Das freie Wort

Lügen nicht legalisieren

Der Vorsitzende des Ibiza- Untersuchungsausschusses und Präsident des Nationalrates Wolfgang Sobotka denkt laut darüber nach, dass Lügen bei der Befragung in Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen erlaubt ist und die Wahrheitspflicht entfällt. Die Antwort auf die sich daraus ergebende Frage, wozu dann überhaupt einen U-Ausschuss, bleibt er schuldig. Sobotka ist nicht ein einfacher Parteifunktionär, sondern bekleidet eines der höchsten Ämter in der Republik. Er steht als Präsident des Nationalrates an der Spitze des Parlamentes, das einen U-Ausschuss bildet, um im Namen des Volkes vermeintlich unsaubere politische Vorgänge zu klären. Sein Vorschlag ist nicht nur demokratiepolitisch höchst bedenklich, wird doch dadurch das Lügen, Aussageverweigern oder sich nicht mehr Erinnern legalisiert und der gesamte Ausschuss damit zur Lachnummer. Es mutet sonderbar an, dass ein von den gewählten Volksvertretern gebildetes Untersuchungsorgan nun ohne jede Konsequenz belogen und missachtet werden darf. Auch wenn Sobotka später seine Gedanken relativiert hat, ist es doch ein Zeichen, welches Rechtsverständnis der Präsident des Nationalrates hat, wenn er das Lügen und Täuschen als legales Mittel bei der Befragung von Zeugen vorschlägt. Über seinen zweiten Vorschlag, den Vorsitz im U-Ausschuss durch einen Richter führen zu lassen, kann man diskutieren. Jedoch stellt sich da auch die Frage, ob denn keiner der 183 gewählten Mandatare im Parlament in der Lage ist, den Vorsitz objektiv und zielorientiert zu führen. Statt dieser unmoralischen Vorschläge wäre es dringend erforderlich, darüber nachzudenken, wie künftig verhindert werden kann, dass die politischen Parteien die Untersuchungsausschüsse zur Politshow und zur Selbstdarstellung missbrauchen. Dafür muss und sollte sich Präsident Sobotka stark machen, er ist der Präsident jenes Nationalrates, der im Namen des Volkes über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses entscheidet.

Franz Peer, Linz

Erschienen am Fr, 30.4.2021

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