Die Pläne liegen auf dem Tisch und der Segen der zuständigen Pfarre ist nach einigen Diskussionen offenbar auch da. Die Innsbrucker Pfarrkirche Petrus Canisius soll schon 2026 ein Boulder-Paradies werden. Kann das durchaus spannende Konzept in Österreich Schule machen?
Eine weiträumige Kirche, aber nur wenige Bänke mit Messbesuchern besetzt. Das ist mittlerweile ein häufiges Bild in vielen Gotteshäusern in ganz Österreich. Die Zahl der Kirchgänger schrumpft, zurück bleiben Pfarren mit ungenutzten Gebäuden und hohen Kosten.
Eineinhalb Jahre Planung und Diskussionen
Auch in der Kirche Petrus Canisius in der Höttinger Au in Innsbruck ist diese Entwicklung zu beobachten. Dort tat sich aber dank einer unkonventionellen Idee eine Chance auf, die nach rund eineinhalb Jahren Planung und einigen kontroversen Diskussionen nun in die konkrete Umsetzung geht.
Kooperation von Kirche und Freizeitsport
„Es hat sich eine Kooperation von Kirche und Freizeitsport ergeben, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar war“, ist sich Innsbrucks Bischof Hermann Glettler der Besonderheit des Projekts bewusst. Doch der Bischof ist davon überzeugt, dass es „Beispiel dafür sein kann, wie Kirche in Zeiten des Wandels nicht nur gezwungenermaßen neue Wege beschreiten muss, sondern auch ein Signal der Gastfreundschaft für jene Menschen gibt, die sonst kaum mehr Berührungspunkte mit der Kirche hätten“.
Dieses Projekt stellt eine Ausnahme dar. Wir stehen nicht am Beginn einer Reihe von Umwidmungen. Schon gar nicht von barocken oder gotischen Kirchen.

Hermann Glettler, Bischof Diözese Innsbruck
Bild: Christof Birbaumer
70er-Jahre-Bau wird profaniert
Was ist konkret geplant? Die denkmalgeschützte große Kirche des Architekten Horst Parson aus den 1970er-Jahren wird profaniert, also für weltliche Zwecke nutzbar gemacht. Im fast 600 Quadratmeter großen Kirchenraum ziehen Sportler ein. „Wir richten eine Boulderhalle ein und eröffnen in einem Zubau zur ehemaligen Pfarrerwohnung einen Gastronomiebetrieb“, beschreibt Projektbetreiber Guntram Mattle (Steinblock IBK GmbH) die Eckpunkte des Konzepts.
Die Pfarre bleibt laut Diözese erhalten und bekommt in der zum Gebäudekomplex gehörenden Kapelle im Untergeschoß einen neuen Messraum mit Platz für rund 70 Personen.
Innsbruck bekommt eine Kletterkirche. Eine Weltpremiere ist das nicht: In anderen Ländern werden Gotteshäuser schon seit geraumer Zeit neuen Nutzungen zugeführt.
In Mönchengladbach steht Deutschlands erste Kletterkirche. Anders als im Konzept für Innsbruck vorgesehen, gehen in Mönchengladbach die Sportler direkt die Wände des ehemaligen Gotteshauses hoch – begleitet vom mystischen Licht der bunten Kirchenfenster. Mittlerweile hat das Beispiel Nachahmer gefunden.
Aber nicht nur in Deutschland zieht immer öfter profane Nutzung in sakrale Räume ein. Die Dominikanerkirche im niederländischen Maastricht beherbergt heute eine unvergleichliche Buchhandlung. Hauptattraktion ist ein begehbares Bücherregal, das sich auf 18 Meter Höhe über drei Etagen erstreckt.
Ein weiteres Beispiel ist die St.-Peters-Kirche in Liverpool. Statt Kirchenliedern erklingen dort heute lateinamerikanische Rhythmen und House. Unter den Deckenfresken im Altarbereich kann nobel gespeist und ausgelassen getanzt werden. Überraschend groß ist auch das Angebot an Kirchen, die zu Hotels umgebaut wurden. Die haben eine wachsende Fangemeinde. Darf man doch darauf hoffen, himmlisch zu schlafen.
Boulder-Anlage wird rund um den Altar gebaut
Die Boulder-Anlage mit rund 600 Quadratmetern Nutzfläche wird rund um den Altar gebaut. Dieser bleibt erhalten und soll auch künftig für Messfeiern genutzt werden. In Abstimmung mit dem Denkmalamt wurde die neue Innenausstattung samt Galerie von den Architekten Judith Widauer und Raphael Hanny entworfen. Mattle: „Im Herbst 2026 möchten wir die Halle eröffnen.“
Bischof Glettler spricht von einem Projekt, das Vorbildcharakter haben könne. Aber er betont gleichzeit, dass es nicht der Beginn vom Ende vieler Kirchen ist.
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