"Digitale Demenz"?

Internet macht nicht dick, dumm oder aggressiv

Web
02.04.2014 11:44
In Büchern wie "Digitale Demenz" von Manfred Spitzer wird über die schädlichen Auswirkungen von digitalen Medien berichtet und vor der Nutzung des Internets gewarnt. Medienpsychologen der Universität Koblenz-Landau zeigen nun jedoch anhand einer Studie, dass Spitzers Thesen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen wenig gemein haben.

Um populäre Behauptungen zu den schädlichen Auswirkungen von Internet und Co. möglichst objektiv mit dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand abzugleichen, suchten Markus Appel und Constanze Schreiner gezielt nach Meta-Analysen zum Thema digitale Medien. Meta-Analysen sind Studien, in denen vorliegende Befunde vieler Untersuchungen gemeinsam betrachtet werden, mit dem Ziel, einen durchschnittlichen Trend der wissenschaftlichen Ergebnisse zu ermitteln.

Laut Appel und Schreiner widersprechen die wissenschaftlichen Ergebnisse auf vielen Gebieten klar den Thesen zu den schädlichen Auswirkungen des Internets. Nach dem jetzigen Stand der Forschung führe vermehrte Internetnutzung im Mittel weder zu weniger sozialem Austausch noch zu weniger gesellschaftlich-politischem Engagement. Auch seien intensive Internetnutzer nicht einsamer als Wenignutzer.

Eltern fehlinformiert und fehlgeleitet
"Die alarmistischen Thesen von Spitzer und Co. haben wenig mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zu tun", so Medienpsychologe Appel. Den Studienautoren zufolge verschleiern die nicht sachgemäßen Thesen zu den Auswirkungen von Internetnutzung den Blick für die Herausforderungen, die mit einer Verbreitung von Computer und Internet im Alltag verbunden sind.

Appel befürchtet, dass nicht zuletzt Eltern und Lehrkräfte durch Bücher wie "Digitale Demenz" fehlinformiert und damit fehlgeleitet werden. "Wichtig erscheint mir, dass Erziehungspersonen die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen nicht von vornherein verteufeln, denn dann wird es schwer, ein kompetenter Gesprächspartner in Sachen Internet zu sein."

Neben den klaren Diskrepanzen mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand werden in der Studie auch Ergebnisse berichtet, in denen sich Spitzers Thesen und der wissenschaftliche Kenntnisstand überlappen. Diskutiert werden die Aspekte Wohlbefinden, Übergewicht und Aggressionen. Die Zusammenhänge fielen allerdings im Mittel eher schwach aus, sodass auch hier "kein Anlass für eine alarmistische Haltung" gegeben sei, so Appel.

Lerneffekt durch Computerspiele verstärkt
Im Hinblick auf das menschliche Lernen widerspricht die Befundlage wiederum den Thesen zur "Digitalen Demenz". Im Mittel sei der größte Wissenszuwachs zu verzeichnen, wenn Instruktionen Face-to-Face-Anteile und Computer- bzw. und Internetanteile enthielten, auch die Wirkungsstudien zum Lernen mit Computerspielen zeigten im Durchschnitt positive Effekte.

Nicht berücksichtigt haben Appel und Schreiner Mythen, über die keine bzw. keine meta-analytischen Erkenntnisse vorlagen. Dies betrifft beispielsweise die Vermutung, dass das routinemäßige Verwenden von Navigationssystemen zu einer schlechteren räumlichen Orientierung führt.

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