In der mündlichen Urteilsbegründung monierte der Vorsitzende Höchstrichter des Fünfer-Senats, Franz Zehetner, zahlreiche Begründungsmängel in den erstinstanzlichen Freisprüchen. So habe sich das Erstgericht unter anderem über Zeugenaussagen hinweggesetzt und dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen einen falschen Ansatz unterstellt.
Der verstorbene Ex-Wirtschaftsprüfer Karl Bruckner hätte das Gutachten ex-post erstellt, hieß es in der Begründung der erstinstanzlichen Urteils, was aber "falsch" sei, so Zehetner. Damit folgten die Höchstrichter Generalanwältin Margit Wachberger, die eine Neuverhandlung der Causa gefordert hatte.
Kulterer vom Urteil "überrascht"
Ex-Hypo-Chef Kulterer und sein Anwalt Ferdinand Lanker zeigten sich nach der Urteilsverkündung "überrascht". Der OGH habe binnen kürzester Zeit gezeigt, keine klare Meinung zu haben (zur Fristverlängerung des Rechtsmittels, Anm.), kritisierte Lanker das Urteil. Es habe sich aber ohnehin "nur" um Begründungsmängel gehandelt, die beim nächsten Prozess ausgeräumt werden könnten. "Aus jetziger Sicht handelt es sich nur um Formalfehler", so Lanker weiter.
Entgegen der Meinung der Verteidiger war die Nichtigkeitsbeschwerde der Klagenfurter Staatsanwaltschaft nach Ansicht der Höchstrichter rechtzeitig erfolgt: Aufgrund einer Judikatur-Änderung des OGH im heurigen Juni sei zwar die Verlängerung der Rechtsmittelfrist, die die Klagenfurter Staatsanwaltschaft zweimal beantragt hatte, verspätet gewesen, so der Vorsitzende. Allerdings habe aber die Staatsanwaltschaft nach Bekanntwerden der Änderung der Rechtsprechung fristgerecht am 20. Juni 2012 einen Wiedereinsetzungsantrag eingebracht, sodass letztendlich die Nichtigkeitsbeschwerde zeitgerecht erfolgt war, begründete Zehetner.
Ex-Hypo-Chef rechnet mit Freispruch
Kulterers Anwalt rechnet nun damit, dass in der neuen Verhandlung auch ein neues Gutachten erstellt werden müsse. Sein Mandant sei als Aufsichtsratschef der Hypo nicht für die Kreditvergabe zuständig gewesen. Und die Vergabe eines Blanko-Kredites durch den Vorstand sei bei Einhaltung des Pouvoirs "keine Unrechtmäßigkeit".
Kulterer sagte, er rechne in der neuen Verhandlung "mit einem Freispruch". Dass er mit vielen Strafsachen konfrontiert sei, erfordere allerdings "eine gute Kondition".
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