Obst, Fleisch uvm.

Kreml verhängt Importverbote gegen EU-Staaten

Ausland
07.08.2014 13:19
Was zu erwarten war, ist am Mittwoch eingetreten. Nach mehreren Sanktionsrunden der EU hat Russland selbst mit Gegenmaßnahmen reagiert. Präsident Wladimir Putin legte per Dekret fest, dass die Einfuhr von Gütern aus allen am Sanktionsregime beteiligten Staaten verboten oder beschränkt wird. Am Donnerstag wurde die Liste der betroffenen Güter veröffentlicht. Auf dieser finden sich neben Obst und Gemüse auch Fisch, Fleisch- und Milchprodukte. Neben der EU sind die USA, Kanada, Norwegen, Australien, die Schweiz und Japan betroffen.

Der Schritt diene den nationalen Interessen und der Sicherheit Russlands, hieß es in dem Ukas. Betroffen seien landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel, die "verboten oder begrenzt" würden. Die Importverbote sollen zunächst ein Jahr lang gelten.

Putin hatte eine Reaktion auf die westlichen Sanktionen angedroht. Er hatte betont, dass diese Schritte nicht zum Schaden russischer Verbraucher sein dürften. Moskauer Medien hatten allerdings bereits nach einem Importstopp für Obst aus Polen vor Preisanstiegen von etwa 40 Prozent etwa bei Äpfeln gewarnt. Russland hatte zuletzt mehrere Importverbote für westliche Produkte erlassen, diese aber mit Hygienefragen und Verbraucherschutz begründet.

Eigene Verbraucher sollen keine Nachteile haben
Putin wies die Regierung zu einer strengen Preiskontrolle an. Im Zuge der Strafmaßnahmen dürften die Belastungen für Verbraucher nicht steigen. Er erwarte von den Ministerien in Zusammenarbeit mit der Polizei ein genaues "Monitoring der Warenmärkte".

Die Sanktionen seien aus Sicht Moskaus mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar. "Klagen gegen Russland schließen wir aus", meinte Vizewirtschaftsminister Alexej Lichatschow. Dem Kreml zufolge tritt das Verbot sofort in Kraft. Westliche Lebensmittel sind in Russland bisher überall erhältlich. Allerdings greifen viele Russen eher auf heimische Produkte zurück, weil Westware in der Regel deutlich teurer ist. Die Lücke sollen nun Waren aus Südamerika schließen. Gespräche seien für diesen Donnerstag mit den Botschaftern Ecuadors, Brasiliens, Chiles und Argentiniens geplant, meldete die Agentur Interfax.

Überflugverbot als nächster Schritt?
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am Mittwoch weitere Sanktionen gegen den Westen nicht ausgeschlossen. Am Donnerstag meinte Premier Dmitri Medwedew, ein mögliches Überflugverbot für westliche Airlines wäre vorstellbar. Allerdings stehe in diesem Fall eine endgültige Entscheidung noch aus. Allerdings bestünde aber ein solches Verbot bereits für ukrainische Fluggesellschaften. "Es gibt nichts Gutes an Sanktionen, und es war keine einfache Entscheidung, aber wir mussten es tun", sagte Medwedew.

Moskau sucht im Sanktionskrieg nun auch Verbündete. Agrarminister Nikolai Fjodorow will auch Kasachstan und Weißrussland ins Boot holen. Russland, Kasachstan und Weißrussland befinden sich einer Zollunion. So versucht Moskau offenbar, eine Umgehung der vor allem gegen die USA und die EU verhängten Verbote zu verhindern.

Tschechien und Griechenland befürchten "ernste Probleme"
Angesichts der harten Antwort aus Moskau herrschen in der EU und und in den anderen ins Visier genommenen Staaten nun Unsicherheit und Missstimmung. Manche Staaten fürchten dramatische Verluste. In Griechenland erklärte der Sprecher des Verbands der Obst- und Gemüseexporteure, Giorgos Polychronakis, der Beschluss des russischen Präsidenten Wladimir Putin bedeute "das Ende für die diesjährigen Gemüse- und Obstexporte Griechenlands nach Russland". Sein Wirtschaftsbereich erwarte nun dringend Entschädigungen seitens der EU.

"Es geht um 600.000 Tonnen (Gemüse und Obst), die nicht nach Russland exportiert werden können", sagte er weiter. Griechenland exportierte 2013 hauptsächlich Pfirsiche, Erdbeeren und andere Früchte nach Russland. Auch Tschechien fürchtet "ernste Probleme" für seine Landwirtschaft, wie Landwirtschaftsminister Marian Jurecka erklärte. "Sobald die EU-Staaten ihre Produkte nicht nach Russland exportieren dürfen, wird auf dem EU-Binnenmarkt ein Überdruck entstehen, der zu einem spürbaren Preisverfall bei einigen Produkten führen wird", sagte Jurecka im tschechischen Fernsehen.

Hälfte der Exporte aus Ö könnten gefährdet sein
Auch in Österreich wird ein Rückschlag für die heimischen Lebensmittel- und Agrarexporte befürchtet, erklärte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Vergangenes Jahr hatte Österreich Agrargüter und Lebensmittel im Wert von 238 Millionen Euro nach Russland exportiert. Die Hälfte davon könnte wegen des russischen Importstopps gefährdet sein.

Japan: Russland soll lieber konstruktive Schritte tun
Japan hat das Einfuhrverbot kritisiert. Russland sollte lieber konstruktive Schritte unternehmen, erklärte Regierungssprecher Yoshihide Suga am Donnerstag in Tokio. Der russische Wirtschaftswissenschafter Sergej Sutyrin erwartet "äußerst schmerzhafte" Folgen für beide Seiten. Die EU verliere viele Milliarden Euro aus dem Obst- und Gemüsehandel mit Russland, die USA müssten auf einen lukrativen Markt für Rindfleisch und Geflügel verzichten.

Deutschland sieht Gegenmaßnahmen gelassen
In Deutschland erklärte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs, er halte negative Auswirkungen der gegen Russland verhängten Sanktionen für die deutsche Wirtschaft für überschaubar. Zwar gebe es deswegen Probleme, aber "das ist nicht so dramatisch, dass die deutsche Wirtschaft daran in Schwäche kommen würde, dass man von einem Abschwung sprechen kann", sagte der Wirtschaftspolitiker am Donnerstag dem Sender n-tv. Er wandte sich dagegen, "dass wir jetzt zu sehr in Pessimismus machen".

EU bedauert "klar politisches Motiv"
Die EU-Kommission bedauerte das russische Importverbot für Agrarprodukte aus Ländern der Europäischen Union. "Diese Ankündigung ist klar politisch motiviert". Die Brüsseler Behörde werde alle von Moskau getroffenen Maßnahmen prüfen, sobald vollständige Informationen vorliegen, erklärte ein Sprecher am Donnerstag in Brüssel. Zur Frage von Kompensationen für Exportausfälle sagte ein Sprecher, es gebe einen bilateralen Mechanismus. "Aber wir sind noch nicht da angelangt". Es gehe nun darum, alle Details der von Moskau verhängten Lebensmittel-Importbeschränkungen abzuwarten. Es könne derzeit auch nicht gesagt werden, welches EU-Land am stärksten von den Strafmaßnahmen Moskaus betroffen sei.

Die EU und die USA werfen Russland vor, nichts zur Entspannung der Lage in der Ukraine zu unternehmen. Sie hatten deshalb vor Kurzem erstmals ganze russische Wirtschaftszweige mit Sanktionen belegt. Betroffen sind der Finanz-, Energie- und der Militärsektor. So erschwerte die EU russischen Banken den Zugang zu Finanzmärkten. Sie beschloss zudem Exportverbote für bestimmte Hochtechnologiegüter an das Militär oder zur Ölförderung.

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