Kopftuchverbot-Kritik

„Warum setzt man nicht bei Unterdrückern an?“

Innenpolitik
10.09.2025 17:27

Wenn es nach dem Willen der Regierung geht, soll das Tragen des muslimischen Kopftuchs für Kinder bis einschließlich der achten Schulstufe sowohl in öffentlichen als auch in privaten Schulen verboten werden. Während auch die Opposition die Pläne unterstützt, kommt Kritik von der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Verfassungsexperte Heinz Mayer zeigt sich skeptisch.

Er hält eine verfassungskonforme Umsetzung des Kopftuchverbots, das am Mittwoch vom Ministerrat abgesegnet wurde, für schwierig, wie er am Rande einer Pressekonferenz erklärte. „Der Verfassungsgerichtshof hat 2020 sehr enge Grenzen gesetzt. Es geht um die Unterdrückung von Mädchen, und da hat der VfGH völlig richtig gesagt, warum setze man nicht bei den Unterdrückern an? Warum setze man bei den Mädchen an?“ Geldstrafen von 1000 Euro hält er für keine gute Idee. „Das Kopftuch ist ein Symbol, aber das (Verbot, Anm.) bekämpft ja nicht die Ursache.“

Verfassungsexperte: „Kopftuchverbot bekämpft nicht die Ursache.“
Verfassungsexperte: „Kopftuchverbot bekämpft nicht die Ursache.“(Bild: APA/HANS KLAUS TECHT)

Protest kam von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Das Kopftuchverbot verletze Grundrechte und spalte die Gesellschaft, kritisierte sie. Der VfGH habe unmissverständlich festgestellt, dass ein solches Verbot verfassungswidrig sei, da es gezielt eine religiöse Minderheit betrifft und den Gleichheitsgrundsatz verletzt. „Anstatt Kinder zu stärken, werden sie stigmatisiert und ausgegrenzt.“ Man werde die Verfassungskonformität prüfen lassen, bleibe gleichzeitig aber gesprächsbereit, so die IGGÖ.

Die Erklärgrafik zeigt verschiedene muslimische Bekleidungsformen für Frauen. Sie stellt Hijab, Abaya/Tschador, Niqab, Bushiya und Burka dar. Die Unterschiede liegen in der Bedeckung von Kopf, Körper und Gesicht. Der Hijab bedeckt Haare, Ohren, Hals und Ausschnitt. Abaya/Tschador ist ein langer Mantel für Kopf und Körper. Niqab lässt nur die Augen frei. Bushiya ist ein durchsichtiger Schleier vor dem Gesicht. Die Burka bedeckt den gesamten Körper und hat ein Gitter vor dem Gesicht. Quelle: APA.

Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) lehnte das Kopftuchverbot als „Ultima Ratio“ nicht ab. Ablehnend zeigte er sich dazu, dass die Schulen dieses administrativ exekutieren müssen: „Das wird die Schul- bzw. die Bezirksverwaltungsbehörde machen müssen.“ Das müssten nun die folgenden Gespräche zeigen, sobald der „Entwurf auf dem Tisch“ liegt.

Grüne und FPÖ ebenfalls für Kopftuchverbot
Ungewöhnliche Unterstützung für die Regierungsmaßnahme kam von der Opposition. Das Kopftuchverbot für Unter-14-Jährige könne aber „nur ein allererster Schritt“ sein, meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz und forderte ein generelles Kopftuchverbot an Schulen auch für ältere Schülerinnen, für Lehrerinnen und andere Betreuungspersonen sowie ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam.

Dass Kinder gezwungen würden, ein Kopftuch zu tragen, sei mittlerweile ein echtes Problem in den Schulen, meinte indes die Grüne Vize-Klubobfrau Sigrid Maurer. „Es ist die Aufgabe der Politik, solchen Fehlentwicklungen entgegenzutreten und dafür stehen wir Grüne bereit.“ Ob der neue Vorschlag verfassungskonform sei, müssten nun Juristinnen und Juristen prüfen. Eine klare Meinung dazu hat bereits die Bundesjugendvertretung (BJV). Das Gesetz diskriminiere trotz begleitendem Maßnahmenpaket muslimische Mädchen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und widerspreche damit der UN-Kinderrechtskonvention, kritisierte die BJV.

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