Fall Leonie

Auch späte Behandlung nicht für Tod verantwortlich

Österreich
22.09.2015 17:15
Im Fall Leonie - die Zweijährige war im Oktober 2014 mit schweren Brandwunden am Rücken ins Wiener SMZ Ost eingeliefert worden, wo sie nach zwei Wochen intensivmedizinischer Behandlung starb - liegt nun das von der Justiz in Auftrag gegebene gerichtsmedizinische Ergänzungsgutachten vor. Auch die verspätete Spitalsbehandlung war demnach nicht kausal für das Ableben des Kleinkinds verantwortlich.

"Ein Einfluss des verzögerten Behandlungsbeginns auf den Todeseintritt ist nicht nachweisbar", lautet der Kernsatz der Expertise, die im Rahmen der gegen Leonies Vater gerichteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eingeholt wurde. Der 26-Jährige war ursprünglich verdächtigt worden, das Kind im Zug einer erzieherischen Maßnahme mit heißem Wasser abgeduscht zu haben. Bei den Erhebungen stellte sich dann aber heraus, dass der Warmwasser-Boiler in der Wohnung in Wien-Floridsdorf defekt war. Die Temperatur ließ sich nicht verstellen, der Boiler erhitzte das Wasser durchgehend auf 72 Grad.

In einem ersten Gutachten kam der Gerichtsmediziner zum Schluss, dass das Mädchen nur kurz mit heißem Wasser abgeduscht wurde und ein Zusammenhang zwischen den erlittenen Verbrühungen und dem Ableben des Mädchens "nicht erweisbar" sei. Leonies Verletzungen seien ihrer allgemeinen Art nach nicht lebensbedrohlich gewesen.

Zunächst keine Anzeichen für Lebergewebsschädigung
Die Strafverfolgungsbehörden wollten daraufhin vom Sachverständigen Wolfgang Denk wissen, ob dem Vater der Tod des Mädchens insofern zum Vorwurf gemacht werden kann, als dieser das Kind nicht sogleich ins Spital brachte und damit keine unverzügliche notärztliche Behandlung ermöglichte. Auch das war nicht nachweisbar. Das Mädchen habe sich in den ersten Tagen im Krankenhaus in einem stabilen Zustand befunden und keine Anzeichen einer toxischen Lebergewebsschädigung gezeigt, die nach Ansicht des Mediziners den Tod bewirkte, heißt es im Ergänzungsgutachten.

Die Kleine war nach ihrer Einlieferung ins Spital mit einer ganzen Reihe von gängigen Schmerzmitteln - darunter Paracetamol - und Opiaten behandelt worden, die sich nachhaltig auf die infolge der erlittenen Verbrühungen bereits angegriffenen Organe ausgewirkt haben dürften. Im Zusammenhang damit betont der Gerichtsmediziner, dass aus seiner Warte kein ärztlicher Behandlungsfehler vorlag. Die Ärzte im SMZ Ost hätten ihr Möglichstes unternommen, um das Leben der Zweijährigen zu retten. Eine Medikamentenunverträglichkeit bzw. die Folgen für die vorgeschädigte Leber wären zum Behandlungszeitpunkt für sie nicht absehbar gewesen.

"Das Ganze ist eine tragische Geschichte"
Der Wiener Strafverteidiger Roland Friis, der den Vater der Kleinen vertritt, sieht mit dem Ergänzungsgutachten seinen Mandanten weiter entlastet. "Das Ganze ist eine tragische Geschichte, die auf eine Kombination von mehreren unglücklichen Faktoren zurückzuführen ist", meinte er am Dienstag. Fest stehe nun jedenfalls, "dass die verspätete Einlieferung ins Spital aus strafrechtlicher Sicht keine Auswirkungen hatte". Der Vater habe das Mädchen zunächst zuhause mit herkömmlichen Methoden gegen Brandverletzungen behandelt und geglaubt, damit das Auslangen finden zu können.

Die Staatsanwaltschaft muss jetzt auf Basis des zusammengetragenen Beweismaterials entscheiden, wie sie in dem Fall weiter vorgeht. Der 26-Jährige, der nie in U-Haft kam, hat sich in Bezug auf die Wohnung, in der Leonies Mutter mit ihren zwei anderen Kindern lebt, derzeit an ein Betretungsverbot zu halten.

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