"Teuer wie die Hypo"

Das große Tauziehen um die nächste Pensionsreform

Wirtschaft
20.02.2016 08:18

Im Jahr 1970 betrug die durchschnittliche Pensionsbezugsdauer acht Jahre, das Antrittsalter war in der Regel 62. Heute lebt man elf Jahre länger und geht in der Realität früher in den Ruhestand (Schnitt: 59), bezieht also 22 Jahre lang eine Pension vom Staat. Daher kommt es immer wieder zu einem Tauziehen um die nächste Pensionsreform.

Die Großzügigkeit bei den Pensionen kommt jedenfalls teuer. "Das Stopfen der Löcher im staatlichen Pensionssystem kostet derzeit 10,4 Milliarden Euro, so viel wie eine Hypo Alpe Adria, im Jahr", zieht Pensionsexperte Franz Schellhorn vom Thinktank Agenda Austria einen drastischen Vergleich. Zählt man noch die Ausgaben für die Beamtenpensionen des Bundes dazu, kommt man schnell auf eine Zahl jenseits der 20 Milliarden Euro, die jedes Jahr steigt (siehe Grafik).

Üblicher ideologischer Hahnenkampf
Da ab 2020 die "Babyboom-Generation" ins Pensionsalter kommt, wird das Ganze noch teurer werden. Schellhorn: "Fast die gesamten Lohnsteuereinnahmen gehen nur für das staatliche Pensionssystem drauf." Wenn man das alles verharmlosen will, wird gerne argumentiert, dass die Ausgaben im ASVG bis 2019 "nur" um 0,5 Prozent unserer Wirtschaftsleistung steigen. In absoluten Zahlen sprechen wir von Mehrkosten in Milliardenhöhe.

In Wahrheit wissen sowohl SPÖ als auch ÖVP, dass die nächste Reform kommen muss. Doch vor dem Regierungsgipfel Ende Februar tobt der übliche ideologische Hahnenkampf. "Es geht darum, dass man in Zukunft länger arbeiten muss, um die gleiche Pensionsleistung zu bekommen", erklärt Schellhorn, "manche sehen darin eine Kürzung, aber anders geht's nicht."

Automatische Anpassungen gefordert
Ein Schlüssel sind für ihn die Ab- bzw. Zuschläge, wenn man früher oder später geht. "Das gesetzliche Pensionsantrittsalter müsste man erhöhen, damit die Abschläge länger wirken und somit Anreize bieten, länger im Erwerbsprozess zu bleiben." Schellhorn tritt für eine automatische Anpassung an die steigende Lebenserwartung ein. Natürlich müsste man sicherstellen, dass Firmen Ältere entsprechend länger weiterbeschäftigen.

Wenig halten Schellhorn und andere Experten von der jüngsten ÖVP-Idee, die Guthaben auf dem Pensionskonto geringer zu verzinsen und so Auszahlungen zu kürzen. Eine Schnapsidee sei auch die SPÖ-Variante, Pensionen über neue Vermögenssteuern zu finanzieren.

Frauen bleiben "fünf beste Einkommensjahre vorenthalten"
Ein Streitpunkt bleibt die erst ab 2024 beginnende Angleichung des Antrittsalters der Frauen (60) an das der Männer (65). Da man bei uns kurz vor der Pension am meisten verdient, werden den Frauen derzeit so "die besten fünf Einkommensjahre vorenthalten", so Schellhorn. Hier stehen manche auf der Bremse, weil man fürchtet, dass ein längeres Arbeiten der Frauen zu noch mehr "Angebot" auf dem ohnedies überlasteten Arbeitsmarkt führt.

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