Analyse von SPÖ-Kenner

„Weibliche Kreisky“ und die Fehler der Anderen

Politik
08.05.2023 07:50

Wer gewinnt das Rennen um die SPÖ-Spitze? Für den Parteikenner und Politologen Anton Pelinka eine klare Sache: Pamela Rendi-Wagner. Und die Konkurrenz? Hans Peter Doskozil würde nur den „ÖVP-Hass“ befrieden und Andreas Babler sei zu „naiv“. 

Geht es nach Anton Pelinka, dürfte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner im erbittert geführten Dreikampf um den Bundesparteivorsitz bei der Mitgliederbefragung die Nase vorn haben. Ihr Sieg sei „am wahrscheinlichsten“.

Nur mit der Parteichefin bleibe auch die seiner Ansicht nach einzige reelle Machtoption der Roten nach der kommenden Nationalratswahl, nämlich eine Koalition mit der ÖVP, gewahrt.

Der „Faktor Frau“
Die Unterstützung der mächtigen Wiener SPÖ, jene der roten Gewerkschafter - und vor allem der „Faktor Frau“ könnten für Rendi-Wagner im Wettbewerb gegen Hans Peter Doskozil und Andreas Babler entscheidend sein.

So sei es „sehr geschickt“ gewesen, dass die Parteichefin bei den für die Kandidatur notwendigen Unterstützungserklärungen zunächst ausschließlich weibliche aufgeboten habe. „Sie steht dadurch als Frau im Mittelpunkt“, ortete Pelinka eine richtige Strategie.

„Unterschwellig“ herrsche unter Männern in der SPÖ nach wie vor abschätzig die Annahme vor, dass eine Frau an der Spitze der Sozialdemokratie nicht die Richtige sein könne. Diese Vorurteile könnten für die Parteichefin auch eine positive Gegenbewegung auslösen. Ähnlich wie bei der Wahl Barack Obamas zum ersten schwarzen US-Präsidenten, zog Pelinka einen großen Vergleich.

Unterstützer wie Altbundeskanzler Franz Vranitzky und Ex-Bundespräsident Heinz Fischer würden hingegen die Älteren ansprechen: „Beide haben immerhin Wahlen in Folge gewonnen. Davon kann man beispielsweise bei (Christian, Anm.) Kern nicht sprechen“, spielte Pelinka auf einen anderen Ex-Kanzler an, der Doskozil unterstützt.

Die SPÖ-Chefin mache jedenfalls derzeit vieles richtig, auch wenn es einiges zu kritisieren gebe - etwa, dass sie „außenpolitisch blass geblieben“ sei. „Sie ist sehr kämpferisch, artikulationsfähig, hat eine klare Linie“, urteilte Pelinka. Und: „Sie repräsentiert die Mitte der Partei. Sie polarisiert weniger als die beiden anderen.“ Außerdem signalisiere sie den Mitgliedern glaubhaft eine Machtperspektive.

Der „Fehler“ des Hans Peter Doskozil
„Eine Mehrheit ohne die ÖVP ist aussichtslos.“ Und diese sei mit Rendi-Wagner möglich. Eine Koalition mit Grünen und NEOS sei „Wunschdenken. Eine Chimäre. Utopie.“

Dass Doskozil genau auf jenes Bündnis setzt, sei ein schwerer Fehler. Das helfe ihm vielleicht kurzfristig ein wenig bei der Mitgliederbefragung, weil so der SPÖ-interne „ÖVP-Hass“ wegen der Ära Kurz befriedigt werde. Aber mittel- und langfristig schade es: „Von dieser Ansage kommt er auch nicht mehr runter.

Der „naive“ Andreas Babler?
Kritisch sieht Pelinka den Kandidaten Babler. Dieser treffe zwar die „Nostalgie-Erwartung“ und die „Gefühlswelt“ vieler, aber er orte bei den programmatischen Vorstellungen des Traiskirchener Bürgermeisters auch „viel Naivität“ und zu wenig Konsistenz. Dessen Motto sei offenbar „Eat the Rich“, doch mit wem könne er ein solches Programm umsetzen, fragte der Politologe: „Es wird wohl kaum für eine absolute Kreisky‘sche Mehrheit reichen.“

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Kreisky war kein Babler-Typ.

(Bild: APA/HANS PUNZ)

Anton Pelinka

Und Nationalratswahlen würden in Österreich nun mal seit jeher in der Mitte oder Mitte-Rechts gewonnen, erinnerte Pelinka. Die Ära des meist absolut regierenden Bruno Kreisky sei da keine Ausnahme gewesen, denn dieser habe weit in die konservative Wählerschaft hineingewirkt, auch ob der „Bürgerlichkeit seines Auftretens.“

„Kreisky war kein Babler-Typ“, fasste der Politikexperte zusammen und bemängelte auch die „EU-kritische Vergangenheit“ des Politikers. Wenn schon, dann könne man von Rendi-Wagner als „dem weiblichen Kreisky“ sprechen - auch wenn Babler von SPÖ-nahen Personen eine gute Kampagne attestiert wird. 

Die Partei sei ob der Grabenkämpfe in Mitleidenschaft gezogen worden: „Ein Schaden ist da.“ „Fundamental“ würde dieser aber nur, sollten die Auseinandersetzungen nach der Entscheidung fortdauern. Die SPÖ müsse auf eine möglichst späte Nationalratswahl hoffen: „Sie muss zwar eine vorgezogene Neuwahl fordern, aber sich insgeheim wünschen, dass es nicht passiert.“

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