1942 - 2013

Rocklegende Lou Reed ist tot

Musik
27.10.2013 22:19
Die Rocklegende Lou Reed ist tot. Der US-amerikanische Sänger und Gitarrist, der mit der Avantgarde-Rockgruppe The Velvet Underground in den späten 60er-Jahren und danach solo Musikgeschichte schrieb, wurde 71 Jahre alt. Wie sein Agent am Sonntag bekannt, starb er an Komplikationen nach einer Lebertransplantation, der er sich im Mai unterzogen hatte. Seine Frau sagte damals, sie glaube nicht, dass er sich "jemals vollständig erholen" werde.
(Bild: kmm)

Reed wurde am 2. März 1942 geboren. Seine Jugend war schwierig. Seine Eltern schickten ihn wegen homosexueller Neigungen in psychiatrische Behandlung. Angeblich soll er dort Elektroschocks erhalten haben. 1964 begann er in New York mit dem Multiinstrumentalisten John Cale zu arbeiten, die beiden gründeten schließlich The Velvet Underground - eine Band, bei der das strapazierte Etikett "legendär" zutrifft.

Nur fünf Jahre reichten, um Reed einen prominenten Platz in der Rockgeschichte zu sichern. Mit ihrem düster-schrägen Sound stellte sich die von Andy Warhol protegierte Band gegen die aufkommende Hippie-Bewegung - zunächst ohne großen kommerziellen Erfolg.

Kommerzieller Erfolg ließ auf sich warten
Selbst das heute als Avantgarde-Rock-Meilenstein geltende "The Velvet Underground & Nico" mit Songs wie "Heroin" und "Venus In Furs" (und mit dem ikonischen Bananen-Cover-Artwork von Andy Warhol), das heute zu den besten und wichtigsten Rock-Alben aller Zeiten zählt, war anfangs ein Flop.

Als sie 1967 mit dem 171. Rang ihre höchste Platzierung in den US-Charts erreichte, hatte die Band - Reed, Cale, Gitarrist Sterling Morrison und Schlagzeugerin Maureen Tucker - ihren Manager samt Sängerin Nico bereits entlassen. Dazu kamen rechtlichen Probleme, das Entsetzen über die expliziten Texte - "Heroin" etwa lässt den Hörer in Echtzeit miterleben, wie eine Heroinspritze in einen Arm dringt, "Venus In Furs" erzählt von sadomasochistischen Trieben - und das Unverständnis für die innovative Kraft der Musik.

Das endlich erfolgreiche und von der Kritik gelobte Velvet-Album "Loaded", das deutlich Reeds Handschrift trägt, kam erst kurz nach dessen Bandausstieg 1970 auf den Markt. Stücke wie "Sweet Jane" oder "Rock 'n' Roll" wurden später zu Klassikern in seinem Repertoire.

"Ich mag Musik, die mich körperlich erschüttert"
Nach der Trennung von Velvet Underground reiste Reed nach England und nahm sein Solo-Debüt auf. Zum weiteren Rock-Meilenstein wurde seine nächste Platte, das von David Bowie produzierte Album "Transformer" (1972). Die Songs "Walk On The Wild Side" und "Satellite Of Love" zählen längst zu den Genre-Standards. Weitere aufsehenerregende Alben wie "Coney Island Baby" (1975) und "Metal Machine Music" (1978) folgten.

Legendär ist auch seine Comeback-CD "New York" (1989). Sie prägten den kühlen Stil Reeds und sein Motto: "Ich mag Musik, die mich körperlich erschüttert." Der sanfte Song "Perfect Day", der in dem Film "Trainspotting - Neue Helden" (1996) zu neuen Ehren kam, hört sich an wie eine Liebeserklärung. Viele deuten es allerdings als einen Lobgesang auf seinen Drogenkonsum.

Denn Reed sorgte nicht nur mit seiner Musik für Schlagzeilen. Immer wieder wurde von Drogenexzessen des Musikers und seinen sexuellen Ausschweifungen berichtet, der Ende der 1970er-Jahre mit Bowie und Iggy Pop in einer WG im Westen des geteilten Berlins lebte. Sein verwittertes, verlebtes Gesicht spricht eine eigene Sprache. Aber Reed gehört wie Iggy und Bowie zu den Überlebenden. "Take a walk on the wild side" blieb das Lebensmotto des Musikers aus Long Island, der Rebell, Junkie und Avantgarde-Rock-Pionier war.

Verstümmelung, Inzest, Blut und Kotze
Künstlerische Höhepunkte kollidierten in Reeds Karriere mit schwer verständlichen Arbeiten. Seine Kooperation mit Metallica - "Lulu" aus dem Jahr 2011 - wurde in der Fachpresse regelrecht verhöhnt. Es basiert auf dem gleichnamigen Drama von Frank Wedekind, und die Texte handeln von Verstümmelung, Inzest, Blut und Kotze. Reed war der Meinung, er hätte nie etwas Besseres geschrieben. "Da steckt so viel Wut drin, es ist berauschend", sagte er über die Platte in einem Interview. Viele seiner Fans und der von Metallica waren davon allerdings weniger angetan.

Neuland betrat Reed 1996 mit der Komposition des Musicals "Time-Rocker", das Regisseur Robert Wilson am Hamburger Thalia Theater inszenierte. Für das Werk "POEtry" setzte Reed ebenfalls gemeinsam mit Wilson Gedichte und Texte von Edgar Allen Poe musikalisch um. Zwei Jahre später veröffentlichte er die CD-Fassung des Theaterstücks unter dem Titel "The Raven" (2003). In Sing- und Sprechrollen wirkten Bowie sowie die Schauspieler Willem Dafoe und Steve Buscemi mit.

Seine wilden Auftritte (Zeugnis davon legen die exzellenten Live-Alben "Rock 'n' Roll Animal" und "Live: Take No Prisoners" ab) wurden in späteren Jahren gesitteter. Reed trat auch mit der Performance-Künstlerin Laurie Anderson (64) auf, seiner langjährigen Lebensgefährtin, die er im April 2008 heiratete.

Im Mai dieses Jahres unterzog sich Reed einer Lebertransplantation. "Er lag im Sterben", berichtete seine Ehefrau. Sie glaube nicht, dass ihr Mann sich "jemals vollständig erholen" werde.

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