England, USA, BRD

Verschlüsselung ist der Politik ein Dorn im Auge

Web
21.01.2015 12:35
Als der britische Premier David Cameron vor einigen Tagen mit der Forderung an die Öffentlichkeit trat, Hintertüren für Geheimdienste in verschlüsselte Kommunikations-Tools einzubauen oder Verschlüsselung gleich zu verbieten, reagierten Datenschützer mit einem Aufschrei. Doch Cameron scheint nicht der einzige Politiker zu sein, der so denkt. Mittlerweile haben auch US-Präsident Barack Obama und der deutsche Innenminister Thomas de Maizière ein Ende der Verschlüsselung gefordert.

Kommunikations-Tools wie WhatsApp oder Telegram, die ihren Nutzern die Möglichkeit bieten, verschlüsselt mit ihrem Gegenüber zu kommunizieren, sind nach den Terroranschlägen von Paris ins Visier der Politik geraten. Vergangene Woche hat Englands Premier David Cameron die Betreiber der Dienste vor die Wahl gestellt: Entweder Hintertüren für den britischen Geheimdienst einbauen oder ein Verbot der genannten Apps riskieren.

Obama und de Maizière unterstützen Cameron
Wie sich nun zeigt, ist Cameron allerdings beileibe nicht der einzige Politiker, dem Verschlüsselung ein Dorn im Auge ist. Kurz nach Cameron äußerte sich einem "Heise"-Bericht zufolge auch US-Präsident Barack Obama zu dem Thema. Seine Forderung: Die Unternehmen im Silicon Valley müssten den US-Ermittlern helfen, auch verschlüsselte Kommunikation abhören zu können. Immerhin seien die angesprochenen Firmen "Patrioten".

Und kurz nach Obama stimmt dem IT-Portal zufolge nun auch der deutsche Innenminister Thomas de Maizière in den Tenor zur Abschaffung der Verschlüsselung ein. Der habe kürzlich bei einer Konferenz zum Thema Cybersicherheit im französischen Lille gefordert, dass auch deutsche Sicherheitsbehörden dazu befähigt werden müssten, "verschlüsselte Kommunikation zu entschlüsseln oder zu umgehen". Bei der gleichen Konferenz forderte auch Frankreichs Innenminister mehr Befugnisse für die europäischen Geheimdienste.

Verschlüsselung seit Snowden-Enthüllung populär
Dass sich ranghohe Politiker Englands, der USA und Deutschlands mittlerweile gegen Verschlüsselung aussprechen, spricht dafür, dass Verschlüsselung Geheimdienste wirksamer an ihrer Spionagetätigkeit hindert als vielfach angenommen. Der Trend zur verschlüsselten Kommunikation nahm seinen Anfang, nachdem der Ex-US-Geheimdienstler Edward Snowden publik gemacht hatte, in welch gewaltigem Ausmaß angelsächsische Geheimdienste die weltweite Kommunikation abhören.

Viele IT-Firmen – auch zahlreiche aus den USA – kündigten nach den Enthüllungen an, ihre Dienste durch Verschlüsselung besser vor geheimdienstlicher Spionage schützen zu wollen. Dass nun sogar die Politik von den Firmen fordert, ihre Verschlüsselungsbemühungen durch den Einbau von Hintertüren zu untergraben, spricht dafür, dass die genutzten Systeme den Geheimdiensten ihre Spionagetätigkeit erheblich schwerer machen als zuvor.

Neue Vorratsdaten-Debatte auch in Österreich
In Österreich wird zwar nicht explizit nach der Aufweichung von Verschlüsselung gerufen, für mehr Überwachung setzen sich jedoch auch heimische Politiker ein. Vor allem aus Volksparteikreisen hieß es in den letzten Tagen mehrfach, die Wiedereinführung der wegen Verfassungswidrigkeit erst im Juni 2014 gekippten Vorratsdatenspeicherung als Antwort auf die Bedrohung durch islamistischen Terror solle in Erwägung gezogen werden.

Vorratsdaten-Gegner wie der Chef des Verfassungsgerichtshofs Gerhart Holzinger oder SP-Kanzleramtsminister Josef Ostermayer sind dagegen – mit Verweis darauf, dass Frankreich Vorratsdatenspeicherung betreibe und den "Charlie Hebdo"-Anschlag trotzdem nicht verhindern konnte. Hinzu kommt, dass die Datenspeicherung in Österreich zwar rund zwei Jahre lang praktiziert wurde, die gesammelten Daten – pro Jahr erfolgten über 300 Zugriffe – jedoch kein einziges Mal wegen Terrorverdachts angezapft wurden. Vielmehr verwendete man sie primär bei Ermittlungen rund um Diebstahl-, Raub- und Drogendelikte.

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