"Keine Hilfssheriffs"

Heimische Provider machen sich gegen ACTA stark

Web
02.03.2012 08:48
Der Verband der österreichischen Internet Service Provider (ISPA) spricht sich klar gegen das umstrittene Anti-Piraterie-Abkommen ACTA aus. "Wir wollen keine Hilfssheriffs sein", erklärte Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA, am Donnerstag. Er befürchtet, dass den Providern bei Inkrafttreten des Abkommens die Rolle einer "Netzpolizei" zufallen könnte. Solange die rechtliche Situation nicht klar abgedeckt sei, würden die Internet Service Provider aber nichts unternehmen, so Schubert.

Dem ISPA-Generalsekretär zufolge bekämpft ACTA als einzelstaatliche Vereinbarung nicht die Probleme mit Urheberrechtsverletzungen, sondern lediglich dessen Symptome. "Das Internet ist global, also muss auch eine globale, einheitliche Regelung für das Urheberrecht gefunden werden." Das derzeitige Urheberrecht sei veraltet und nicht "internetfit". Irgendjemand müsse den ersten Schritt setzen und nach einer neuen Lösung für dieses Problem suchen. Der Text des Abkommens sei zu unklar, die Auswirkungen auf die Internet-Provider seien schwer abschätzbar.

"Stiefmütterliche" Behandlung von Netzthemen durch Politik
Schubert kritisierte auch, dass die Politik sich zu wenig mit den neuen Entwicklungen der IT auseinandersetze. IT- und Netzthemen würden "stiefmütterlich" behandelt, in der Politik herrsche großer Aufklärungsbedarf. Das spiegle sich auch im ACTA-Abkommen wider. ACTA sei jedoch eine Chance, ein neues Urheberrecht zu finden. Das Interesse und die Reaktionen der Menschen würden zeigen, dass Energie da sein. Nun liege es an den Politikern, dieses Interesse in die "richtigen Bahnen, zu einer Reform des Urheberrechts" zu lenken.

Neues Urheberrecht muss "allen Beteiligten gerecht werden"
Dieses müsste, so Schubert abschließend, "allen Beteiligten gerecht werden: Nutzer sollen Angebote im Netz legal konsumieren können, Künstler eine faire Entlohnung bekommen und Anbieter und Vermittler nicht in die inakzeptable Rolle von Hilfssheriffs gedrängt werden".

EU-Handelskommissar nimmt ACTA weiter in Schutz
Unterdessen hat EU-Handelskommissar Karel De Gucht das umstrittene Abkommen erneut in Schutz genommen. ACTA sei keine "Attacke auf die Freiheit", sondern würde "Existenzgrundlagen verteidigen". Die von Kritikern geäußerten Bedenken, das Handelsabkommen könne Meinungsfreiheit im Internet beschränken, wies De Gucht abermals zurück.

"Ich habe gehört, dass ACTA Meinungsfreiheit einschränkt, dass es das Internet 'brechen' wird und dass sich kranke Menschen in Entwicklungsländern besonders hüten sollen", so De Gucht. Keiner dieser Punkte sei jedoch richtig. Der Handelskommissar spielte damit auf Experten an, die bemängelt hatten, dass ACTA Menschen in Entwicklungsländern den Zugang zu erschwinglichen Medikamenten erheblich erschweren könnte. Das Abkommen ordnet nämlich Generika der Produktpiraterie zu, wenn zum Beispiel das Etikett jenem des Originalprodukts zu ähnlich ist.

Lob für erstarktes politisches Interesse der Jugend
Gleichzeitig lobte De Gucht die internationalen Protestaktionen, denn diese würden ein wieder erstarktes politisches Interesse der Jugendlichen widerspiegeln, das bisher oft kritisiert wurde. "Wir mögen vielleicht nicht alles, was gesagt wird, wir haben vielleicht sogar ernsthafte Zweifel über die Methoden", so De Gucht in Anspielung auf zahlreiche Hackerangriffe von ACTA-Gegnern auf diverse Regierungsseiten. "Aber als Politiker ist es unsere Aufgabe, dieses Engagement (der Protestierenden, Anm.) zu erwidern", so De Gucht.

EuGH prüft Abkommen
Nach heftigen Protesten hatte die EU-Kommission vergangene Woche entschieden, ACTA vom Europäischen Gerichtshof überprüfen zu lassen. Dieser solle feststellen, ob das Abkommen mit bestehendem EU-Recht vereinbar ist. Auch das EU-Parlament will ACTA dem EuGH vorlegen. In Österreich wird das umstrittene Abkommen vorerst nicht ratifiziert. Man wolle abwarten, wie die Abgeordneten im EU-Parlament entscheiden.

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