Stadthalle live

Black Sabbath: Starker Abgesang der Metal-Urväter

Musik
29.06.2016 01:12

Nach fast fünf Dekaden Musikgeschichte befinden sich die Erfinder des Heavy Metal, Black Sabbath, derzeit auf einer insgesamt 80 Termine fassenden Abschiedstournee namens "The End". Nach ihrem vielumjubelten Auftritt beim Nova Rock 2014 machten Ozzy und Co. Dienstagabend noch einmal in der restlos ausverkauften Wiener Stadthalle Station, um die Fans ein allerletztes Mal mit den größten Hits aus der Ozzy-Ära zu versorgen. Ein würdiger Abgesang einer wahren Legende.

(Bild: kmm)

Gründungsmitglied Bill Ward wurde nach seifenopernartigen Streitereien aus der offiziellen Reunions-Geschichte ausgeladen, Sänger Ozzy Osbourne liefert sich gerade wieder eine Ehe-Schlammschlaft mit Frau Sharon und Gitarrist Tony Iommi leidet seit einigen Jahren an einem heimtückischen Lymphdrüsenkrebs, der schlussendlich hauptverantwortlich für die große "The End"-Tour der britischen Heavy-Metal-Urväter Black Sabbath ist. Die einst böseste Band der Welt hatte schon mal wildere Zeiten, doch warum sollen Promi-Männern, die an ihrem 70er kratzen, nicht auch die Tücken des ganz normalen Alltags anheimfallen?

Metal-Zugpferd
Auf der Bühne, da sind die gesitteten Herren aus der industriellen Arbeiterstadt Birmingham aber ohnehin noch die "Hackler", die sich ganz in den Dienst ihrer Musik und ihrer Fans stellen. Zudem sind Black Sabbath offensichtlich die einzige Heavy-Metal-Band, welche die Wiener Stadthalle restlos zu füllen vermag. Rund 15.000 treue Anhänger würden wohl nicht einmal Iron Maiden mit einer Klassiker-Tour für sich versammeln können, den eigentlich überhaupt nicht satanischen Teufelsanbetern gelingt das scheinbar ohne gröbere Anstrengung.

Ozzy Osbourne, der Fürst der Finsternis, der "Prince Of Darkness", der in seinem 68. Lebensjahr bei den näheren Kameraaufnahmen eher wie ein automatisiertes Relikt aus einem Wachsfigurenkabinett wirkt, ist längst über den Status des Fledermauskopfabbeißers hinausgewachsen und wünscht den vielen Anwesenden ein ums andere Mal Gottes Segen, bekundet seine treue, immerwährende Liebe und verbeugt sich, demütig kniend, vor den Menschen, die ihn erst zu dieser schillernden Figur im Musikbusiness formten. Es ist eine Ironie des Schicksals, eine Fußnote, wie sie nur das Musikgeschäft schreiben kann, dass ausgerechnet eine der kokainsüchtigsten Bands der 70er-Jahre ohne durch einen Todesfall erzwungene Umbesetzung auf Abschiedstour gehen kann.

Würdig und recht
Es ist für einen solchen Anlass nur würdig und recht, mit dem allerersten Song der Bandgeschichte in das Set zu starten. "Black Sabbath", einst Bekreuzigungsbeschleuniger für geschockte Eltern und durch seine tiefen Gitarrentöne revolutionär im Rockgeschäft, leitet nach einem etwas bemüht wirkenden Kurzfilm als Intro in das skurril-kultige Geschehen. Tony Iommi pflegt immer noch so mühelos wie kein Zweiter das Saitenverschieben am Bund, Geezer Butler zupft die Basssaiten mit stoischer Vehemenz und der junge Drummer Tommy Clufetos, deutlich hörbar durch seine überdurchschnittliche Leistung zu einer Livekonstante erwachsen, schmettert einen wuchtigen Drumbeat nach den anderen durch die soundtechnisch dieses Mal gut eingestellte Halle.

Davor steht natürlich immer wieder Ozzy im Mittelpunkt, zweifellos eine der exzentrischsten Figuren, die das Unterhaltungsgeschäft jemals ans Tageslicht befördert hat. Am ganzen Körper die gewohnte schwarze Kleidung tragend, mit beneidenswert vollen und bis an die Spitze gefärbten Haaren torkelt er von einem Bühneneck ins andere, animiert die Fans zum Schreien, Jubeln, Winken und Grölen, schüttet dabei einen Kübel Wasser über die ersten Reihen im Wavebreaker und stammelt gewohnt unverständliche Sätze durchs Mikro, die sich vornehmlich um seinen Spaß an der Sache und die Liebe zu den Fans dreht.

Stimmliches Changieren
Gesanglich hatte Ozzy schon schlimmere Zeiten zu überstehen. Die markante Stimme bricht zwar immer wieder, wenn es mal intensiver ans Werk geht ("Black Sabbath", "Snowblind"), doch "After Forever", das legendäre "War Pigs" oder das absolute Abendhighlight, die intensiv dargebotene Version von "Into The Void", funktionieren tadellos. Die steten Mitklatsch-Spiele mit dem Publikum erinnerten erschreckend an die hierzulande erfolgreichen Schlagerfestivals, wenn er dann aber wieder den "Iron Man", das wohl schwermütigste und tiefliegendste Riff-Monster der Rockgeschichte, oder die mit Totenkopf-Videos begleiteten "Children Of The Grave" intoniert und auf lieben "Onkel Metal" macht, wird man sich doch wieder schnell gewahr, wie sehr man die Ursuppe aller harschen Stromgitarren fortan vermissen wird.

Auf das famose aktuelle Album "13" verzichten die Briten zugunsten der Legendenschau leider völlig, warum sich dafür aber das eher mediokre "Dirty Women" oder das gar zähflüssige "Hand Of Doom" in die Verabschiedungssetlist geschlichen haben, können nur die Bandmitglieder selbst beantworten. Dass Clufetos zu einem gelungenen, aber überlangen Drum-Solo genötigt wurde, sei der Altherrenriege verziehen - ohne die nötige Pause hätten Ozzy, Tony und Geezer wohl kaum zu diesem 100-Minuten-Stelldichein bitten können, das mit dem Jahrhundert-Hit "Paranoid" einen nicht besseren Abschluss hätte finden können.

Würdiges Ende
"The End", prangt es in Riesenlettern von der Videowall, die Band verbeugt sich und verschwindet für immer hinter den Vorhängen. Ozzy Osbourne, der wohl toxischste aller drogenumnebelten Musiker, hat sein Solocomeback längst angekündigt - beim Rest heißt es wohl tatsächlich "Lebewohl" zu sagen und all die Fragmente des Gesehenen und Gehörten möglichst kompakt und gut in Erinnerung zu behalten. Und fürwahr: Ein so würdiges und gelungenes Ende war bislang nur den wenigsten Topstars beschienen…

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