Ottakringer Brauerei

Morcheeba mit sanften Klängen im Hopfen-Paradies

Musik
10.12.2014 00:07
Nach der Wiedervereinigung 2010 sind sie längst wieder dick im Geschäft - die Trip-Hop-Urgesteine Morcheeba glänzten Dienstagabend auch in der Ottakringer Brauerei, wo sie für eher spärliche Kulisse ein buntes Song-Potpourri aus ihrer reichhaltigen Karriere feilboten und neben der klanglichen Melancholie für viel Witz sorgten.
(Bild: kmm)

Was wäre ein besseres Statement für großes Selbstvertrauen, als ein Konzertset mit der allerersten erfolgreichen Single der Bandgeschichte zu beginnen? Es gibt wohl kein besseres und das wissen auch die Trip-Hop-Heroen Morcheeba, die mit dem "Trigger Hippie" die Aufmerksamkeit des Publikums sofort auf sich ziehen. In der Ottakringer Brauerei ist genug Platz der sich nicht mehr füllen sollte, aber die Anwesenden sind zweifellos treue Anhänger der Band – textsicher, euphorisch, glückselig.

Beständiges Fundament
Letzteres ist auch die Band rund um Sängerin und Blickfang Skye Edwards, die seit ihrem Comeback im Jahre 2010 zwar mit kleineren Hallen vorliebnehmen muss, aber noch immer mit ihrer zerbrechlich-eindringlichen Stimme betört. Daneben der in Würde gealterte Gitarrist Ross Godfrey, stets im sympathischen Augenzwinker-Kontakt mit den Fans in den ersten Reihen, und sein Bruder Paul am DJ-Pult – quasi das beständige Fundament der Londoner Kultband.

Im Gegensatz zum 2013er-Gastspiel im WUK scheint die musikalische Mischung wesentlich ausgewogener, denn vom aktuellen Album "Head Up High" spielen Morcheeba mit dem psychedelischen "Under The Ice" nur mehr einen Song. Anfangs greift Frontfrau Edwards zum südamerikanischen Zupfinstrument Charango, um die paralysierende Reise in ferne Klangsphären einzuleiten. Die drei auf der Bühne postierten Discokugeln, die das Licht im Stahlkomplex zu kleinen Punkten brechen, sind die perfekte Visualisierung des wabernden Trip-Hop-Sounds.

Männerhandtaschen und Björk
Das bremsende Downtempo wird zum wichtigsten Credo erhoben, am schönsten und intensivsten klingen Morcheeba immer dann, wenn sie sich in der eigenen Elegie suhlen, ohne aber Trauer und Depression zu verbreiten. Das verbietet schon Skye Edwards, die sich an diesem Abend in bester Laune befindet und bereitwillig über Männerhandtaschen und alte Björk-Songs referiert, während sie den Fans Gesangsunterricht gibt oder sich mit einer ausgewählten Dame für die eigene Facebook-Seite ablichten lässt. Ein Schelm, wer ob des ständigen Gekichers der sympathischen Sängerin an bewusstseinserweiternde Substanzen denkt.

Rein musikalisch haben sich die Briten seit jeher jeder Stilgrenze verweigert und sich stets optimistisch in neue Abenteuer geworfen. Das ergibt auch eine gute Live-Stimmung, denn zwischen Blues ("Part Of The Process"), Psychedelic ("Blindfold") und experimentellen Sounds ("Moog Island") bleibt Edwards und Co. genug Zeit, um richtig große Hits in die Menge zu feuern. Darunter zählen vor allem das ohrenschmeichelnde "Blood Like Lemonade", das kultige "The Sea" und der ungewohnt fröhliche Uptempo-Radiohit "Rome Wasn't Built In A Day", für das Morcheeba erwartungsgemäß den größten Jubel kassieren. Kurios, dass die offensichtlichste Pop-Nummer die Band in eine Richtung prägte, die sie eigentlich niemals einschlug.

Fernab kurzlebigen Kalküls
Das dunkle Stimmtimbre von Edwards und die entspannte Rhythmus-Verstärkung aus dem Instrumentalbereich sind schließlich das wahre Markenzeichen der couragierten Stilverweigerer. Umso schöner ist es zu sehen und zu hören, dass Morcheeba fernab jeglicher Trends und kurzlebigem Kalkül stets auf das "etwas Andere" setzen und dabei regelmäßig hochqualitative Kost abliefern. Zudem haben die Briten unbändigen Spaß auf der Bühne und mit den Fans – so heimelig sind Konzerte nur äußerst selten.

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