Automatisches Urteil

Welchen Menschen soll das autonome Auto töten?

Motor
21.08.2014 11:54
Technisch gesehen stehen autonom fahrende Autos kurz vor der Serienreife. Noch aber gibt es rechtliche und nicht zuletzt auch moralische Probleme. Mit einem davon hat sich nun eine Umfrage unter Roboter-Ethikern beschäftigt. Mit – je nach Perspektive – erschreckenden Ergebnissen. Schließlich muss der Computer über Menschenleben entscheiden.
(Bild: kmm)

Als Fragestellung hatten die Experten des kanadischen Online-Portals "Open Roboethics Initiative" ein klassisches philosophisches Dilemma gewählt: Darf man ein Menschenleben opfern, um ein anderes zu retten? Das Szenario sieht wie folgt aus: Ein autonom fahrendes Auto mit einem Passagier – in diesem Fall der Befragte - fährt über eine kurvige Bergstraße und nähert sich einem Tunnel. Kurz bevor es in diesen einfährt, springt ein kleines Mädchen auf die Straße. Nun steht die Maschine vor der Wahl: Soll sie das Kind überfahren und so den Passagier retten? Oder weicht sie dem Mädchen aus und stürzt mit ihrem Insassen in die Tiefe?

Die Teilnehmer an der Umfrage äußerten sich überraschend eindeutig. 64 Prozent plädierten dafür weiterzufahren und das Kind zu überrollen. 36 Prozent würden ein Ausweichen und den eigenen Tod vorziehen. Die Antwort fiel den Teilnehmern offenbar überwiegend leicht. Sowohl die Vertreter der ersten als auch die der zweiten Option mussten zu jeweils rund 50 Prozent nach eigener Aussage nicht lange über ihre Wahl nachdenken. Ernsthafte moralische Schwierigkeiten bereitete sie nur rund einem Viertel der Befragten.

Was nach einem eher theoretischen Gedankenexperiment klingt, ist in Wahrheit ein grundlegendes Problem bei autonom fahrenden Autos und wird aktuell unter Wissenschaftlern, die sich mit künstlicher Intelligenz befassen, eifrig diskutiert. Dabei geht es neben der Art der Entscheidungsfindung vor allem darum, wer diese dem Fahrzeug einprogrammiert – Hersteller, Gesetzgeber oder Insasse. In der Umfrage sprechen sich 44 Prozent für den Insassen aus, 33 Prozent sehen den Staat in der Pflicht. Den Fahrzeughersteller nennen lediglich 12 Prozent.

Bei der Entscheidungsfindung der Maschine muss es gar nicht mal immer um Leben und Tod gehen. Auch in anderen Fällen muss eine Wahl getroffen werden. Wenn ein Unfall unvermeidlich ist, sollte man dann besser mit einem umweltfreundlichen Hybridauto oder einem Spritschlucker kollidieren? Lieber mit einem versicherten oder einem nicht-versicherten Fahrzeug? Mit dem Auto eines armen oder eines reichen Halters? Klar ist nur: Künftige Algorithmen müssen sich an irgendwelchen Kriterien orientieren, wenn die Wahl zwischen zwei ungünstigen Alternativen besteht. Und irgendjemand muss anschließend zur Verantwortung gezogen werden, sei es der Autohersteller oder der Insasse.

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(Bild: kmm)



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