Mit dem Friedensabkommen zwischen Israel und der Hamas ist ein historischer Deal in Kraft getreten – doch die Fallstricke sind zahlreich. Damit Trumps Plan für Gaza nicht scheitert, müssen in den kommenden Wochen mehrere kritische Bedingungen erfüllt werden. Wo es haken könnte und wo die Konflikte noch nicht gelöst sind ...
Spontane Jubelstimmung auf den Straßen, unglaubliche Erleichterung bei der internationalen Politik: Der historische Deal nach zwei Jahren brutalem Krieg ist ein erster Schritt – doch sein Erfolg hängt von vielen Faktoren ab, die noch völlig offen sind.
Was wurde konkret vereinbart?
Israel und die Hamas haben sich nach tagelangen indirekten Verhandlungen in Ägypten auf die erste Phase eines Friedensplans geeinigt. Katar erklärte, das Abkommen führe zur Beendigung des Gaza-Krieges, zur Freilassung von Geiseln und Häftlingen sowie zur Bereitstellung von Hilfsgütern.
Die Vereinbarung wurde am Donnerstag in Ägypten „von allen Parteien“ offiziell unterzeichnet. Allerdings ist ein entscheidender Punkt: Der 72-Stunden-Zeitraum zur Freilassung der Geiseln und Häftlinge beginnt erst, wenn das israelische Kabinett am Donnerstagabend voraussichtlich zustimmt.
Die konkrete Umsetzung
Nach Angaben aus Hamas-Kreisen sollen in der ersten Phase 20 lebende Geiseln freigelassen werden. Von den 47 im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln sind 25 nach israelischen Angaben bereits tot. US-Präsident Donald Trump geht von der Freilassung aller Geiseln „am Montag oder Dienstag“ aus und könnte am Sonntag nach Israel reisen.
Im Gegenzug sollen fast 2000 Palästinenser aus israelischer Haft entlassen werden – 250 davon verbüßen lebenslange Haftstrafen, 1700 wurden seit Beginn des Gaza-Krieges festgenommen. Ein umstrittener Punkt: Die Hamas forderte die Freilassung des mehrfach zu lebenslanger Haft verurteilten Politikers Marwan Barghouti. Dies ist nach Angaben der israelischen Regierung jedoch nicht geplant.
Hilfslieferungen als Test der Einhaltung
In den ersten fünf Tagen sollen täglich mindestens 400 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen kommen – eine Zahl, die dann erhöht werden soll. Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA erklärt, ausreichend Vorräte zu haben, um die gesamte Bevölkerung drei Monate lang zu versorgen. Nach Hamas-Angaben ist auch die sofortige Rückkehr von Vertriebenen aus dem Süden in die Stadt Gaza und in den Norden vorgesehen.
Der Truppenrückzug: Ein heikler Punkt
Die israelische Armee kontrolliert derzeit drei Viertel des Gazastreifens. Sie erklärte, bereits mit „den operativen Vorbereitungen für die Umsetzung des Abkommens“ begonnen zu haben und ihre Soldaten auf die vereinbarte Linie zurückzuziehen. Ein Problem: Nach Bekanntgabe der Einigung führte Israel der Hamas zufolge in der Nacht noch mehrere Angriffe auf das Palästinensergebiet durch – ein schlechtes Zeichen für die Zuverlässigkeit der Umsetzung.
Wo es kritisch wird: Entwaffnung, Übergangsregierung
Nach Angaben aus Hamas-Kreisen sollen „umgehend“ die Verhandlungen über die zweite Phase beginnen. Hier liegen noch erhebliche Knackpunkte: Trumps 20-Punkte-Plan sieht die Entwaffnung der Hamas vor – ein Punkt, den die Hamas bisher strikt ablehnt. Zudem ist eine internationale Übergangsregierung geplant, die von einem Gremium unter Trumps Leitung beaufsichtigt wird. Die Hamas lehnt eine Rolle für Trump oder ausländische Regierungen ab.
Ein weiterer großer Konflikt: Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas äußerte die Hoffnung auf eine „dauerhafte politische Lösung“, die letztlich zur „Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates“ führen würde. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat dies jedoch mehrfach ausgeschlossen – ein fundamentaler Dissens, der den gesamten Friedensprozess gefährdet.
Was muss also passieren, damit es nicht scheitert?
Erstens: Das israelische Kabinett muss am Donnerstagabend zustimmen – ohne diese Genehmigung beginnt der Geisel-Austausch nicht.
Zweitens: Israel muss die Waffenruhe tatsächlich einhalten. Die nächtlichen Angriffe nach der Verkündung deuten darauf hin, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Drittens: Die Hilfsgüter müssen in vereinbarter Menge ankommen und die Zivilbevölkerung erreichen.
Viertens und kritischsten: Israel, die Hamas und die internationale Gemeinschaft müssen sich auf die zweite Phase einigen. Ohne Lösungen bei Entwaffnung, Regierungsstruktur und der Frage eines palästinensischen Staates wird aus dem Waffenstillstand kein echter Frieden.
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