Die EU hat das bereits 18. Paket mit Strafmaßnahmen gegen Russland beschlossen. Im Visier sind Einkünfte aus dem Öl-Export und auch chinesische Unternehmen, die den russischen Angriff unterstützen. Die Rede ist von den schärfsten Sanktionen bisher, der Kreml gibt sich aber gelassen. Kritik kommt von China und der FPÖ.
„Das nächste, schärfste Sanktionenpaket gegen Russland kommt“, erklärte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) kurz nach dem Beschluss Freitagfrüh. So schneide man den Kreml von wichtigen Einnahmen ab und treffe den Finanzsektor. Zudem zeige man „Stärke gegenüber denen, die Russland weiter in der Kriegsindustrie subventionieren“.
EU will Druck weiter erhöhen
„Wir treffen das Herz der russischen Kriegsmaschine“, fasste EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen das Ziel des Sanktionspakets zusammen, das EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas als eines der stärksten bisher bezeichnete. Auch der deutsche Kanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßten die neuen Strafmaßnahmen. Der Druck auf Russland müsse hoch bleiben, so der Tenor.
Auch die ukrainische Regierung begrüßte den Beschluss. Es seien aber noch mehr Maßnahmen nötig, um dem Frieden näherzukommen, mahnte die neue Ministerpräsidentin Julia Swyrydenko. Die neuen Sanktionen sollen insbesondere russische Einkünfte aus dem Export von Erdöl weiter reduzieren und den Finanzsektor treffen, um Moskau den Geldhahn für die Kriegsführung abzudrehen. Das Paket werde die Kosten des Krieges für Russland noch einmal deutlich erhöhen, so der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha dazu.
Der Kreml hingegen gab sich betont gelassen. Russland habe gegen Sanktionen des Westens eine gewisse Immunität aufgebaut, so Putin-Sprecher Dmitri Peskow. Er bezeichnete die Sanktionen als illegal und warnte, dass jede neue Einschränkung negative Konsequenzen für die Länder erzeuge, die die Strafmaßnahmen unterstützten.
Peking droht mit Vergeltung
China kritisierte die Maßnahmen gegen heimische Unternehmen scharf und drohte Vergeltung an. Europa solle damit aufhören, die Interessen chinesischer Firmen ohne Faktengrundlage zu beeinträchtigen, sagte Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. China werde nötige Maßnahmen ergreifen, um die Rechte heimischer Firmen zu schützen. In Bezug auf die Ukraine habe sich die Volksrepublik für Friedensverhandlungen eingesetzt und den Konfliktparteien nie tödliche Waffen geliefert.
Auch Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europäischen Parlament, kritisierte das neue EU-Sanktionspaket. Es gebe viel drängendere Probleme in der EU, außerdem seien die Sanktionen bisher wirkungslos gewesen. Die EU dürfe ihre eigene wirtschaftliche Substanz „nicht weiter durch sinnlose Sanktionen schwächen“, erklärte er in einer Aussendung.
„Sprache der Härte“
Für den EU-Delegationsleiter der SPÖ, Andreas Schieder, dagegen ist die „Sprache der Härte“ die einzige Sprache, die Putin verstehe, wie er gegenüber der APA erklärte. Der NEOS-Delegationsleiter im EU-Parlament, Helmut Brandstätter, betonte gegenüber der APA, dass Europas Entschlossenheit „nicht wieder durch nationale Egoismen“ gefährdet werden dürfe. Die Einigung auf das Sanktionspaket hatte eigentlich bereits direkt nach dem Juni-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs erfolgen sollen. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico verhinderte dies allerdings mit einer Vetodrohung, erst jetzt gab er diese auf.
Im Zuge der Sanktionen wird eine Preisobergrenze für russisches Öl beschlossen, um Moskaus Einkünfte aus dem Export an Drittstaaten zu reduzieren. Allerdings nicht dauerhaft auf 45 US-Dollar pro Barrel (159-Liter-Fass), wie ursprünglich geplant, sondern dynamisch: Die Preisobergrenze soll regelmäßig angepasst werden, sodass sie langfristig nicht mehr als 15 Prozent unter dem durchschnittlichen Marktpreis liegt. In einem ersten Schritt soll sie von derzeit 60 auf 47,60 US-Dollar pro Barrel reduziert werden. Ein Kompromiss für Malta, Griechenland und Zypern, die Bedenken geäußert hatten.
Der Ölpreisdeckel gilt für den Verkauf von russischem Öl in Drittstaaten wie Indien, China oder die Türkei und wurde 2022 gemeinsam mit den USA und Japan, Kanada und Großbritannien eingeführt. Um ihn durchzusetzen, werden Unternehmen Sanktionen angedroht, die am Transport von russischem Öl zu einem Preis oberhalb des Preisdeckels beteiligt sind. Diese Regelung zielt auf Reedereien ab, aber auch auf Unternehmen, die Versicherungen, technische Hilfe sowie Finanzierungs- und Vermittlungsdienste anbieten.
Einführung eines Verbots von Finanztransaktionen mit Unternehmen aus Drittländern, die Öl-bezogene Sanktionen umgehen.
Listung von zusätzlichen 22 Banken, die vom Finanzkommunikationssystem Swift abgekoppelt werden. Ihnen wird ein vollständiges Verbot von Transaktionen auferlegt.
Wirksamkeit umstritten
Die Wirksamkeit der Russland-Sanktionen bleibt unterdessen umstritten. Kritiker bezweifeln, dass sie einen großen Einfluss auf die Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin haben. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass die Strafmaßnahmen die russische Wirtschaft hart träfen und der Staat erhebliche Einnahmeausfälle zu verkraften habe. Demnach hätte Russland den Ukraine-Krieg ohne die Sanktionen möglicherweise schon lange mit einem Sieg beendet.
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