Ex-Schwager erschossen

Sohn (12) musste Vater beim Sterben zusehen

Oberösterreich
18.10.2023 09:35

Schuldig bekennt sich Roland K. (38) vor dem Geschworenengericht in Steyr! Er gibt zu, den verhassten Ex-Schwager in Grünburg erschossen zu haben. Und in der Anklage kam es zum ersten Knalleffekt: Der Schütze holte nach der Tat den leiblichen Sohn des Opfers und zwang ihn, dem Vater beim Sterben zuzusehen. Und dann noch ein Paukenschlag: Es sollten noch zwei Personen sterben!

„Ich habe noch nie so eine kaltblütige Tat gesehen“, eröffnete Staatsanwalt Andreas Pechatschek die Verhandlung. Denn der Angeklagte hatte sich mit seiner Pistole und drei vollen Magazinen - je zehn Schuss - zum Haus des Ex-Schwagers begeben, war 40 Minuten von Ennsdorf nach Grünburg gefahren. Dort läutete er den Schwager gegen 1 Uhr früh heraus. „Es war kein Anstandsbesuch, das sah der Ex-Schwager sofort an der Waffe“, so der Ankläger. Nachdem das spätere Opfer mit seiner Lebensgefährtin die Tür zugedrückt hatte, zerschoss der Angreifer die Glastür, traf den verhassten Ex-Schwager zweimal. 

„Für ihn war es ein Befreiungsschlag“
„Dann sammelte er alle Handys ein, holte den Neffen, also den leiblichen Sohn des Opfers, aus dem ersten Stock und zwang ihn, dem Vater beim Sterben zuzusehen“, führt Pechatschek aus. Anwalt Hans Jürgen Riedl suchte keinen Widerspruch: „Ja, die Tat war so, wie der Staatsanwalt sie schilderte, und mein Mandant bekennt sich schuldig.“ Doch sieht er keine Kaltblütigkeit, sondern eine nachvollziehbare Affekttat, weil sich sein Mandant, der laut Gutachten sehr harmoniebedürftig und empathisch ist, verrannt habe. „Für ihn war es ein Befreiungsschlag.“ Der Rechtsbeistand hofft, dass die Geschworenen am Ende des Tages diesen „Affekt“ seines Mandanten nachvollziehen können und damit auf Totschlag entscheiden.

„Am Anfang habe ich mich mit dem Schwager gut verstanden, hab´ beim Hausbauen geholfen und, wir gingen auch gemeinsam in die Berge“, berichtet der Angeklagte von der Beziehung mit dem späteren Opfer. Doch dann sei herausgekommen, dass „ihm nur das Materielle wichtig war“. Nach der Scheidung von der Schwester im Jahr 2016 wurde alles ganz anders. Das Obsorgegericht sprach die beiden Kinder dem Vater zu. „Dies konnte der Angeklagte nicht akzeptieren. Er sagte selbst, dass er mit der Tat diese Entscheidung revidierte“, so der Ankläger.

„Er sah nur das Finanzielle, wollte, dass er keine Alimente mehr zahlen muss“, so der Angeklagte, der meinte, dass der leibliche Vater die Kinder „angefüttert“ habe und dass der Ex-Schwager immer auf die Kinder eingewirkt habe. „Persönlich habe ich ihm das nicht vorgehalten“, sagte der Angeklagte auf die Frage von Richterin Dagmar Gursch, die sich genau mit der Vorgeschichte der Tat auseinandersetzt. Als die Mutter der Kinder darauf verzichten wollte, habe das den Hass weiter verstärkt. In der Woche vor der Tat sprachen der Angeklagte und seine Schwester auch noch darüber. „Er hatte immer nur das Ziel, das Maximum für sich herauszuholen. Zuerst stand er, dann das Geld und dann erst die Familie“, sagte der Angeklagte, der sich selbst als „das Gegenteil von ihm“ beschrieb: „Mir ging es nie ums Geld.“ 

„Er war ein Energieräuber“
„Er war ein echter Energieräuber“, sagte Roland K. Auf die Frage der Richterin, ob die Schwester ihn aufgefordert habe, ihr zu helfen, sagte er „Nein.“. Er hätte auch nicht das Bedürfnis gehabt, einzuschreiten - das änderte sich dann in der Nacht zum 5. März.

„Heute erwischt es den Richtigen“
Auf den Tattag befragt, berichtet der Angeklagte, davon, dass es eigentlich gar nicht um den Obsorgestreit und den verhassten Ex-Schwager ging. Nach einem Besuch bei seinem Bruder stritt er mit der Lebensgefährtin, weil er nicht die angebotene Schaukel des Bruders haben wollte. Dann ging's zu einem Freund, ins Wirtshaus - „ich trank so sieben Bier“ - eigentlich wollte er beim Freund schlafen. „Dann legte sich der Schalter um“, berichtet der Angeklagte, und auf Nachfrage der Richterin gab er an, dass er wohl mit dem „Vorsatz“ wegfuhr, seinen Ex-Schwager zu töten. Unterwegs umdrehen, das sei ihm nicht in den Sinn gekommen: „Ich war wie im Tunnel.“

„Es ist mir an diesem Tag das erste Mal in den Kopf geschossen, das zu tun“, sagte der 38-Jährige. Er habe die Pistole, eine Glock, aus dem Waffensafe im Wohnzimmer geholt - „die Waffe hatte ich, weil meine Freundin Angst vor Einbrechern hat“ - und meinte noch zur Lebensgefährtin, zu der die Beziehung sehr schlecht, am Zerbrechen, war: „Heute erwischt es den Richtigen.“ Aber seinen Plan, den Ex-Schwager zu töten, hätte er nicht angekündigt.

Nach der Tat fuhr der Angeklagte weg - aber offenbar nicht nur mit dem Gedanken an die Flucht: Er dachte auch daran, den Ex-Freund seiner Lebensgefährtin und seinen Ex-Chef zu erschießen. Aber am Telefon habe ihn die Freundin, die ihn angerufen hatte, aber davon abgehalten. Motiv; „Es war eh schon egal“, meinte der Angeklagte sinngemäß, weil er wusste, dass sein Leben vorbei war. Er fuhr dann doch heim, schickte seiner Schwester eine Nachricht: „Deine Sorgen haben ein Ende.“

„Hatte keine innere Mitte mehr“
„Wie stehen Sie heute zu Ihrer Tat?“ - fragte die Richterin. Halbherzig meinte der Angeklagte, dass es ihm leidtue und es „ein Fehler“ war, den er, wenn es ginge, „rückgängig machen würde“. Das Hauptmotiv sei gewesen: „Ich hatte keine Ruhe mehr, keine innere Mitte.“

Beim Prozess werden vier Zeugen und zwei Gutachter aussagen. Ob die Verhandlung wirklich von 8.30 Uhr bis 21 Uhr dauert, wird sehr stark von der Verantwortung des Angeklagten, für den die Unschuldsvermutung gilt, abhängen. 

Die Tat hatte übrigens nicht zur Folge, was der Angeklagte wohl gerne gehabt hätte. Die Kinder blieben bei der Stiefmutter, die jetzt auch das Sorgerecht hat, kamen nicht zurück zu seiner Schwester, der leiblichen Mutter. „Das ist die Entscheidung der Kinder“, meint der Todesschütze, der ihnen den Vater nahm. Die angemeldeten Ansprüche der Hinterbliebenen - so etwa je 50.000 Euro für Lebensgefährtin des Opfers und den Sohn, 45.000 Euro für die Tochter, je 40.000 Euro für die Stiefkinder - „sehe ich nicht ein“.

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