OÖ-Premiere in Gmunden

Heiliger Geist oder Ratte: Anouks Kunst wühlt auf

Anouk Lamm Anouk macht Kunst, die zum Nachdenken bringt – über Tiere, Freiheit und wie wir zusammenleben. Der Shootingstar der Kunstszene wurde im Belvedere21 in Wien bekannt und hat sich stetig weiterentwickelt.(Bild: Spitzbart Wolfgang)

Pferde, Lämmer, Tauben – Anouk Lamm Anouks zarte, poetische Installationen betören die Kunstwelt. Im österreichischen trend-Ranking liegt Anouk weit vorne, privat lebt sie/er als nicht-binäre Person mit Ehefrau Marleen mitten in Wien. In der Galerie 422 in Gmunden bietet Anouk nun einen sehenswerten Überblick über aktuelle Werke. Und: Im Jahr 2026 wird sie/er im Kaiserpark in Bad Ischl ausstellen.

„Auch andere Spezies haben ein Recht auf Leben und Unversehrtheit“, macht Anouk Lamm Anouk ihren/seinen grundlegenden Standpunkt deutlich.

Und ja, darum wird in der beeindruckenden Werkschau in der Galerie 422 in Gmunden eine Taube in einen Stubenwagen gelegt. Das Werk, platziert in einer Nische, macht die Spannweite von Anouks Kunstarbeit deutlich: Die Taube, einer der ersten domestizierten Begleiter des Menschen, wird heute in Städten verfolgt, als „Ratte der Lüfte“ sogar vergiftet.

In Religionen als Symbol für Heiliges verehrt, wird die Taube zum Schädling in der profanen Welt. Das zeigt: Unsere Gesellschaft ist entwurzelt und brutal mit Kategorien, Bewertungen und Beurteilungen, samt verheerender Folgen. Dagegen arbeitet Anouk an und lebt auch so: Ihre/seine Instagram-Bio ist kurz gefasst „No Age, no Gender, no Origin“.

Die Taube, das Lamm, das Pferd
Tierdarstellungen bilden einen Pol in Anouks künstlerischer Arbeit, die mit dem Begriff „Antispeziesismus“ übertitelt werden könnte. Auch Pudel auf Teppichen kommen vor. Zugleich werden Kunst-Schubladen auseinandergerissen, das ist der andere Pol. So wird im Gemälde, das ein Pferd und eine Person zeigt, das Pferd detailreich porträtiert, während das Gesicht der Person verborgen bleibt – eine Absage an Reiterporträts, ein auf männliche Machtansprüche zugeschnittenes Genre, das im 15. Jahrhundert aufkam.

Anouk Lamm Anouk mit Rehkitz-Motiven: Symbol für Harmonie in der Natur, obwohl die Rehkitze oft brutal gemäht werden – das ist das Spannungsfeld.(Bild: Spitzbart Wolfgang)

Taube – im Spannungsfeld von „Heiliger Geist“ oder „Ratten der Lüfte“ – im Stubenwagen(Bild: Spitzbart Wolfgang)

Die unscheinbare Herde im Himmel
Eine Herde Himmelspferde, in durchsichtigem Plastik gestaltet, galoppiert durch die Galerie. Das Motiv spielt auf Astronomieauffassungen an, die lange mit Mythologie verbunden waren. Und auf das Matriarchat, denn Pferdeherden werden von (älteren) Leitstuten geführt, die über viel Erfahrung und hohe soziale Kompetenz verfügen.

Am falschen Planeten
Aus der Serie „I miss the place where I am from“ wird zum ersten Mal eine Wand-Skulptur aus Messing gezeigt – ein Lamm, das aus der Welt fällt. Anouk spielt damit auf das „Wrong Planet Syndrom“ an, das im Zusammenhang mit Autismus die Empfindung „Ich passe nicht in diese Welt“ widerspiegelt. Denn eine nicht-binäre Identität, die sich jenseits von Geschlecht, Alter und Herkunft definiert, passt eben auch nicht in eine Gesellschaft, die alles in Schubladen steckt und „das Andere“ abwertet. 

Anouk Lamm Anouk kommt 2026 nach Ischl
Eine starke Kunstschau in der Galerie 422 (bis 2. August), die am 19. Juli um 11 Uhr zum Artist Talk einlädt – eine beglückende, sehenswerte Ausstellung am Puls der Zeit!

Vorschau: Anouk wird im nächsten Jahr im Linzer Museum Francisco Carolinum eine Werkpräsentation haben und im Sommer 2026 die Südstallungen im Bad Ischler Kaiserpark mit Kunst bespielen.