"Träumer"

Danzer: Nur wer Angst hat vorm Wasser, ertrinkt

Musik
13.09.2006 20:38
Georg Danzer hat ein neues Album! Das, und nur das würde der Liedermacher zurzeit gerne über sich lesen. Doch Georg Danzer hat Lungenkrebs. Und er wusste, er muss diese Tatsache selbst zum Thema machen, bevor sie irgendwer zu einem billigen Klatschthema für eine vermeintlich gelungene Schlagzeile hernimmt. Mit der „Krone“ sprach er über sein neues Werk „Träumer“, die Krankheit, sein glückliches Leben und die Träume über die Zukunft.
(Bild: kmm)

„Ich bin kein Freund davon, meine persönlichen Befindlichkeiten in der Öffentlichkeit breit zu treten, weil ich das für eitel und peinlich halte.“ Und dennoch hat er sich durchgerungen, es zu tun. „Ich habe mich im ,Profil’ geoutet, weil ich wusste, irgendwann schreibt wer darüber. Irgendwann fotografiert mich einer mit seinem Handy, wenn ich aus der Röntgenstation komme, und schickt es an eine Zeitung und für die ist es dann a super Gschicht. Ich wollte vermeiden, gegen meinen Willen bloßgestellt zu werden. Ich möchte auch nicht in Talk-Shows mit dem Motto ,Der mit dem Krebs tanzt’ vorgeführt werden. Und das Letzte, was ich will, ist bemitleidet werden.“ 

Georg Danzer will über sein neues Album „Träumer“ sprechen - ein ruhiges, nachdenkliches Werk, das wie von selbst immer wieder zu dem einen Thema zurückführt, über das er nicht nachdenken will. Auf „Träumer“ zieht Danzer Resümee über sein Leben, das Sterben und der Tod ziehen sich wie ein dunkler Faden durch die Lieder, mal ironisch-morbid, wie man es von Danzer kennt, mal sanft und leise. Geschrieben hat er die Songs lange vor der Diagnose, eigentlich im Hinblick auf seinen 60er am 7. Oktober. „Ich will nicht damit kokettieren, dass ich eine Vorahnung hatte. Ich hab’s überhaupt nicht geahnt. Nur bei den Aufnahmen habe ich gemerkt, dass ich mich sehr konzentrieren musste. Es war im Juli, und ich hab irrsinnig geschwitzt in dem Aufnahmekammerl. Irgendwie habe ich g’spürt, dass mein Körper deutliche Signale einer gewissen Beanspruchung zeigt, die ich auf die Hitze und die intensive Arbeit zurückgeführt habe. Damals hab ich mir gedacht, du strengst dich halt sehr an, aber das ist überschaubar. Bald geht’s auf Tour mit Austria 3, des wird lustig, wie a Sommerurlaub mit Musiziergelegenheit. Und dann Ende Juli kam diese Diagnose, da denkt ma dann scho wieder anders...“, erzählt er. 

„Aber ich habe schon in den 70ern Lieder über das Sterben geschrieben, hab mich immer mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass man ein Ablaufdatum hat. Je jünger man ist, umso leichter schreibt man über den Tod. Je älter man wird, umso mehr hat man sich mit dem Leben verklebt und löst sich nur schwer davon.“ Und so ist es vielleicht leichter, sich mit dem nötigen Quentchen Ironie diesem ernsten Thema zu widmen. „Zum Beispiel im Lied ,Mei Aschen’ gehts darum, wenn ich mal stirb, dann will ich verbrannt werden und net mit mei’m Körper die Umwelt verschmutzen, sondern als Rauch zu den Sternen aufsteigen. Das ist ein witziger Song, der könnt genauso von Hermann Leopoldi sein, in guter Wiener Tradition. Das Lied hat nichts mit meiner momentanen Situation zu tun. Ich geh davon aus, dass ich in spätestens zwei Jahren die Krankheit überwunden habe, und die Chancen dafür schauen gut aus.“ 

Georg Danzer ist ein Träumer, wie er auf seinem neuen Album singt, einer, der in die Zukunft blickt und noch viel vorhat. Den keine Diagnose verzweifeln lässt. „Verzweiflung ist eine Kategorie, die ich für mich in meinem ganzen Leben nicht in Anspruch nehmen konnte. Wenn ich mir überleg, da geht einer ins Krankenhaus, und ihm wird das falsche Bein amputiert, und dann ist das andre a no weg, das ist ein Grund zum Verzweifeln. Aber mir ist es mein ganzes Leben wirklich guat gangen: Ich bin nach dem Krieg auf die Welt gekommen, bin im Wirtschaftswunder aufgewachsen, hab Erfolg gehabt, bin immer geliebt worden. Ich hatte teilweise schon ein ziemlich wildes Leben, wo i ma sag: Sei froh, dass du überhaupt no lebst. Andere san mit 30 abbankerlt." 

Und so macht Danzer weiter das, was er wirklich gut kann. Seine Herbst-Tournee hat er nicht abgesagt. „Warum soll ich etwas absagen, was mir nützlich ist. Auf der Bühne fühl i mi wohl, des ist wie ein therapeutischer Aspekt.“ Und er bleibt ein positiver Träumer: „Ich werde ja gebraucht, ich hab eine Familie, vier Kinder, zwei Enkerln. Ich bin nicht unersetzlich, aber ich kann noch viele positive Dinge tun.“ – „Ich hatte immer das Gefühl, ich hab einen Verbündeten im All, es gibt irgendwas da draußen, das es gut mit mir meint. Ich hab mein Leben so gelebt wie aner, der sich aufs Wasser legt und merkt, es trägt mi. Nur Menschen, die Angst vorm Wasser haben, ertrinken. Jemand, der vertraut, geht nicht unter. Darauf vertrau ich jetzt auch. Ich lass mich tragen“ 

9 von 10 Träumern

Franziska Trost, KronenZeitung

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