Herr Dr. Woltron hat von der politischen Klasse nicht die beste Meinung und ist damit nicht allein. Auch ich sehe da viel Schatten, aber auch Licht. Abgesehen davon, dass ein Anspruch der Demokratie darin besteht, dass ihre politischen Repräsentanten so sein sollten wie Menschen aus dem Volke. Dass das rhetorisch-intellektuelle Niveau unserer Parlamentarier nachgelassen hat, hängt auch mit unserem Bildungssystem zusammen. Ich erinnere mich – lang ist’s her – des Zwischenrufes aus dem Parlamentsplenum: „Kennen Sie Machiavelli?“ – „Nicht persönlich“, war die schlagfertige Antwort vom Rednerpodium. Hier drängt sich die Frage auf, was kann ein heutiger Grundschüler mit dem Namen Machiavelli anfangen? Also Hasserregung kann ich in den parlamentarischen Redebeiträgen nicht feststellen – heute; das war nicht immer so. Künstliche Erregung wohl, aber das gehört zur Politik, so wie Machtgier. Das Wort klingt übrigens schlimmer, als es ist, denn das Drängen zur Macht ist Politik – und nicht nur hohe, sondern auch im privaten Bereich. Wenn es allerdings kriminell wird, ist die Justiz zuständig. Die wird jedoch politisch geführt – womit sich die Katze in den Schwanz beißt. Auch rechtskräftige Urteile müssen kein politisches/gesellschaftliches Aus sein; der Artikel stellt das (ohne Namensnennung, aber kenntlich) dar. Ob die aktuellen Fälle zu juristischen Ergebnissen führen werden, wird sich zeigen, moralisch-gesellschaftlich (siehe Beispiel) müssen die Protagonisten damit nicht am Ende sein.
Jürgen Jauch, Linz
Erschienen am Di, 2.3.2021
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