Besuch bei Orban

Kern: “Neues Kapitel”, aber Asylblockade bleibt

Österreich
26.07.2016 16:14

Der Antrittsbesuch von Bundeskanzler Christian Kern bei seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban hat in der Flüchtlingsfrage wenig greifbare Ergebnisse gebracht. Hauptsächlich sei es darum gegangen, ein "neues Kapitel" in den bilateralen Beziehungen aufzuschlagen, sagten beide Regierungschefs nach ihrem Treffen in Budapest am Dienstag in Anspielung auf die Spannungen der vergangenen Monate. Lediglich bei der österreichischen Beteiligung am Schutz der ungarisch-serbischen Grenze wurde fixiert, dass diese "sehr bald" beginnen solle, wie Kern sagte.

Es werde auch über eine Ausweitung nachgedacht, insbesondere eine Einbeziehung des Bundesheeres. Hier kann sich Kern etwa humanitäre oder sanitäre Tätigkeiten bzw. Pionierleistungen wie Straßenbau vorstellen. Derzeit ist geplant, mit 20 Polizeibeamten auszuhelfen. Außerdem seien beide Seiten übereingekommen, Hilfsorganisationen einzubeziehen. Kern hatte in Vorfeld unterstrichen, dass diese Unterstützung Österreichs an der ungarisch-serbischen Grenze im Einklang mit der Menschenrechtskonvention erfolgen müsse.

Orban: "Serbische Grenze luftdicht verschlossen"
Der ungarische Premier zeigte sich zufrieden mit den derzeitigen Maßnahmen an der serbischen Grenze, wo 8000 Soldaten und Polizisten im Einsatz seien. Die Grenze sei "luftdicht verschlossen", niemand könne illegal nach Ungarn einreisen. Gleichzeitig kritisierte Orban die EU-Kommission heftig: Da diese die geschlossenen Lager für Asylwerber verboten habe, würden sich viele Flüchtlinge kurz nach ihrem Asylantrag aus Ungarn absetzen. Das sei auch der Grund, dass weiterhin rund 200 Migranten pro Woche aus Ungarn nach Österreich kommen, so Orban. Ungarn habe nach derzeitigem Recht keine Mittel, diese Menschen bei sich zu behalten.

Kern hofft auf eine Stabilisierung bzw. einen Rückgang der Flüchtlingszahlen durch Maßnahmen wie die österreichische Beteiligung am ungarischen Grenzschutz. Bis spätestens Anfang September werde man sehen, welche Ergebnisse diese brächten.

Streit um Rückführungen nach Ungarn geht weiter
Ein schwieriges Thema, bei dem es auch diesmal keine Bewegung gab, ist die Rückführung von Dublin-Fällen nach Ungarn. Jenes EU-Land, das ein Flüchtling erstmals betreten hat, wäre nach der Dublin-Vereinbarung verpflichtet, dessen Asylverfahren durchzuführen. Budapest weigert sich jedoch, die Dublin-Fälle aus Österreich zurückzunehmen, da nach ungarischer Auffassung diese alle erstmals in Griechenland EU-Boden betreten haben und daher Ungarn gar nicht für sie zuständig sei.

Nach Griechenland dürfen derzeit allerdings keine Rückführungen stattfinden. Von österreichischer Seite muss außerdem aufgrund von Entscheiden des Verwaltungsgerichtshofs bei Rückführungen nach Ungarn jeweils eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden, was Abschiebungen in größerer Zahl ebenfalls erschweren würde.

Bürger aus Westbalkanstaaten akzeptiert
Orban versicherte allerdings, dass sein Land bereit sei, Bürger von Westbalkanstaaten zurückzunehmen und diese dann umgehend in ihre Herkunftsländer zu überführen. Kern zeigte Verständnis dafür, dass Ungarn keine Schritte setze, solange das Verfahren um die Dublin-Rücknahmen vor dem Europäischen Gerichtshof laufe.

Derzeit lässt Budapest pro Tag 30 Flüchtlinge an der serbischen Grenze in sogenannte Transitzonen, wo diese einen Asylantrag stellen können. Auf der serbischen Seite warten nach Angaben des UNO-Flüchtlingshochkommissariats derzeit rund 1400 Personen auf die Weiterreise in die EU.

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