Fragen & Antworten

Wie und warum täuschte VW bei US-Abgastests?

Motor
25.09.2015 10:55
Knapp eine Woche, nachdem der Abgas-Skandal aus den USA über den Volkswagen-Konzern hereinbrach, herrscht immer noch Fassungslosigkeit: Was in aller Welt hat den größten Autobauer Europas zu den Manipulationen verleitet? Warum blieben die Täuschungen so lange unbemerkt? Und wieso flog am Ende dann doch alles auf? Fragen und Antworten zum Thema:
(Bild: kmm)

Welche Vorteile hatte VW durch den Schwindel?
Einhaltung von Abgas-Grenzwerten: Ohne das sogenannte Defeat Device - die spezielle Manipulations-Software zur Deaktivierung der Abgasreinigung im Normalbetrieb - würden die betroffenen Diesel-Wagen in den USA nicht zugelassen, weil ihr Schadstoff-Ausstoß zu hoch wäre. Fast ein Viertel der in den USA verkauften VW sind Diesel.

Mehr Power und Spritzigkeit: "Die Leistung des Autos verringert sich, wenn die Abgasreinigung arbeitet", erklärt der Anwalt Steve Berman, der bereits am Freitag eine Sammelklage gegen VW auf den Weg brachte. Es gibt auch Fahrer, die ihre Autos selbst durch den Ausbau der Gasreinigung zu mehr Spritzigkeit "tunen".

Senkung des Spritverbrauchs: Durch das Abschalten der Abgasreinigung kommt das Auto mit weniger Kraftstoff aus - ein wichtiger Kaufanreiz. Der Schwindel machte es möglich, die Wagen als "Clean Diesel" mit angeblich geringem Schadstoffausstoß, niedrigem Spritverbrauch und zugleich relativ viel Leistung anzubieten.

Wie konnte das "Defeat Device" die Abgastests austricksen?
Technikexperten gehen davon aus, dass die Software anhand von Steuerung und Gaspedal erkennen konnte, dass sich der Wagen in der Überprüfung befindet. Denn bei den offiziellen Emissionstests in den USA bewegten sich zwar die Räder - das Lenkrad aber nicht. Das sei wohl das Signal gewesen, die Abgasreinigung einzuschalten, sagte Anna Stefanopolou von der Universität Michigan dem US-Magazin "Wired".

Dachte man bei VW tatsächlich, damit durchzukommen?
Offenbar schon. Ob sich die beteiligten Ingenieure des enormen Risikos bewusst waren - Verstöße gegen das Klimaschutzgesetz können in den USA als Straftatbestand gewertet werden -, darüber kann nur spekuliert werden. Auf VW-Management-Ebene scheinen die Ermittlungen aber lange auf die leichte Schulter genommen worden zu sein.

Aus Dokumenten der kalifornischen Umweltschutzbehörde CARB geht hervor, dass VW bereits 2014 von Verdachtsfällen in Kenntnis gesetzt wurde. Später führte das Unternehmen sogar einen freiwilligen Rückruf der fast 500.000 betroffenen Fahrzeuge durch und meinte, das Problem gelöst zu haben. Die Regulierer ließen jedoch nicht locker und stießen weiter auf Ungereimtheiten.

Es gab laut CARB mehrere Treffen mit Konzernvertretern, in denen diese versuchten, die verdächtig hohen Abgaswerte auf technische Macken zu schieben. Erst nachdem die EPA drohte, die Zulassung der vor dem Verkaufsstart stehenden neuen VW-Modelle zu verweigern, soll das Unternehmen am 3. September zugegeben haben, seit 2009 manipuliert zu haben. Am 18. September machten die CARB und die US-Umweltbehörde EPA den Fall öffentlich.

Wieso flog das Ganze letztlich auf?
Durch einen Zufall, mit dem die US-Aufseher selbst gar nichts zu tun hatten. Jahrelang blieb der Software-Trick von ihnen unbemerkt. Erst 2013 wurden Forscher vom International Council on Clean Transportation (ICCT) stutzig, weil die Messwerte von VW-Diesel-Autos in Europa bei Tests von denen im Normalbetrieb abwichen. Die Gruppe tat sich mit Forschern der Universität von West Virginia zusammen, um Tests in den USA durchzuführen, wo die Abgasvorschriften strenger sind. Einen Schummelverdacht gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Untersucht wurden ein Jetta und ein Passat von VW sowie ein BMW X5. Die Ergebnisse waren ein Schock: Der tatsächliche Abgasausstoß des Jetta lag im Normalbetrieb um das 15- bis 35-Fache über dem US-Grenzwert, beim Passat um das 5- bis 20-Fache. Nur der BMW verhielt sich normal. Die Forscher informierten EPA und CARB, die eigene Untersuchungen einleiteten. Diese Ermittlungen führten dann zu dem Skandal, der VW-Chef Martin Winterkorn am Ende den Job kostete.

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(Bild: kmm)



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