"Krone"-Gespräch

Faymann warnt vor stürmischer Zeit in Euro-Zone

Österreich
14.07.2012 16:33
Bundeskanzler Werner Faymann macht derzeit Urlaub in Italien. Im Gespräch mit der "Krone" warnt der SPÖ-Chef vor stürmischen Monaten in der Euro-Zone und äußert sich zum ÖVP-Frontalangriff auf eine mögliche rot-grüne Koalition nach den nächsten Nationalratswahlen.

Der Meerblick wirkt beruhigend, das Mobiltelefon vibriert stumm, die üppige Milchschaumkrone auf dem Cappuccino sinkt langsam ein, und die Sonne steht noch auf Augenhöhe. Der Kanzler mag die Ruhe am Morgen mehr als den Rummel am Abend. Die Töchter ums Eck, und die Ehefrau kann auch nicht weit sein. Faymann macht erst zum zweiten Mal Urlaub im südlichen Italien. Früher immer nur Venedig, Venedig, Venedig. Bis es Martina, seiner Frau, gereicht hat. Ist ihm hier auch recht, sagt er, Hauptsache Italien.

Schluss mit dolce far niente
Nach diesen Ferien ist ohnehin lange Schluss mit dem dolce far niente. Von Gerüchten, dass die ÖVP es auf Neuwahlen im kommenden Frühjahr, etwas zeitversetzt mit den niederösterreichischen Landtagswahlen im März, angelegt haben will, hat Faymann zwar auch schon gehört, aber glauben kann das der SPÖ-Chef bei aller Hellhörigkeit nicht. Er könne sich nicht vorstellen, dass ÖVP-Chef Michael Spindelegger bei dieser schwierigen Lage in Europa so etwas vorhabe.

Auch den Frontalangriff aus der ÖVP-Zentrale gegen Rot-Grün wertet der Kanzler nicht als Indiz für einen Wahlkampfbeginn. Solche Sachen wären doch unter dem Niveau des geschätzten Herrn Vizekanzlers, meint Faymann. Selbst wenn es solche Pläne für vorzeitige Neuwahlen in irgendwelchen Schubladen gäbe, werde die Regierung schon bald ohnehin ganz andere Sorgen haben, glaubt Bundeskanzler Faymann.

Stürmische Zeiten in Euro-Zone
Er müsse jedenfalls davon ausgehen, dass der Euro-Zone stürmische Monate bevorstehen könnten. Er bereite sich jetzt auf eine solche Phase vor, und die Bevölkerung solle das auch wissen. Bei dieser Offenheit ist dem Kanzler möglicherweise die Affäre um Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker in böser Erinnerung. Juncker sagte 2011 nach einem aufgeflogenen Geheim-Treffen zur Griechen-Krise: "Wenn es ernst wird, muss man lügen."

Griechenland wird wohl auch diesmal wieder den Anfang im Euro-Zores-Karussell machen. Aber so oder so wolle man Griechenland nicht fallen lassen. Man müsse sich aber auf einen längeren Zeitraum einstellen, bis das Partnerland auf die Beine komme. Und bis es so weit sei, könne es noch ein Jahrzehnt dauern.

Österreich laut Faymann gut vorbereitet
Österreich sieht der Kanzler für erneute europäische Turbulenzen gut vorbereitet. Das möchte Faymann keinesfalls als Zweckoptimismus missverstanden wissen, sondern durch einen hohen Beschäftigungsgrad sowie starke Wirtschaftsbetriebe begründet. Die Krisenmaßnahmen der spanischen und vor allem italienischen Regierung - Faymanns neue beste Freunde in Europa - bewertet der Kanzler als ziemlich wirksam, neue Schwierigkeiten könne er allerdings nicht ausschließen.

Und zu ESM und Co. weiß der Bundeskanzler, dass er "mit der Klugheit im Nachhinein beim berühmten Leserbrief an die 'Krone' die Finanz- und Wirtschaftsschwierigkeiten in der Euro-Zone berücksichtigt hätte". Aber deshalb "jetzt jeden Einzelschritt einer Volksabstimmung zu unterziehen, wäre in der Situation nicht hilfreich". Wenn sich allerdings die EU-Verträge grundlegend ändern ("Das kann in drei, vier Jahren der Fall sein"), werde es freilich eine Volksabstimmung geben.

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