Auch Affäre 2008

US-Ermittler prüfen ältere Sex-Vorwürfe gegen Strauss-Kahn

Ausland
20.05.2011 10:48
Bei den Ermittlungen gegen den zurückgetretenen Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, untersuchen die US-Justizbehörden offenbar auch frühere Vorwürfe wegen sexuellen Fehlverhaltens. Die Ermittler prüfen den Fall der ehemaligen IWF-Mitarbeiterin Piroska Nagy von 2008 sowie Anschuldigungen der französischen Autorin Tristane Banon aus dem Jahr 2002, wie Reuters aus Justizkreisen erfuhr. Die Vorwürfe der sexuellen Belästigung seien für den aktuellen Fall insofern von Bedeutung, als sie Aufschluss über die Persönlichkeit und den Hintergrund von Strauss-Kahn geben, heißt es.

Strauss-Kahn hatte mit der IWF-Mitarbeiterin Nagy vor drei Jahren eine kurze Affäre. Die Volkswirtin warf ihm anschließend vor, seine Position missbraucht zu haben, um sich ihr anzunähern und sie unter Druck zu setzen. Strauss-Kahn wies die Vorwürfe zurück. Nagy verließ den IWF nach Angaben ihres Anwalts aus freien Stücken und erhielt eine Abfertigung. Strauss-Kahn kam mit einer Verwarnung durch das IWF-Führungsgremium davon.

"Es endete sehr wild auf dem Fußboden"
Im Falle Banons soll Strauss-Kahn die damals 22-jährige Autorin während eines Interviews sexuell bedrängt haben. Bisher hatte die Französin von einer Anzeige abgesehen. Am Montag erklärte ihr Anwalt, seine Mandantin erwäge, dies nun nachzuholen. Am Freitag änderte sie aber erneut ihre Meinung und gab an, sie wolle auf keinen Fall von der amerikanischen Justiz instrumentalisiert werden und wolle daher von einer Klage absehen.

Die heute 31-Jährige hatte schon 2007 in einer Fernsehsendung von dem Vorfall berichtet. Damals war der Name des IWF-Chefs durch einen Piepton unkenntlich gemacht worden. Ein Jahr später hatte Banon einer Website jedoch bestätigt, dass es sich um Strauss-Kahn handelte.

Als Gast in einer Fernseh-Talkshow hatte Banon 2007 berichtet, wie sie von einem hochrangigen Politiker im Jahr 2002 unter dem Vorwand, er wolle ihr ein Interview gewähren, in ein fast leeres Appartement gelockt wurde. Der Politiker, den die Journalistin damals als "brünftigen Schimpansen" betitelte, habe während des Gesprächs ihre Hand ergriffen und gesagt, er könne nur sprechen, wenn sie seine Hand halte. Dann sei seine Hand ihren Arm hochgewandert und darüber hinaus gegangen. "Es endete sehr wild - als ich ihm ganz klar 'Nein, Nein!' sagte - und wir schließlich auf dem Fußboden miteinander rangen", schilderte Banon 2007. Sie habe den Politiker getreten, während er versuchte, ihren BH und ihre Jeans zu öffnen. Schließlich sei ihr die Flucht gelungen.

Spanische Liebschaft: "Er liebt Sex, na und?"
Indes bekommt Strauss-Kahn Rückendeckung von der spanischen Schriftstellerin Carmen Llera Moravia, die eine Beziehung zum 62-Jährigen zugegeben hat. "Ich kenne Dominique Strauss-Kahn seit Jahren. Ich war nie sein Opfer, wie jemand geschrieben hat. Er ist kein grausamer oder sadistischer primitiver Mensch, Gewalt ist nicht Teil seiner Kultur. Er liebt Sex, na und? Das ist kein Verbrechen. Manchmal drücken Körper mehr als Worte aus", schrieb Llera Moravia am Freitag in einem Brief an die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".

"Ich weiß nicht, was in der Suite des Sofitel-Hotel geschehen ist. Sehr wahrscheinlich war es einvernehmlicher Sex, ich würde jedenfalls sexuelle Gewalt ausschließen. Ich will nicht, dass Dominique Strauss-Kahn zum Sündenbock eines gewissen amerikanischen, anti-europäischen und antifranzösischen Puritanismus wird. Ich hoffe, dass Strauss-Kahn nicht auch für die ausgebliebene Auslieferung von Roman Polanski an die USA, oder für schmutzige Spiele politischer oder wirtschaftlicher Macht zahlen muss. Ich hoffe nur, dass er bald seine Unschuld beweisen kann und wieder zum freien und lächelnden Menschen wird, den ich vor einigen Tagen gesehen habe", schrieb die 58-jährige Witwe des 1990 verstorbenen italienischen Starschriftstellers Alberto Moravia.

2005 hatte Llera Moravia in Italien ein erotisches Buch mit dem Titel "Gaston" veröffentlicht. Das Werk dreht sich um eine sadistische Liebe zwischen einem Mann, Gaston, und einer Frau, Nina, in der Kritiker Llera Moravia erkennen. Gaston ist der zweite Name von Strauss-Kahn.

IWF veröffentlicht neue Verhaltensregeln für Mitarbeiter
Unterdessen - genau an jenem Tag, an dem der frühere IWF-Chef sein Amt zurücklegte und formell wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung angeklagt wurde – hat der Internationale Währungsfonds neue Verhaltensregeln für seine Mitarbeiter präsentiert. Der Kodex regelt unter anderem intime Beziehungen zwischen IWF-Angestellten und den Umgang mit Fällen sexueller Belästigung. Der IWF teilte mit, dass die neuen Verhaltensregeln bereits am 6. Mai beschlossen wurden und die Affäre mit Nagy der Auslöser gewesen sei. Warum der Kodex dann ausgerechnet an solch einem "denkwürdigen" Tag veröffentlicht wurde, ist unklar.

Da Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen zu einem Interessenskonflikt führen könnten, müssen solche Affären künftig umgehend gemeldet und der Konflikt rasch gelöst werden. Andernfalls drohten Disziplinarstrafen. Im Falle von sexueller Belästigung sei auch eine Kündigung möglich.

Strauss-Kahn gegen Mega-Kaution frei
Strauss-Kahn muss sich in den USA wegen versuchter Vergewaltigung einer Hotelangestellten vor Gericht verantworten. Ein New Yorker Richter entließ den ehemaligen IWF-Chef am Donnerstag gegen eine Kaution von eine Million Dollar und Bankgarantien im Wert von fünf Millionen Dollar vorerst aus der Untersuchungshaft. Darüber hinaus muss der 62-Jährige eine elektronische Fußfessel tragen und wird unter Hausarrest gestellt.

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