Eigener Staat

Hamas-Chef: USA und EU sollen Druck auf Israel machen

Ausland
09.05.2011 10:05
Der Chef des Hamas-Politbüros, Khaled Mashaal, fordert von der Europäischen Union und den USA eine Unterstützung des Versöhnungsprozesses der palästinensischen Organisationen Fatah und Hamas. Das vergangene Woche in Kairo unterzeichnete Versöhnungsabkommen, das von Ägypten vermittelt wurde, sei "eine interne palästinensische Angelegenheit, die niemand verzögern oder mit Bedingungen belegen sollte", so Mashaal.

Vor allem die Position der Europäer und der US-Amerikaner dazu sei noch unklar. "Aber wir hoffen, dass sie den Willen des palästinensischen Volkes und unsere Entscheidung respektieren", so Mashaal gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag in Kairo. Man erwarte ein Verhalten, dass das Versöhnungsvorhaben unterstütze und nicht behindere.

Die Frage einer Anerkennung Israels durch die Hamas könne erst angegangen werden, nachdem ein unabhängiger Staat Palästina im Westjordanland und Gazastreifen errichtet worden sei, sagte Mashaal in dem Interview. "Zunächst erlaubt dem palästinensischen Volk ein freies Leben in seinem Land (...) und einen unabhängigen Staat! (...) Dann fragt das palästinensische Volk, seine Regierung und seine Führer nach ihrer Position zu Israel." Die internationale Staatengemeinschaft müsse Israel drängen, die Palästinenser anzuerkennen - und nicht umgekehrt. "Israel braucht Druck", das Land sei "ein Besatzer, der durch Dialog allein nicht weichen" werde. "Was heute gebraucht wird (...) ist Widerstand jeder Art - bewaffneter und öffentlicher."

Anerkennung nur Ergebnis, nicht Vorbedingung
Die Hamas lehnt es ab, Israel anzuerkennen, solange dessen Regierung weder die Grenzen des eigenen Staates definiert noch den Palästinensern einen eigenen Staat zugesteht. Eine Anerkennung könne nur das Ergebnis, nicht aber Vorbedingung von Verhandlungen sein, so die Haltung der Hamas. Allerdings wird ihre Bereitschaft zu einer Zwei-Staaten-Lösung auf Basis der Grenzziehung vor dem Sechstagekrieg von westlichen Diplomaten als indirekte Anerkennung der Existenz Israels interpretiert.

Die jüngste Ankündigung Frankreichs, einen palästinensischen Staat notfalls auch gegen den Willen Israels anzuerkennen, hatte in Deutschland Kritik hervorgerufen. Die deutsche Regierung macht eine solche Anerkennung von der Zustimmung Israels abhängig. Großbritannien und Spanien haben ihrerseits signalisiert, Palästina anzuerkennen, wenn die israelische Regierung bis September keine Kompromissbereitschaft zeige. In der UNO-Vollversammlung in New York drohen Israels Verbündete im September in die Isolation zu geraten. Mit ihrem Anspruch auf Eigenstaatlichkeit können sich die Palästinenser darauf berufen, dass US-Präsident Barack Obama selbst im vergangenen Jahr die Schaffung eines palästinensischen Staates bis September 2011 angekündigt hatte. 120 Staaten haben die 1988 von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ausgerufene Unabhängigkeit bereits anerkannt.

Stichwort: Hamas
Die Hamas ("Bewegung des Islamischen Widerstandes") war 1987 zu Beginn des ersten palästinensischen Volksaufstands (Intifada) von Scheich Ahmed Yassin in Gaza als Kämpferorganisation gegründet worden, stellte sich später gemäßigt und als politische Partei auf und hat damit die palästinensischen Parlamentswahlen vom Jänner 2006 mit absoluter Mehrheit gewonnen. Im Juni 2007 verdrängte sie die gemäßigte Fatah von Präsident Mahmoud Abbas nach einem blutigen Machtkampf aus dem Gazastreifen.

Der israelische Geheimdienst Mossad hatte 1997 versucht, Mashaal in Jordanien mittels einer Giftspritze zu töten. Die Aktion endete mit einem Fiasko: Zwei mit gefälschten kanadischen Pässen ausgestattete Agenten wurden nach dem Fehlschlag des Vorhabens in Amman von den jordanischen Behörden festgenommen. Israel musste ein Gegengift liefern, Kanada protestierte, und der damalige jordanische König Hussein machte die Freilassung der Mossad-Männer von jener des inhaftierten Hamas-Gründers Scheich Yassin durch Israel abhängig. Yassin wurde 2004 in Gaza von der israelischen Armee "gezielt getötet".

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