Fahrlässig ausgelöst

Prozess zu Erdgas-Explosion: Vier Schuldsprüche

Niederösterreich
18.05.2022 11:19

Der Prozess um die Explosion in der Erdgasstation Baumgarten (Bezirk Gänserndorf) vom Dezember 2017 mit einem Toten und 22 Verletzten hat am Mittwoch am Landesgericht Korneuburg mit Schuldsprüchen für vier Personen geendet. Es setzte bedingte Haftstrafen im Ausmaß von jeweils zehn Monaten. Einem Unternehmen wurde nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eine bedingte Geldbuße von 125.000 Euro auferlegt. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.

Acht der zwölf angeklagten Personen wurden vom Vorwurf der fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst freigesprochen. Ebenfalls keine Schuldsprüche gab es für drei weitere Unternehmen. Im Fall der Verurteilung bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet wurden laut der Richterin die große Anzahl der Verletzten und der entstandene hohe Sachschaden. Mildernd wirkten sich demnach der ordentliche Lebenswandel der Beschuldigten sowie das Wohlverhalten seit der Tat aus. Weiters ins Treffen geführt wurde auch die lange Verfahrensdauer.

Die Explosion in der Erdgasstation hatte sich am 12. Dezember 2017 ereignet. Es entstand ein Schaden von rund 50 Millionen Euro. Der Prozessreigen am Landesgericht Korneuburg, dessen Ende sich nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie verzögerte, startete am 13. Dezember 2021.

Filter unsachgemäß demontiert
Im Zentrum der Causa stand ein Filterseparator. Mitarbeiter einer Rohrtechnik-Firma sollen das Gerät, das Feuchtigkeit aus Gasleitungen filtert, 2016 in einer Anlage in Kärnten abgebaut haben. Dabei ist laut Staatsanwaltschaft ein sicherheitsrelevanter Bauteil - ein Sicherungszentralhebel - unsachgemäß demontiert worden. 2017 wurde der Filterseparator bei der Anlagenerweiterung in der Station der Gas Connect Austria (GCA) installiert.

Als das Gerät am 12. Dezember 2017 mit Erdgas gefüllt wurde, riss der 500 Kilogramm schwere Deckel ab und wurde auf einen gegenüberliegenden Filterseparator geschleudert, dessen Verschluss ebenfalls aufging. Unter hohem Druck trat Gas aus, es kam zu einer Explosion.

Techniker bei Explosion getötet
Als Ursache galt laut Staatsanwalt neben dem fehlenden Sicherungszentralhebel u.a. auch eine nicht plankonform befestigte Zentralschraube und eine unzulässig aufgeschraubte Druckkappe am Schnellverschluss. Das Gerät soll von Mitarbeitern des TÜV (Technischer Überwachungsverein) Austria Services geprüft worden sein, ohne dass ein fehlendes Bauteil aufgefallen wäre. Die GCA hatte einen Teil der Prüfaufgaben an einen Dienstleister ausgelagert. Bei der Explosion wurde der 32-jährige TÜV-Techniker getötet. Generell bemängelte die Staatsanwaltschaft unklar geregelte Zuständigkeiten sowie fehlende Dokumentationen zu den Abläufen.

Bei der Urteilsverkündung war immer wieder vom Vertrauensgrundsatz die Rede gewesen, auf den sich die handelnden Personen berufen hätten. Dieser könne aber beim Zusammenwirken mehrerer Personen „keine Anwendung finden“, wurde seitens der Richterin betont. Nicht rechtskräftig mit bedingten Haftstrafen von zehn Monaten belegt wurden vier Mitarbeiter der Firma Bilfinger Bohr- und Rohrtechnik GmbH. Es handelte sich um einen Projektleiter, einen Werkstättenleiter, einen Chef über die Qualitätssicherung sowie einen Bauleiter, der es in Baumgarten unterlassen habe, den Filterseparator zu prüfen.

Bilfinger Bohr- und Rohrtechnik GmbH ist auch jene Firma, die mit einer bedingten Geldbuße von 25 Tagessätzen zu 5000 Euro belegt wurde. Die drei weiteren Unternehmen - GCA, TÜV sowie ein Ingenieursbüro - wurden freigesprochen. Bei Bilfinger ortete die Richterin Leistungs-, Überwachungs- und Kontrollpflichtverletzungen. Erschwerend gewertet worden sei auch die große Gefährdungsintensität, mildernd sei u.a. die Einführung eines Vier-Augen-Prinzips zur Verhinderung ähnlicher Vorfälle gewesen.

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