80-Jähriger in U-Haft

Inzest-Verdacht: “Keine Kinder mit Töchtern gezeugt”

Österreich
26.08.2011 13:35
Die Ermittlungen nach Bekanntwerden des schrecklichen Inzest-Verdachts im Bezirk Braunau in Oberösterreich laufen auf Hochtouren. Der heute 80-jährige Verdächtige, über den Freitagmittag die U-Haft verhängt wurde, habe mit seinen beiden Töchtern, die mittlerweile 53 und 45 Jahre alt sind, offenbar keine Kinder gezeugt, erklärte Staatsanwalt Alois Ebner. Fast unglaublich, aber wahr: In dem Fall wird nicht nur gegen den Vater, sondern auch gegen die zwei Frauen ermittelt - und zwar wegen unterlassener Hilfeleistung.

Die U-Haft gegen den 80-Jährigen ist vorerst bis zum 9. September wirksam, teilte das zuständige Landesgericht Ried im Innkreis am Nachmittag mit. Der Beschuldigte hat gegen die Maßnahme keine Beschwerde erhoben, streitet die ihm zur Last gelegten Taten aber vollständig ab. Er hat einen Verteidiger beantragt, der durch die Rechtsanwaltskammer nominiert wird. Der 80-Jährige soll in Kürze medizinisch begutachtet werden.

Auf die Spur des Mannes waren die Behörden - wie berichtet - gekommen, als die ältere der beiden Schwestern ihn bei einem Vergewaltigungsversuch im Mai weggestoßen haben soll. Der Mann stürzte und konnte nicht mehr aufstehen, seine Töchter ließen ihn zwei Tage am Boden liegen, bis sie eine Sozialarbeiterin anriefen, die ihm half. Die Schwestern erzählten der Sozialarbeiterin von den Übergriffen, die Frau schaltete die Polizei ein und brachte so den Fall ins Rollen.

"Frauen primär als Opfer anzusehen"
Es habe sich mit Sicherheit um Notwehr gehandelt, sagte Staatsanwalt Ebner. "Die Frauen sind primär als Opfer anzusehen und nicht als Täterinnen." Trotzdem wird wegen unterlassener Hilfeleistung gegen sie ermittelt. Psychiatrische Gutachten wurden in Auftrag gegeben, zudem sollen auf Antrag der Staatsanwaltschaft die zwei mutmaßlichen Opfer unter Beiziehung eines medizinisch-psychiatrischen Sachverständigen einvernommen werden.

Die Schwestern, bei denen geistige Defizite vorhanden sind, würden rundum versorgt und betreut. Die 53- und 45-Jährige sollen künftig in einer "adäquaten Einrichtung", einem "gut geführten Haus", unterkommen, sagte Bezirkhauptmann Georg Wojak. Bis zur Anzeige der Sozialarbeiterin habe es keine Hinweise auf Missbrauch gegeben.

Über 40 Jahre andauerndes Martyrium
Der Beschuldigte war am Donnerstag festgenommen worden. Er soll seit 1970 seine Töchter regelmäßig sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben. In den Einvernahmen berichteten die Frauen, dass sie ihr Vater wiederholt mit dem Umbringen und mit Waffen bedroht habe. Sie hätten mit ihm nur einen Raum seines Hauses bewohnt. Jegliche Sozialkontakte seien untersagt worden. Der 80-Jährige soll auch seine Ehefrau, die vor drei Jahren starb, misshandelt haben. Die Frauen waren offenbar so eingeschüchtert, dass sie nie zur Polizei gegangen sind.

Die Misshandlungen durch den 80-Jährigen dürften sich auf die beiden Frauen beschränkt haben. Er sei sonst nie straffällig geworden, berichtete Staatsanwalt Ebner. Allerdings sollen die Schwestern im Volksschulalter auch von einem Bekannten ihres Vaters misshandelt worden sein. Das sei aber mittlerweile verjährt, so der Staatsanwalt.

Vizebürgermeister: "Gesellschaftspolitisches Problem"
Der Vizebürgermeister der betroffenen Gemeinde sagte, dass er zwar das Haus des Verdächtigen kenne, jedoch den Mann und seine Familie gar nicht. "Ich weiß nicht einmal, wie er ausschaut." Der Vizebürgermeister sprach von einem "gesellschaftspolitischen Problem": "Heute lebt im Gegensatz zu früher jeder sein eigenes Leben." Es dürfte "viele Orte geben, in denen derartige Übergriffe im Verborgenen passieren".

Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser plädierte am Freitag, beim leisesten Verdacht nicht einfach wegzusehen. Vor allem Menschen aus dem Umfeld der Betroffenen hätten oft Scheu, Hilfe zu suchen, meinte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins und Leiterin der Frauenhelpline. Sie betonte, wie wichtig es sei, dass es Einrichtungen wie die Frauenhelpline gebe. Jeder kann sich bei Verdachtsfällen Ratschläge von der österreichweit anonymen und kostenlosen Frauenhelpline unter der Telefonnummer 0800/222-555 holen.

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