Die Koalitionsregierung schafft es nicht, die nächsten Lockerungsschritte abgestimmt zu präsentieren. Der Bundeskanzler stellt das baldige Maskenende und weitergehende Lockerungen in Aussicht, der neue Gesundheitsminister widerspricht, mahnt zur Vorsicht. Umgehend rücken Ministerin Köstinger und Klubobmann Wöginger aus, um dem Gesundheitsminister zu vermitteln, wer in der Pandemiebekämpfung das Sagen hat. Es ist der Bundeskanzler. Da zählt beim Gesundheitsminister weder das Fachwissen als Arzt noch dessen ministerielle Zuständigkeit. Der Bundeskanzler gibt Lockerungsschritte vor, wieder einmal ohne Abstimmung mit den für die Umsetzung verantwortlichen Organisationen und Verantwortlichen. Die Bundesregierung ist wohl nur auf dem Papier eine politische Gemeinschaft. In der Koalitionsregierung herrschen ein harter Machtkampf und ein Wettlauf um ständige Medienpräsenz. Der bestens geschmierte Machtapparat der Kanzlerpartei achtet ministerielle Zuständigkeitsbereiche nur so weit, wie dies den eigenen Interessen und politischen Absichten dienlich ist. Der kleinere Partner hat zur Kenntnis zu nehmen, dass er nur jene Eigenständigkeit hat, die ihm der große Partner zugesteht. Es ist bemerkenswert, dass so unmittelbar nach dem Amtsantritt des neuen Gesundheitsministers der Bundeskanzler diesem zeigt, was er unter Teamgeist in der Regierung versteht. Er gibt vor, und alle haben sich danach zu richten. Egal, ob parteifremder Minister und sachkundiger Arzt, wenn es um das persönliche Image geht, kennt der Kanzler ebenso wie seine Publicity-Maschinerie keine Parteigrenzen oder ministerielle Zuständigkeiten. Das Einzige, was zählt, sind seine zu hebenden Umfragewerte, und um diese nach oben zu bringen, scheint wohl jedes Mittel recht.
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