Ganz schön teuer!

Microlino: So fährt sich die Isetta der Neuzeit

Motor
25.07.2023 05:00

Kann es ein putzigeres Fahrzeug geben als die Neuauflage der Isetta? Dieses Einzylinder-Mikromobil mit Frontzustieg, das BMW zwischen 1955 und 1962 gebaut hat? Die gute Nachricht: Mit fünf Jahren Verspätung gibt es nun die Neuauflage - als Elektro-Leichtfahrzeug namens Microlino. Leider braucht man dafür eine dicke Brieftasche - und hohe Leidensfähigkeit.

Bereits 2018 hätte die Knutschkugel zu Preisen ab 12.000 Euro auf den Markt kommen sollen, doch stattdessen entbrannte ein Rechtsstreit zwischen dem Schweizer Konstrukteur und dem italienischen Auftragsfertiger, der den Wagen plötzlich auf eigene Rechnung vermarkten wollte, heißt es seitens Microlino. Die Konstruktion wurde überarbeitet, der Streit außergerichtlich beigelegt und wir hatten nun endlich die Gelegenheit, die Neuzeit-Isetta zu fahren.

Schauplatz: der Sommer-Event des German Car Awards, wo sich das Gefährt präsentierte. Nein, nicht als Kandidat, aber von den rund 70 Autos, die von den geladenen Journalisten, Juroren und Vertretern der Autoindustrie begutachtet und gefahren werden konnten, sorgte der Microlino sicher mit Abstand für das größte Aufsehen.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Stärker als das Original
Er ist ein Leichtfahrzeug, Klasse L7e, mit einem 12,5 kW/17 PS und 89 Nm starken Elektromotor, mit Akku ab 496 kg schwer und 90 km/h schnell. Drei Akkugrößen sind erhältlich (6, 10,5 und 14 kWh), wir waren mit dem mittleren unterwegs, der für eine Reichweite von 177 Kilometer gut sein soll. Zum Vergleich: Die Isetta wog maximal 370 kg und hatte einen 13-PS-Viertakt-Benziner vor den Hinterrädern.

Ursprünglich waren Gitterrohrrahmen und Starrachse geplant, jetzt hat das Elektromobil eine selbsttragende Karosserie und Einzelradaufhängung. Außerdem ist die Spur an der Hinterachse breiter geworden. Servolenkung, Bremskraftverstärker, ABS, ESP, Airbags, nichts davon ist erhältlich, auch keine Klimaanlage. Dafür zwei seitliche Fensterchen und ein cooles Faltdach.

Einen Hauch von Luxus gibt es aber doch: Die große Fronttüre schließt elegant per Softtouch wie eine Luxuslimousine. Ansonsten geht es karg zu. Die verschiebbare Sitzbank bietet Platz für zwei, aber weder Komfort noch Seitenhalt, dahinter ist Platz für 230 Liter Gepäck.

(Bild: Stephan Schätzl)

Einsteigen will gelernt sein - aussteigen noch mehr
Man sollte wissen, wie man am besten einsteigt. Einen Türgriff gibt es außen nicht, nur seitlich einen Knopf, der den Verriegelungsmechanismus löst. Die Tür schwingt von selbst auf. Dann vorwärts einsteigen, neben der festen Lenksäule (anders als bei der Isetta) aufrecht stehen bleiben, um 180 Grad drehen, hinsetzen. Dann mit der Schlaufe die Tür zuziehen.

Noch wichtiger ist zu wissen, wie man wieder rauskommt: Der Knopf zum Türöffnen ist versteckt, und zwar sehr gut. Es gibt keinen Hinweis darauf, wo er sich befindet. Man kann ihn nur ertasten (siehe Video!).

(Bild: Stephan Schätzl)

Alles sehr einfach gestaltet
Das Interieur wirkt rudimentär, aber das war ja schon in der Isetta so. Die hatte aber immerhin ein Radio. Wer im Microlino Musik hören will, klemmt sein Handy in die Halterung und verbindet es via Bluetooth mit der Box, die in einem seitlichen Fach steckt und dort auch geladen wird. Oder verzichtet ganz, denn es wird von selbst laut, sobald man fährt. Das Getriebe sirrt vernehmlich. Und störend. Außerdem klappert gefühlt alles.

Das Auto hoppelt über jede Bodenunebenheit, hohe Ansprüche an die Federung sollte man nicht haben. Lenkung und Bremse erfordern Kraft, in schnellen Kurven muss man sich festhalten, denn auf dem Sitz hat man nicht den Anflug von Seitenhalt.

Von der Ampel startet man noch behende weg (0-50 km/h 5 Sekunden), doch dann gerät das Beschleunigen zu einer zähen Sache. Das Höchsttempo von 90 km/h wird, wenn überhaupt, nach langem Anlauf erreicht.

Günstig ist anders
Derzeit wird der Microlino nur in einer Start-Sonderedition verkauft, mit der mittleren Batterie und z.B. Faltdach um rund 23.000 Euro (allerdings noch nicht in Österreich, doch das ist eine Frage der Zeit). Das Basismodell wird 18.000 Euro kosten. Sehr viel Geld für sehr wenig Auto - aber sehr viel Optik.

Fahrzit
Der Microlino ist ein wahnsinnig liebes, putziges Gefährt. Schade, dass die Fahreigenschaften mit der Optik in keiner Weise mithalten können. Und dafür ist er richtig teuer.

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