getobt. Aber Grafs Anwalt hat mir gesagt: Sie wissen doch, wer da in der Stiftung drin sitzt. Dass ein Graf zu Grunde geht, brauchen Sie nicht zu befürchten.

"Krone": Ärgern Sie sich nicht furchtbar, dass Ihnen das passiert ist?
Meschar: Doch. Ich bin ja Buchhalterin gewesen mein ganzes Leben lang. Also ich kenn mich ja mit Zahlen aus. Ich bin auch draufgekommen, dass in der Buchhaltung etwas nicht stimmt. Da waren Posten über 4.000 Euro Fachliteratur und 3.500 Euro Büromaterial. Ich habe den Herrn Graf darauf angesprochen. Er meinte nur: Da muss sich der Buchhalter geirrt haben.

"Krone": Kann so jemand Dritter Nationalratspräsident sein?
Meschar: Man würde glauben, dass ein so hochrangiger Politiker einen anständigen Charakter haben müsste. Als Stiftungsvorstand sollte er jedenfalls zurücktreten. Wenn es eine Gerechtigkeit gibt, dann kann dieser Herr nicht Recht bekommen. Aber vielleicht glaubt man einem Rechtsanwalt mehr als mir.

"Krone": Mit wie viel Geld leben Sie denn im Moment?
Meschar: Herr Graf hat mir am Anfang gesagt, ich würde 10.000 bis 12.000 Euro pro Jahr herausbekommen. Es sind aber nur ca. 5.000 gewesen. Und das ist einfach zu wenig. Ich möchte manchmal ins Theater gehen, mir ein Taxi nehmen, ich brauche bald eine Pflege. Sie sehen ja, wie ich gehe. Ich habe zum letzten Mal im Juli 2011 ein Geld von der Stiftung gesehen. Seither nichts mehr.

"Krone": Belastet das Ihre Gesundheit?
Meschar: Ich muss auf mich aufpassen. Deshalb ist der Ärger nicht so groß, dass mich gleich der Schlag trifft. Diesen Gefallen tu' ich ihm nicht. Aber ich bin traurig, dass alles weg ist.

"Krone": Aber alles ist ja nicht weg.
Meschar: Nein, ein paar Grundstücke sind noch da. Aber die Stiftung hat jetzt sogar einen Kredit, der zurückbezahlt werden muss! Ich bin jetzt keine Millionärin mehr, sondern eine arme Pensionistin.

"Krone": Wann hat Herr Graf Sie zuletzt kontaktiert?
Meschar: Im Juni 2010. Seither hab ich nix mehr von ihm gehört oder gesehen. Im Jänner bin ich 90 geworden. Er hat nicht einmal eine Karte geschrieben.

"Krone": Er sagte im Fernsehen, er habe Sie immer noch gern...
Meschar: Ja, ich kann mir gut vorstellen, wie gern er mich hat! Meinen ehemaligen Besitz hat er gern.

"Krone": Werden Sie noch FPÖ wählen?
Meschar: Nein, kommt doch gar nicht in Frage. Ich bin auch sehr enttäueiß gar nicht, ob ich überhaupt noch wählen werde jetzt.

"Krone": Vielleicht wieder die ÖVP?
Meschar: Vielleicht. Die ÖVP hatte schon auch tadellose Politiker: Figl, Raab. Auch der Herr Neisser ist ein sehr anständiger Mensch.

"Krone": Frau Meschar, Sie sind sehr mutig, das alles durchzuziehen. Haben Sie gar keine Angst?
Meschar: Eine Bekannte hat mich gewarnt - "Pass auf, Gertrud, sonst stessen's dich noch unter ein Auto." Ich nehme an, dass sie doch nicht so weit gehen werden, dass sie mir etwas antun.

Gertrud Meschars Geschichte:
Geboren am 24. Jänner 1922 in Wien. Gertrud Meschar arbeitet als Buchhalterin in einer Genossenschaft für Gutsbetriebe. Ihr Verlobter fällt im Krieg. Zufällig lernt Frau Meschar den FPÖ-Politiker Martin Graf kennen. Sie erkundigt sich bei dem Juristen über die Möglichkeit einer Privatstiftung. Ca. eine Million Euro (grösstenteils Immobilien, aber auch Wertpapiere) legt sie so für ihre Versorgung und die Nachwelt an. Im Juli 2011 hat sie nach eigenen Angaben das letzte Mal Geld von der Stiftung erhalten. Ein Abberufungsantrag beim Handelsgericht Wien gegen die drei Stiftungsvorstände und die Rechnungsprüfer ist seit Anfang November 2011 eingereicht.

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