Krisensprache

“Rettungsschirm” ist das Wort des Jahres 2011

Österreich
07.12.2011 07:25
Vertrauen ist gut, ein Rettungsschirm ist besser: "Euro-Rettungsschirm" ist das Wort des Jahres 2011. "Die Wahl dieses Wortes ist durch seine Bedeutung und aufgrund der Häufigkeit des Auftretens in den Medien begründet", so die Erkärung der zuständigen österreichischen Fachjury. Beim Un-Wort schoss sich das Gremium auf "Töchtersöhne" ein, und den Spruch des Jahres formulierte Finanzministerin Maria Fekter typisch österreichisch: "Shortly, without von delay."

Die Wahl wurde von der Fakultät für Umwelt- und Erziehungswissenschaften an der Universität Graz in Kooperation mit der Austria Presse Agentur durchgeführt. Die Jury unter der Leitung von Professor Rudolf Muhr begründete ihr Entscheidung damit, dass das Wort "Euro-Rettungsschirm" zwei positive Bedeutungen habe, indem es als "Schirm" Schutz vor von oben kommenden negativen Auswirkungen verspreche, gleichzeitig aber auch als "Rettungsschirm" eine weiche Landung der in die Krise geratenen Wirtschaft der Euro-Länder in Aussicht stelle.

"Arabischer Frühling" vor "Inseratenkanzler"
Auf dem zweiten Platz landete der "Arabische Frühling", der aktuelle Ereignisse "historischer Größe" bezeichne, sich an den "Prager Frühling" anlehne und die Hoffnung auf eine umfassende Demokratisierung in autoritär regierten Ländern ausdrücke. Der "Inseratenkanzler" landete schließlich auf dem dritten Rang. Hier sei allerdings der "Wahrheitsgehalt derartiger Behauptungen" erst Gegenstand des Korruptionsausschusses des Nationalrates.

"Töchtersöhne" sprachlich unglücklich formuliert
Zum Un-Wort des Jahres 2011 wurde "Töchtersöhne" gekürt. Das Un-Wort ist aus der Verkürzung der neu formulierten Zeile "Heimat, bist du großer Töchter, Söhne" der österreichischen Bundeshymne entstanden und stelle laut Jury eine sprachlich sehr unglückliche Formulierung dar, da damit unbeabsichtigt die von Töchtern geborenen männlichen Enkel gemeint sein können. "Die mangelhaft gestaltete Hymnenzeile war Anlass dafür, dass von verschiedenen Seiten ein legitimes Anliegen der Frauen in Zweifel gezogen wurde. Es ist die mangelhafte sprachliche Form und die damit verbundenen Reaktionen, die den Ausdruck zu einem Unwort machen", so die Begründung des Gremiums.

Die "silberne Medaille" erhielt in der Un-Wort-Kategorie der "Lobbyist" zugesprochen. Der neutrale Begriff sei durch "korrupte und manipulative Tätigkeit" einiger Berufsvertreter in Verruf gekommen. Das "bronzene" Un-Wort des Jahres stammt aus dem vor Kurzem novellierten steirischen Naturschutzgesetz: "letal vergrämen". Ein einfallsreicher Euphemismus für das Töten von Vögeln.

Fekter-Spruch symptomatisch für Überforderung
Doch nicht einzelne Wörter oder Begriffe machen Sprache aus, es sind Sätze oder Sprüche. Finanzministerin Fekter wird hier mit dem Spruch des Jahres 2011 vor den Vorhang gebeten: "Shortly, without von delay." Gebracht hat sie ihn am 13. Juli nach einer EU-Krisensitzung zur Schuldenkrise: "Die Zeit, die wir uns gegeben haben, ist shortly. Und auf Ihre Frage, was das heißt, sage ich Ihnen: shortly, without von delay." Dieser Ausspruch sei symptomatisch für die Überforderung von europäischen Politikern in der komplexen wirtschaftlichen Situation, in der sich die EU derzeit befinde, so die Jury.

"Wos woa mei Leistung?" ist Un-Spruch des Jahres
Und dann der Un-Spruch des Jahres: "Wos woa mei Leistung?" Die Jury dazu: "Dieser von Walter Meischberger in einem 'privaten' Gespräch gemachte Ausspruch bezog sich auf Absprachen, die in Bezug auf Rechnungen getätigt werden und vor der Staatsanwaltschaft bestimmte Provisionszahlungen im Rahmen von Immobilienverkäufen begründen sollten. Er steht für viele ähnliche Vorkommnisse, die derzeit gerichtsanhängig sind und fehlendes Unrechtsbewusstsein zeigen. Für Meischberger und andere gilt die Unschuldsvermutung."

Jugendwort des Jahres wurde "liken" ("Gefällt mir"), gefolgt von "planking" und "egosurfen" als Ausdruck für das Suchen bzw. Gieren nach möglichst vielen Eintragungen der eigenen Person im Internet.

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