Todesstrafen-Sager

Stronach brüskiert sein Team, und ORF ist “schuld”

Österreich
05.09.2013 17:01
Frank Stronach hat es am Donnerstag geschafft, sogar seine eigenen Leute, sein Team Stronach, gehörig vor den Kopf zu stoßen. In zwei separaten Interviews sprach sich der wahlkämpfende "Nicht-Politiker", wie er sich selbst gerne bezeichnet, eindeutig für die Todesstrafe aus. Ein absolutes "No-Go" in Österreich, da sind sich alle Parteien einig. Nach den Ausritten des Spitzenkandidaten ging das Team Stronach dann auch noch zum Angriff über und bezichtigte den ORF der "manipulativen Berichterstattung".

Es ist eigentlich der Klassiker der populistischen Polit-Strategie: Jemand haut gewaltig daneben, der mediale Aufschrei ist dementsprechend - also geht man in die Gegenoffensive und greift die Quelle an. So geschehen, nachdem Frank Stronach sich, wie berichtet (siehe Infobox), sowohl in den "Vorarlberger Nachrichten" als auch via ORF unmissverständlich als Todesstrafen-Befürworter outete.

"ORF griff manipulativ in Wahlkampf ein"
Neben einigen Landesobleuten rückte vor allem seine "engste Vertraute" Kathrin Nachbaur zur Schadensbegrenzung aus. Der ORF habe "manipulativ in den laufenden Wahlkampf eingegriffen", polterte die Listenzweite. "Bewusst" habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk "nur einen 50-Sekunden-Ausschnitt gewählt, der so wirkt, als würde die Todesstrafe in das Parteiprogramm des Team Stronach aufgenommen werden". Dabei sei das alles doch nur "eine Privatmeinung" gewesen - was auch Stronach selbst später bekräftigte. Seine Einstellung habe "vielleicht etwas damit zu tun", dass er "schon jahrzehntelang in Nordamerika" lebe.

Stronach hatte in dem vorab veröffentlichten ORF-Clip nach seinem holprigen Plädoyer für die Todesstrafe wörtlich gesagt: "Mafia-Type-Berufsmord - aus Eifers... oder irgendwie als... geplanter, geplanter Berufsmord, ja. Hast du mich gehört, Kathrin? Da hamma manchmal drüber nicht gesprochen." Nachbaur: "Nein." Stronach: "Das kommt dann auch in unser Parteiprogramm, man muss noch erweitern müssen." - Ende der verfänglichen Passage.

Nachbaur hat "Frank" das "erklärt"
Was man allerdings nicht sehe und höre, sei entscheidend, versicherte Nachbaur via Pressemitteilung: Es habe noch eine "Diskussion" gegeben, in der sie Stronach "erklärt" habe, "dass die Todesstrafe in unserem europäischen Kulturkreis nichts verloren hat". "Frank" habe das "anerkannt" und schließlich von einer entsprechenden Erweiterung des Parteiprogramms abgesehen.

"Warum zeigt der ORF das nicht in diesem Clip?", will Nachbaur wissen. Die "Krone" fragte bei Hanno Settele, dem zuständigen ORF-Redakteur, nach: "Wir haben acht Stunden Filmmaterial gründlich gesichtet und diese Stelle noch nicht gefunden."

Glaubwürdigkeitsproblem
Klar ist, Frank Stronach fällt nach diversen seltsamen Sagern (Stichwort: Chinesen, die in Österreich einmarschieren könnten) nun mit einer weiteren unüberlegten Wortmeldung auf und lässt Wähler an seiner Glaubwürdigkeit zweifeln. Eine Vertraute, die ihrem Spitzenkandidaten den Umgang mit heiklen Themen wie der Todesstrafe erst erklären muss bzw. ihm öffentlich auf die Finger klopft, hilft da auch nicht unbedingt.

Neben den Konkurrenzparteien hat der Polit-Donnerstag aber auch einen klaren Gewinner: nämlich den ORF (ob nun manipulativ oder nicht), dem Stronach sicherlich einen Publikumsturbo bescherte.

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