Menschengerichtshof

Kein Internet für Häftling: Litauen verurteilt

Web
18.01.2017 08:32

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Litauen wegen der Weigerung der Gefängnisbehörden verurteilt, einem Häftling Internetzugang zu gewähren - allerdings nur in einem speziellen Fall. Eine generelle Pflicht, Gefängnisinsassen einen Internetzugang zu ermöglichen, begründete das Urteil aus Straßburg am Dienstag nicht.

Der Mann wollte 2006 vom Bildungsministerium wissen, welche Studienmöglichkeiten es für ihn gibt. Daraufhin hatte er die Antwort bekommen, dass er dies online nachlesen könne. Aus Sicherheitsgründen war dem Häftling aber der Internetzugang verwehrt worden.

Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt dies einen Verstoß gegen die Informationsfreiheit dar. Informationen zu Bildungszwecken müssten nach litauischem Recht gewährt werden, zudem habe das Ministerium selbst auf die entsprechende Website verwiesen. Dem Gefangenen stehe in diesem Fall deshalb eine Entschädigung für den erlittenen "immateriellen Schaden" zu, heißt es in dem Urteil.

Situation in Österreich
Ein genereller Anspruch auf Internet hinter Gittern besteht jedoch nicht - auch hierzulande nicht. "In Österreich wird in jedem Einzelfall genau geprüft, ob und wie einem Häftling Zugang zum Internet gewährt wird", erklärt Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizministeriums. Entscheidend sei dabei der Vollzugsstatus. In der U-Haft sei ein Internetzugang "natürlich völlig undenkbar". Im Normalvollzug gebe es aus Sicherheitsgründen keinen allgemeinen Internetzugang. Gefängnisinsassen können jedoch um einen solchen ansuchen und unter bestimmten Voraussetzungen wird die Nutzung des Internets gewährt.

"Es kommt auf die Vollzugsform an, in der der Häftling sich befindet, und eine gute Begründung sollte man schon haben, etwa zu Ausbildungszwecken. Wenn sich jemand darum bemüht und um Genehmigung ansucht, wird sein Fall beurteilt und unter bestimmten Voraussetzungen darf er dann beispielsweise einen geprüften Computer unter Aufsicht verwenden. Den muss er nach der Benützung wieder abgeben", erläutert Tichy-Martin die derzeitige Situation. Nicht für alle sei alles möglich.

Oft würden aber die Bedingungen erfüllt und derartige Genehmigungen erteilt. Bei Freigängern, die etwa im Rahmen eines Studiums die Universität besuchen, gebe es natürlich wieder andere Möglichkeiten. So dürfen diese - überprüfte - Mobiltelefone verwenden und per E-Mail kommunizieren.

"Offenen Internetzugang können wir nicht genehmigen"
"Wir haben den Abschließungsgrundsatz vor der Außenwelt, offenen Internetzugang können wir nicht genehmigen. Im Bereich Fernstudien geht es ohne Internet nicht, aber nur unter Aufsicht", erläuterte Strafvollzugssprecher General Josef Schmoll. Sogar den Europäischen Computerführerschein können Insassen von Strafvollzugsanstalten absolvieren - dabei seien die IP-Adressen aber streng limitiert.

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