Steirischer SPÖ-Chef

Lercher: „Verachtung für FPÖ ist kein Programm“

Steiermark
20.09.2025 11:04

Max Lercher ist offiziell Vorsitzender der steirischen SPÖ: Der 38-Jährige aus dem Bezirk Murau erhielt bei der Direktwahl 90,6 Prozent der Stimmen. Der Parteitag am Samstag soll in der zuletzt gebeutelten Partei Aufbruchstimmung verbreiten. Lercher versprach einen „eigenen steirischen Weg“ und fordert: „Wir müssen wieder eine Volkspartei werden!“

Es ist ein historischer Parteitag für die steirische Sozialdemokratie. Erstmals ist sie auf Landesebene in Opposition – eine schmerzhafte Erfahrung. In den turbulenten Tagen nach der Landtagswahl im November 2024 wurde Max Lercher an die Spitze der Partei gespült, am Samstag wurde er am Parteitag in Premstätten offiziell zum Vorsitzenden gekürt.

Notwendig war dafür ein Direktwahlverfahren, das Lerchers Vorgänger Anton Lang eingeführt hat. Lercher war der einzige Kandidat. Alle gut 15.000 Parteimitglieder durften über den Sommer abstimmen, knapp die Hälfte – konkret 48 Prozent – hat das auch getan.

Drei steirische Parteichefs: Michael Schickhofer, Max Lercher und Anton Lang (von links)
Drei steirische Parteichefs: Michael Schickhofer, Max Lercher und Anton Lang (von links)(Bild: Pail Sepp)
Max Lercher ist nun endgültig Vorsitzender der steirischen Sozialdemokraten.
Max Lercher ist nun endgültig Vorsitzender der steirischen Sozialdemokraten.(Bild: Pail Sepp)

Am Samstag wurde das Ergebnis verkündet: 90,6 Prozent Zustimmung! Zum Vergleich: Bei Anton Lang war es bei der Premiere des Direktwahlverfahrens im Jänner 2024 etwas mehr als 91 Prozent.  

Sehen Sie hier das Verkünden des Ergebnisses im Video: 

Anton Lang: „Mir geht es gut“
Die Halle beim Schwarzlsee war trotz Prachtwetters sehr gut gefüllt. Unter den Gästen waren aufgrund des parallelen Parteitags in Kärnten keine Bundespolitiker, dafür aber der ehemalige Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang, der sich nach der Wahlniederlage 2024 aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. „Mir geht es mittlerweile sehr gut“, sagt er sichtlich entspannt zur „Krone“. Lang war ein beliebtes Selfie-Motiv für viele Delegierte. Mit Michael Schickhofer ist ein weiterer Ex-Parteichef anwesend.

Anton Lang (Mitte) wurde beim Parteitag geehrt.
Anton Lang (Mitte) wurde beim Parteitag geehrt.(Bild: SPÖ Steiermark)

Kurz nach 10 Uhr zog Lercher begleitet von jungen Gemeinderäten in den Saal ein. „All die Wahlen seit dem Vorjahr haben nicht Ergebnisse gebracht, für die wir gekämpft haben. Auch bei der Gemeinderatswahlen gab es viel Licht und viel Schatten, aber unterm Strich ein Ergebnis, das wir uns anders gewünscht haben“, sagte Landesgeschäftsführer Florian Seifter zu Beginn offen. „Für uns war klar: Wir müssen uns grundsätzlich neu aufstellen.“ Lercher, der schon auf dem Absprung aus der Spitzenpolitik war, sei „ein Glücksfall“ für die steirische Sozialdemokratie.

„Ich trinke gerne Bier und koche gerne“
Schon vor Bekanntgabe des Ergebnisses sprach Lercher via Videobotschaft an die Delegierten. Er präsentierte sich privat-zugänglich („ich trinke gerne Bier und koche gerne“), aber auch geläutert: „Die SPÖ muss erkennen, dass wir da und dort Fehler gemacht haben. Wir haben zum Schluss zu stark verwaltet und zu wenig gestaltet.“ Auch er selbst habe Fehler gemacht, weil er bei politischen Spielchen mitgemacht habe. 

Max Lercher wird am Parteitag gefeiert.
Max Lercher wird am Parteitag gefeiert.(Bild: Pail Sepp)

Seine große Rede eröffnete er dann mit Erinnerungen an den „Reformparteitag“ 2013, unter Franz Voves ebenfalls am Schwarzlsee in Premstätten: Damals habe er politische Karriere machen wollen. „Jetzt stehe ich hier mit meinen Erfahrungen, Erfolgen und Niederlagen.“ Er sei ein anderer Mensch geworden und habe der Machtpolitik abgeschworen. 

Immer wieder betonte Lercher, dass man sich der Probleme der Menschen annehmen müsse: „In der Politik geht es oft nur um Kommunikation ohne Substanz. Dann wundern sich Berater, warum man in Umfragen fällt. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zeigen es uns jeden Tag vor, wie es geht.“ 

Max Lercher bei seiner Parteitagsrede.
Max Lercher bei seiner Parteitagsrede.(Bild: Pail Sepp)

Migration: „Wir haben uns weggeduckt“
Breitem Raum nahm in der Rede das Thema Migration ein: „Wir haben uns weggeduckt, um interne Diskussionen zu vermeiden. Jetzt hört uns niemand mehr zu. Wir werden das Thema in der Steiermark nicht totschweigen. Wir brauchen eine klare Linie, die auf Respekt, Werte und Menschlichkeit beruht. Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen und negative und positive Entwicklungen ansprechen.“ Bekannter Grundsatz: Keine Toleranz den Intoleranten. „Das ist keine Übernahme freiheitlicher Positionen, sondern sozialdemokratische Lösungskompetenz.“

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema Leistung: „Die Erwerbstätigen sehen uns in ihrem Alltag nicht mehr. Wir dürfen den Leistungsbegriff nicht den anderen überlassen. Wir stehen für Leistung durch Arbeit, nicht durch Vererben.“ Das klare Ziel: „Ein Mensch, der Vollzeit arbeitet, muss ohne Förderungen leben können!“

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Das ist keine Übernahme freiheitlicher Positionen, sondern sozialdemokratische Lösungskompetenz.

Max Lercher 

Immer wieder spricht Lercher die FPÖ an, die anderen Parteien spielen in seiner Rede so gut wie keine Rolle. Eine Spitze: „Die Regierung spart beim Straßenbau, hat aber Geld für Sandburgen in Jesolo.“ FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek hat ja dort vor Kurzem für Steiermark Tourismus geworben. Lercher versprach aber keine Frontalopposition im Landtag, sondern Regierungsvorhaben zu unterstützten, wenn diese die „Lebensrealität“ der Steirerinnen und Steirer besser wird. 

Immer wieder Lebensrealität
Überhaupt Lebensrealität: Es ist das zentrale Schlagwort in Lerchers Politik. „Ich weiß, die Mitglieder der Regierung machen sich darüber lustig. Für sie ist es halt ein Fremdwort, für mich ein Auftrag.“ Der Vorsitzende versprach eine Öffnung der steirischen SPÖ und eine Dialogtour am Stammtisch und online. Dazu will er wieder mehr Betriebsräte. 

Am Ende wurde Lercher etwas konkreter. Neben sozialdemokratischen Klassikern wie eine verschränkte Ganztagesschule und „45 Beitragsjahre sind für die Pension genug“ wiederholt er auch die Forderung eines Steiermark-Fonds, gespeist aus der Dividende der Energie Steiermark. Klar war sein Bekenntnis zum Erhalt aller Krankenhausstandorte.

„Verachtung der FPÖ ist kein politisches Programm“
„Ein Sozialdemokrat, der etwas bewegen will, ruht sich nicht auf Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte aus“, betonte Lercher. Er hält zudem fest: „Die Verachtung für die FPÖ ist noch kein politisches Programm und wird nicht reichen, um in der Steiermark Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen. Wir werden nicht in den geplanten Kulturkampf einsteigen.“

Bekräftigt wurde, dass die steirische SPÖ unter Lercher einen eigenen Weg gehen wird. „Wahrscheinlich hat es den FPÖ-Wahlsieg gebraucht, damit auch wir uns auch ändern. Ich verspreche euch heute keine Wunder, sondern harte Arbeit. Die SPÖ muss wieder eine Volkspartei werden.“

Alles im Blick: Gewerkschaftsboss Josef Muchitsch.
Alles im Blick: Gewerkschaftsboss Josef Muchitsch.(Bild: Pail Sepp)

Politischer Kurs der Mitte
Lercher versucht politisch einen Kurs der Mitte und distanziert sich inhaltlich vom linken Parteiflügel um Bundesparteichef Andreas Babler – allerdings ohne Poltern wie Lerchers Vertrauter Hans Peter Doskozil, sondern deutlich subtiler. Zuletzt äußerte er sich kritisch, weil nicht alle Pensionisten die volle Inflation abgegolten bekommen. 

Der bald 39-Jährige hat schon eine bewegte politische Karriere hinter sich. Erstmals groß in den Schlagzeilen war er, als er als junger Landtagsabgeordneter – mit Segen von Franz Voves – gegen das später aufgehobene Bettelverbot stimmen durfte. Später war er unter Ex-Bundeskanzler Christian Kern Bundesgeschäftsführer. Der Obersteirer aus St. Peter am Kammersberg saß auch im Nationalrat und unterstützte beim legendären Match um den Parteivorsitz den unterlegenen Doskozil.

Videobotschaft von Christian Kern
Christian Kern hätte übrigens am Parteitag eine „Keynote“ zum Thema Industriestandort halten soll. Er musste kurzfristig ins Ausland reisen, hinterließ seine Rede aber als Videobotschaft. 

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