Ruhe vor dem Sturm

Russen zittern vor ukrainischer Cherson-Offensive

Ukraine-Krieg
23.10.2022 20:01

Angesichts des Vormarsches Kiewer Truppen im Gebiet Cherson im Süden der Ukraine wappnet sich Russland für eine Großoffensive. Nach ukrainischen Angaben hat die russische Militärführung die Stadt Cherson verlassen und sich über den Dnipro zurückgezogen. Am rechten Flussufer blieben demnach nur neu mobilisierte, unerfahrene Truppen zurück. Auch aus mehreren anderen Städten im westlichen Teil der Oblast hat Russland seine Truppen abgezogen. Vieles deutet darauf hin, dass der Sturm auf Cherson kurz bevorsteht.

Die Stadt Cherson wurde gleich zu Beginn von Russlands Angriffskrieg erobert, inzwischen hat sich die Lage der russischen Truppen westlich des Flusses deutlich verschlechtert. Die ukrainischen Truppen haben systematisch die Nachschubwege der Russen über den Dnipro zerstört und rücken seit Anfang Oktober bei ihrer Gegenoffensive auf die Stadt vor.

Der neue Kommandant der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, sagte in dem Zusammenhang, die Moskauer Truppenführung schließe „schwierige Entscheidungen“ nicht aus. Beobachter deuten dies als Hinweis auf einen möglichen Komplett-Abzug der Streitkräfte der Stadt.

Stadt wird auf Häuserkampf vorbereitet
Teils flüchten Soldaten bereits mittels Fähre aus Cherson, berichtet der US-Thinktank Institute for der Study of War (ISW) unter Berufung auf den ukrainischen Generalstab. Andere Angehörige der russischen Streitkräfte bereiten indes die Stadt auf einen Häuserkampf vor. Am Samstag wurden die Zivilisten Cherson aufgefordert, die Gebietshauptstadt zu verlassen. Russland verstärkte die Aufrufe zur Evakuierung am Sonntag weiter. Insgesamt sollen laut Kreml bis zu 60.000 Einwohner in Sicherheit gebracht werden. Für die Menschen dürfte die Lage in Cherson grimmig aussehen: Ein ukrainischer Reporter teilte am Sonntag auf Twitter Bilder von leeren Supermarktregalen.

Mehr als 20.000 Zivilisten wurden inzwischen von den russischen Besatzern aus der Stadt auf die andere Seite des Dnipro geschickt. Man habe der Bevölkerung „vorgeschlagen, die Möglichkeit zu nutzen und in den linksufrigen Teil des Gebiets Cherson zu gehen“, sagte Kirill Stremoussow, der Vizechef der russischen Besatzungsverwaltung, am Sonntag in einem Radiointerview. Zugleich erklärte er, dass die Lage stabil sei und die Verteidigungslinien verstärkt würden.

Sprengen Russen Staudamm?
Nach Einschätzung des ISW bereitet Russland eine Reihe von Aktionen zur Verzögerung der Gegenoffensive vor. Eine davon sei wahrscheinlich, den Damm des Wasserkraftwerks Kachowka zu zerstören, um so den ukrainischen Vormarsch zu bremsen. Die Regierung in Kiew warnt seit Tagen vor der Sprengung des Staudamms.

Weiters plant Moskau laut ISW, mit unerfahrenen Soldaten am rechten Dnipro-Ufer eine Verzögerungsaktion durchzuführen, was allerdings riskant ist. Sollten die ukrainischen Truppen sich entschließen, den Angriff zu forcieren, könnte das eine Flucht auslösen. Ein russischer Militärblogger meinte dazu, dass die Lage für moskautreuen Truppen im Gebiet Cherson „katastrophal“ sei. Es sei „praktisch unmöglich“, Kräfte aus den ersten Verteidigungslinien abzuziehen.

Weitere Angriffe auf Energie-Infrastruktur
Indes setzt Russland nach eigenen Angaben seine Angriffe auf Infrastruktur der Energieversorgung und des Militärs in der Ukraine in den zurückliegenden 24 Stunden fort. Zudem hätten russische Truppen an mehreren Frontabschnitten ukrainische Gegenoffensiven zurückgeschlagen, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

Zerstört wurde demnach ein ukrainisches Treibstofflager in der Zentralukraine. Ein Depot, „das mehr als 100.000 Tonnen Flugzeugbenzin für die ukrainischen Luftstreitkräfte beherbergte, wurde nahe des Ortes Smila in der Region Tscherkassy zerstört“, so das Verteidigungsministerium. Überdies wurden mehrere Munitionslager sowie ein Benzin-Reservoir für ukrainische Militärfahrzeuge beschädigt.

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