GUTEN MORGEN

Klitschkos Angst | In Gottes Ohr

Ein Interview mit dem Bürgermeister von Kiew, der von den Russen belagerten und angegriffenen Hauptstadt der Ukraine - das ist erwartungsgemäß alles andere als ein leichtes Unterfangen. Beim dritten Termin gelingt es „Krone“-Redakteurin Conny Bischofberger Samstag Mittag Vitali Klitschko gemeinsam mit seinem Bruder Wladimir zu erreichen - wegen eines Raketenalarms befinden sich die beiden ehemaligen Box-Champions während des Interviews gerade in einem Kiewer Luftschutzkeller. Bischofberger möchte vom kämpferischen Bürgermeister wissen, ob er denn keine Angst habe. Klitschko holt aus, erklärt, dass die Russen es nicht schaffen werden, Kiew zu erobern. Die Ukrainer hätten aus der Hauptstadt eine Festung gemacht, jedes Gebäude, jede Straße sei eine Festung. Ganz martialisch formuliert er: „Und wir haben so viele patriotische Kämpfer. Jeder Kiewer Bürger, auch Ärzte, Musiker und Künstler, hat die zivile Kleidung abgelegt und trägt jetzt Uniform. Alle haben ein Maschinengewehr in die Hand genommen, alle sind bereit, unsere Stadt, unsere Familien, unsere Kinder zu verteidigen. Wir werden niemals in die Knie gehen.“ Das allerdings, insistiert Bischofberger, beantworte noch nicht ihre Frage nach der Angst. Da holt auch noch sein Bruder Wladimir aus, erklärt, dass keiner der 40 Millionen Ukrainer in Sicherheit sei. „Aber wir tragen das Risiko gemeinsam. Wir haben keine andere Wahl. Sollen wir aufgeben? Wir wollen nicht in einer Diktatur leben, in einem autoritären Staat.“ Um sich dann selbst die Frage zu stellen und auch zu beantworten: „Haben wir Angst? Natürlich haben wir Angst.“ Ja, auch so mutige Männer wie die Klitschko-Brüder haben Angst. Auch das wird sie so wie viele ihrer Landsleute in ihrem heroischen Abwehrkampf beflügeln.  

In Gottes Ohr. 100 Milliarden Euro will allein Deutschland in den kommenden Jahren zusätzlich für das Militär ausgeben, 10 Milliarden Euro sollen es - geht es nach Verteidigungsministerin Tanner - auch in Österreich sein. Die ganze Welt rüstet auf oder will aufrüsten wie noch nie. Die NATO verlegt weitere Kampfverbände nach Osteuropa, die EU schafft eine eigene Truppe. Die Produzenten von Kriegsmaterial, deren oft zwielichtige Händler, Waffenschieber und andere üble Gesellen - sie alle jubeln über die goldensten Zeiten. Zeiten, die andererseits für die allermeisten Menschen so gar nicht glänzen. Da erwachen nicht nur die vom Pazifismus geprägten Nachkriegskinder aus ihren Träumen vom ewigen Frieden. Es leiden immer mehr Menschen immer heftiger an den Nebenerscheinungen dieses Krieges - und da ist gar nicht die Rede vom schlimmen Schicksal der Ukrainer. Sondern von davongaloppierenden (Energie-)Preisen hierzulande, von Kriegs- und Existenzängsten in unserer einstigen „Insel der Seligen“. Billionen für neue Waffen - während sich als Kriegsfolge die Hungerkrise in Nahost und Afrika dramatisch zuspitzen wird: Hört noch jemand auf die Worte des Papstes? Der meint, die neuen Rüstungsausgaben seien „verrückt“. Und er mahnt „eine andere Art, die Welt zu regieren, ohne die Zähne zu zeigen“, ein. Sein Wort - nicht nur - in Gottes Ohr!

Einen schönen Sonntag! 

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