Goldene Mittelklasse

Der neue 3er BMW holt sich die Champions League

Motor
24.11.2011 13:52
Der neue 3er BMW kommt am 11. Februar 2012 nicht nur einfach auf den Markt, nein, er tritt an, um sich die Champions League zu holen. Dabei ist er hinsichtlich Anspruch und Niveau mit dem Rekord-Fußballmeister aus seiner Heimatstadt auf einer Linie. Passend, dass er gerade in Barcelona präsentiert wurde, wo einer der wenigen echten Augenhöhe-Konkurrenten des FC Bayern sitzt.
(Bild: kmm)

Die sechste Generation der mit 12,5 Millionen verkauften Autos erfolgreichsten BMW-Baureihe setzt in dieser Klasse eine neue Benchmark in Sachen Fahrdynamik, Effizienz, Telematik und Komfort. Die Optik steht dem nicht nach. Während der Münchner Traditionsverein seinen holländischen Einfluss schon hinter sich hat, zeichnet für das Design des 3er BMW mit Adrian van Hooydonk bekanntlich ein Holländer verantwortlich. Und ihn wird man für seine Arbeit nicht vom Hof jagen.

Die geduckte Front macht den 3er zum großen Bruder des neuen 1ers, auch an den Z4 kann man sich erinnert fühlen (nicht zuletzt wegen der laaangen Motorhaube). Erstmals reichen die Scheinwerfer bis an die großen, jetzt plastisch herausgearbeiteten BMW-Nieren heran. Von der Leuchteneinheit verläuft eine Kante über Kotflügel und Schulter, die vor dem Hofmeisterknick verblasst, während hinter dem vorderen Radhaus eine zweite entsteht, die sich durch die Türgriffe bis in die Heckleuchten zieht.

3er BMW als "Raser-Kavalier"
Diese seitliche Linienführung soll den Charakter des Wagens ausmachen, sagt van Hooydonk, wie bei allen BMW-Limousinen. So steht der 7er für Luxus, der 5er für schnelles Fahren auf der "German Autobahn" – und der 3er für den Sprint, ausdrücklich auch von Ampel zu Ampel. Früher hieß das Kavaliersstart und sorgte eher für Naserümpfen bei den Umstehenden. Angesichts dessen diskutieren wir noch, ob der Ausdruck Raser-Kavalier oder Neurosen-Kavalier besser passt – oder ob wir uns ganz einfach über den dynamischen Auftritt freuen.

Das Münchner Volumenmodell ist auf 4,62 Meter gewachsen, 93 mm mehr Länge und 50 mm mehr Radstand tun den Insassen gut (hinten halten es auch Erwachsene aus), die breitere Spur (vorn + 37, hinten + 47 mm) dem Auftritt und dem Fahrverhalten. Auch der Kofferraum hat 20 Liter gewonnen und fasst jetzt 480 Liter. Die Überhänge bleiben knackig, das ganze Fahrzeug wirkt straff wie der Sixpack von Mario Gomez. Trotz Wachstum: Der neue ist dank Leichtbau bis zu 45 kg leichter als der 3er der fünften Generation.

Designschnickschnack in drei Linien
Erstmals im Dreier gibt es drei Designlinien (ähnlich wie beim Einser, aber anders): Die "Lines" heißen Modern, Luxury und Sport und drücken Interieur und Exterieur den entsprechenden Stempel auf. Dazu gehören jeweils spezielle Materialien, Farben und Alufelgen, auch die BMW-Niere erhält ein jeweils anderes Finish. Ein auffälliges Merkmal ist auch eine Kunststoffleiste mittig unterhalb des vorderen Lufteinlasses, sie ist bei der Luxury Line weiß, bei der Sport Line schwarz. Die Lines kann man mögen, muss aber nicht: Der 3er lässt sich auch ohne bestellen und ganz klassisch gestalten. Es gibt genügend Spielraum für Stoffe, Leder und neue Materialversionen wie grob strukturiertes Edelholz anstelle des konventionellen Hochglanzfurniers. Und das M-Sport-Paket wird's ja auch wieder geben.

Überhaupt ist der Innenraum sehr auf Wohlfühlen ausgelegt und wirkt fast durchgehend hochwertig. Kleinigkeiten wie z.B. das Handschuhfachschloss könnten aber durchaus noch eine Aufwertung vertragen. Das Armaturenbrett schmiegt sich wieder mehr um den Fahrer, das Display (von der gleichen Größe wie im 7er) auf der Mittelkonsole hat sich seines Guckkastens entledigt und steht als Flachbildschirm frei, es wirkt, als hätte es die Konsole in einer Falte zurückgeschoben, um sich Platz zu schaffen.

So mag man sitzen!
Die Sitzposition ist hervorragend, insbesondere weil sich das Lenkrad rekordverdächtig weit längsverstellen lässt. Das kommt einer aktiven Sitzposition, die eine aktive Fahrweise unterstützt, sehr entgegen. Und aktives Fahren ist das Metier des neuen Dreiers, dafür sorgen vor allem Motoren, Lenkung und Fahrwerk.

Letzteres hat zugleich an Verbindlichkeit und Komfort gewonnen, BMW malträtiert also nicht die Wirbelsäulen, damit der Wagen gut liegt, sondern hat das Fahrwerk subtiler verbessert. Auf Wunsch ist ein adaptives Fahrwerk erhältlich, ebenso stehen drei Lenkungsversionen zur Wahl.

Im Grenzbereich am Circuit de Catalunya
Seine dynamischen Qualitäten durfte der neue 3er – genauer gesagt ein 328i - auf der Formel-1-Rennstrecke von Barcelona unter Beweis stellen, im Regen, also auf nasser Strecke. Präzise ließ sich der Wagen durch die rutschigen Kurven manövrieren, die variable Sportlenkung gibt klares Feedback und vermittelt ein gutes Gefühl für das Auto und seine Fahrzustände, auch wenn das Heck "kommt". Die ausgewogene Gewichtsverteilung von annähernd 50:50 unterstützt den Fahrspaß. Das Fahrverhalten ist jederzeit berechenbar.

Das Stabilitätsprogramm DSC lässt sich zweistufig abschalten: Im Modus DTC arbeitet es eingeschränkt, im Modus "DSC off" gar nicht. Neu ist allerdings, dass auch im DSC-off-Modus die elektronische Differenzialsperre über Bremseneingriff aktiv ist, ohne die Motorleistung zu beschneiden. Trotzdem schaut das Auto auf den Fahrer: Das ABS ist natürlich aktiv, und die "Crashvorsorge" strafft regelmäßig den Sicherheitsgurt ("Active Protection").

Serienmäßig wird manuell durch sechs Gänge geschaltet, sehr zu empfehlen ist die - erstmals in dieser Klasse erhältliche - sanft, aber zügig schaltende Achtgangautomatik (von ZF). Dank Schaltpaddles ist sie auch problemlos sequentiell zu bedienen (rechts rauf, links runter), auch wenn man leicht den Überblick darüber verliert, welcher Gang gerade eingelegt ist. Aber erstens wird es im Display angezeigt, zweitens hört man, ob es der richtige ist bzw. wann man schalten muss.

Hypnose für einen besseren Spritverbrauch?
Serienmäßig ist der sogenannte Fahrerlebnisschalter, der die Modi Komfort, Sport, Sport plus und Eco Pro kennt. Je nach Ausstattung greift man damit in diverse Kennlinien ein, etwa Gaspedal, Lenkung, Fahrwerk und Sicherheitssysteme. Eco Pro sorgt durch besonders sparsame Auslegung, aber auch durch Eingriffe in Sitzheizung und Klimaanlage und Tipps für den Fahrer für ein besonders sparsames Fahren. Im Display wird die so herausgefahrene "Bonusreichweite" angezeigt, was wiederum umso mehr zum sparsamen Fahren animiert (bis zu 20 Prozent sollen drin sein). Die konzentrischen Kreise, die sich je nach Ausstattung im Tacho finden, schauen zwar irgendwie psychedelisch aus, beeinflussen den Fahrer aber nicht durch hypnotische Wirkung hinsichtlich der Fahrweise. Das wäre dann mal was richtig Neues gewesen!

Motoren: Alle stark, alle mit Start-Stopp
Zum Marktstart stehen je zwei Diesel- und Benzinmotoren zur Wahl. Einziger Sechszylinder ist der 335i. Der 3-Liter-Motor leistet 306 PS und entwickelt sein maximales Drehmoment von 400 Nm schon bei 1.200/min. (Normverbrauch 7,2 l/100 km mit Automatik, Handschalter 7,9 l). Sonst gibt es zum Start nur Vierzylinder, um des Downsizings willen. Der 328i ersetzt den 325i-Sechszylinder und schlägt ihn in Sachen Leistung und Verbrauch deutlich. Mit TwinScroll-Turboaufladung kommt der Zweilitermotor auf 245 PS und entwickelt volle Kraft schon im Drehzahlkeller, 350 Nm liegen von 1.250 bis 4.800/min. an. Einziges Manko: Vom Sound eines Sechszylinders ist der Motor so weit weg wie der FC Bayern vom Abstieg.

Dazu kommt ein Zweiliter-Turbo-Diesel in zwei Ausführungen: 320d und 320d EfficientDynamics Edition mit 184 bzw. 163 PS, beide bringen 380 Nm bei 1.750/min., wobei die 163-PS-Version mit nur 4,1 Liter im Normschnitt auskommt (sonst 0,4 Liter mehr). Nicht schlecht für einen nicht faden 1,4-Tonner, der den Sprint auf 100 km/h in acht Sekunden schafft. Im März folgen weitere Motorisierungen, etwa der 316d mit 116 PS. Alle Dreier sind mit Start-Stopp-Automatik ausgerüstet.

Im Herbst kommt der ActiveHybrid3 heraus, der mit einer Kombination aus Sechszylinder und Elektromotor eine Systemleistung von 340 PS realisiert und dabei im Schnitt nur 6,4 l/100 km verbraucht. Geplant sind für 2012 außerdem noch ein 330i sowie die schon klassischen Einstiegsmotorisierungen 316i und 318i. Auch ein M3 und ein Kombi namens Touring sind geplant. Allrad natürlich auch.

Wieder einer, he an der Oberklasse (Klimaautomatik, Lederlenkrad, Regensensor und Bremskraftrückgewinnung Serie), mit entsprechender Ambitioniertheit beim Abarbeiten der Aufpreisliste verschwimmen die Grenzen vollends. Mit dem Vollfarb-Head-up-Display etwa, mit dem Sichtpaket samt blendfreiem Fernlicht, mit Spurwechsel- und Spurverlassenswarnung, dazu Parkassistent, Surround View, aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion und Speed-Limit-Info inklusive Überholverbotsanzeige.

Abgerundet werden die Optionen durch die Dienste von BMW Connected Drive und BMW Online, die nicht nur das Internet ins Auto holen, sondern zum Beispiel mit Real-Time-Traffic-Information Verkehrsinformationen, die tatsächlich in Echtzeit geliefert werden. Am Display können aktuelle Leistungsdaten abgerufen werden (PS und Nm), außerdem kann man sich optional Nachrichten, Wetter oder E-Mails vorlesen lassen. Oder Fußballergebnisse.

Der Einstieg in den neuen 3er beginnt vorläufig bei 36.750 Euro für den 320d Efficient Dynamics-Edition, der 335i ist ab 49.550 zu haben. Ab März gibt's dann den 316d für 31.750 Euro.

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil er derzeit das Auto der Autos in der Mittelklasse ist. Audi A4 und Mercedes C-Klasse sind schon deutlich älter.
  • Weil man die Lines auch weglassen kann.

Warum nicht?

  • Kann eigentlich nur eine Preisfrage sein – oder man braucht ein ganz anderes Auto.

Oder vielleicht …

  • … Audi A4, Mercedes C-Klasse
  • … auf den M3 warten
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(Bild: kmm)



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