Demokratie 2.0

Island: Verfassung aus Facebook & Co “gefällt” Wählern

Web
23.10.2012 10:24
Rund ein Jahr ist es nun her, dass die isländische Regierung ein politisches Experiment startete. Die Bevölkerung des von der Finanzkrise schwer gebeutelten Inselstaats wurde aufgerufen, sich über die sozialen Netzwerke an der Konzipierung einer neuen Verfassung zu beteiligen. 3.600 Kommentare auf Facebook, Twitter und Konsorten und 370 Vorschläge für den Verfassungsentwurf später ist die Verfassung aus dem Web fertig – und zwei Drittel der Isländer sagen über sie: "Gefällt mir".

Der fertige Entwurf wurde den Isländern jetzt vorgelegt, um über die tatsächliche Einführung abzustimmen. In der zu diesem Zwecke durchgeführten Volksbefragung haben sich 66,3 Prozent der Isländer für den mithilfe von Facebook und Konsorten erstellten Entwurf der neuen Verfassung entschieden, rund ein Drittel war dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 49 Prozent.

Intensive Diskussion auf Facebook
Zwei Drittel der isländischen Bevölkerung sind Mitglied bei Facebook. Während der Konzeptionsphase wurden die wöchentlichen Treffen der für den endgültigen Entwurf zuständigen Expertenkommission deshalb nicht nur auf der Website der Kommission, sondern auch in den sozialen Netzwerken als Livestream zur Verfügung gestellt. Den Usern war es so möglich, bei den Debatten "live" mitzureden und ihre eigenen Vorschläge einzubringen.

"Natürlich kann man sich auch auf anderen Wegen registrieren, der Großteil der Diskussion findet aber über Facebook statt", sagte Berghildur Bernhardsdottir, Sprecherin des Verfassungsprojekts, letztes Jahr über die Bürgerbeteiligung im Web.

Politik kann "Crowdsourcing"-Verfassung noch kippen
Da das Ergebnis der Volksbefragung nicht bindend ist, liegt es jetzt an der isländischen Regierung, über die Einführung der Verfassung à la Facebook abzustimmen. Ob sie in der jetzt von zwei Dritteln der Isländer für gut befundenen Crowdsourcing-Variante eingeführt wird oder ob die Regierung in Reykjavik in einigen Punkten noch Änderungen durchführt, kann noch nicht endgültig gesagt werden.

Vor allem angesichts dessen, dass im isländischen Parlament Zwietracht herrscht. Die Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir, die auch die Volksabstimmung über den Entwurf ins Leben gerufen haben, sind für die Einführung der Verfassung aus dem Web, die Konservativen sind dagegen. Allzu lang andauern dürfte das Tauziehen freilich nicht, schließlich wird in Island im Frühjahr 2013 gewählt.

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