Andreas Zechner arbeitet in seinem zehnten Jahr als technischer Direktor der Salzburger Festspiele - ein Job unter Hochspannung, mit viel Aufwand und besonderen Privilegien.„Krone“-Redakteur Roland Ruess hat ihn besucht. Ein Porträt.
An seine Premiere bei den Festspielen im Sommer 1991 als technische Hilfskraft kann er sich noch ganz genau erinnern: „Ich war für den Dachmechanismus der Felsenreitschule zuständig, sowas sollte ein Benjamin wie ich übernehmen“, schmunzelt der Mann, den wir im Büro des Technischen Direktors treffen. Wo gerade aktuelle Probenszenen über vier Flat Screens flimmern. Als er damals im Festspielbezirk im Ferialjob debütierte, hatte er seinen privaten PC mit. Und ahnte wohl kaum, einmal die Kommandozentrale zu übernehmen. „Damals verstand ich so einiges nicht, musste das Bühnenlatein erst lernen.“ Heute trägt er die Verantwortung für ein High-Tech-Gesamtkunstwerk, das sich auch in dramaturgischen Ausdrucksformen digitalen Sphären öffnet.
Technischen Verstand hatte er als Maturant mit anschließendem HTL-Kolleg jede Menge, die Faszination Festspiele tat ihr Übriges. Der Mechatronik- und Maschinenbaustudent kehrte in den Folgesommern immer wieder nach Salzburg zurück, 1997 wurde er zum Assistenten des technischen Direktors. Danach sammelte Zechner, der im Linzer Domchor sang und Klarinette gelernt hatte, an anderen Häusern einschlägige Erfahrung. Grazer Oper, Württembergisches Staatstheater Stuttgart und Münchner Kammerspiele, ehe es zurück nach Salzburg ging. Sein akribischer Arbeitsstil, seine unaufgeregte Dynamik, seine Präzision und nicht zuletzt seine Flexibilität im Umgang mit oftmals kühnen Ideen weltberühmter Regisseure lassen keinen Zweifel aufkommen: Der ins studentische Revolutionsjahr 1968 hinein Geborene ist die Idealbesetzung für diese Hauptrolle hinter den Kulissen.
Ein Möglich-Macher des schier Unmöglichen
Er ist ein Möglich-Macher des schier Unmöglichen, ganz selten lässt sich ein Wunsch für eine Produktion nicht realisieren. „Als Romeo Castellucci sich für Salome eine Verwandlung der Felsenreitschule in eine Art von Marmorsteinbruch vorstellte, musste ich ihm bekunden, dass dies jenseits des Machbaren liegt“, zeigt Zechner gehortete Grafik-Visualisierungen davon. Man fand dann eine Lösung, die die Dramaturgie gewünschter Isolation veranschaulichte. „Die Arkadenbögen wurden alle so geschlossen, dass der Eindruck einer kompakten Mauer entstand, der Boden messingfarben verspiegelt.“
Was auf ihn und sein im Sommer rund 400-köpfiges Team aller möglichen Gewerke zukommt, erfährt der Technik-Chef in der Basisstruktur zumeist mit einem Jahr Vorlauf, konkreter wird es bei den sogenannten Bauproben im Herbst. „Zuvor kennen wir ein Modell, dann kommt es zur Simulation.“ Daraus ergibt sich detaillierte Erarbeitung der Themen, das bedeutet Manufaktur mit der allgegenwärtigen Prämisse Qualitätssicherung. „Daran wird sich auch nichts ändern, für Künstliche Intelligenz sehe ich kaum Anwendungsbereiche.“ Man könne die Arbeitsweise der Regisseure nicht miteinander vergleichen, „manche haben einen klaren Plan, andere nicht. Man muss allen mit größtem Respekt begegnen.“
Die gewaltige Bühnenmaschinerie mit diversen Hubpodien, teilweise elektronisch gesteuert, Schnürboden, tausenden Scheinwerfern etc. bedarf größtmöglicher Effizienz. Selbige ist an allen Spielorten gefragt – mit dem Domplatz sind es neun. Für die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit der Gerätschaften erfolgt alljährlich ein Check durch einen Sachverständigen, Fragen allgemeiner Sicherheit obliegen der städtischen Veranstaltungsbehörde. „Man sollte den technischen Aufwand gerade bei der Freilichtaufführung nicht unterschätzen“, verwehrt sich Zechner auch gegen die Meinung, ein Jedermann im Festspielhaus sei eine B-Produktion, also zweite Wahl. „Wir bieten drinnen dieselbe Qualität.“
„Wir führen alljährlich Weltmeisterschaften…durch“
Andreas Zechner betont „dass wir in einer sehr kreativen, vielfältigen und interessanten Arbeitsumgebung ganz nah an dem Produkt der Salzburger Festspiele wirksam sind und diese mitgestalten. Unser Theater bietet Arbeit und Ausbildung in vielem Handwerksberufen, wie Tischler, Schlosser, Maler, Tapezierer, Bildhauer, Zimmerleute, Stahlbau, Mechatronik, Elektrotechnik, Mechaniker, Elektroniker die Kenntnisse werden in den Berufen der Veranstaltungstechnik gebündelt und eingesetzt.“
Er selber macht, als früherer Amateurkicker, einen verbalen Ausflug in die Welt des Fußballs, um seine Festspielphilosophie zu charakterisieren: „Es gibt da Bundesliga, Champions League und Weltmeisterschaften. Repertoiretheater wäre Bundesliga, wir führen alljährlich Weltmeisterschaften durch. Meine Funktion sehe ich als die eines Sechsers, der nach hinten absichert und nach vorne für einen konstruktiven Spielaufbau sorgt. Die Chancenverwertung, also das Tore schießen, das müssen dann die Stars auf der Bühne übernehmen.“
In Salzburg bleibt „allseits Hochspannung bis zur letzten Aufführung“, sagt der sich bei Ausdauersportarten Erholende, der so richtig nur in den Weihnachtsferien abschalten kann – sich das Arbeitsjahr über aber immer wieder eines spezifischen Privilegs erfreut: „Bei jedem Rundgang währender den Probezeiten hört man die Stimmen absoluter Weltstars – wer kann soetwas sonst von seinem Arbeitsplatz behaupten?“
Roland Ruess, Kronen Zeitung
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